Wir begleiten hier die jüngeren Mitglieder der Familie bei ihren leichten Arbeiten. Heute Abend gab uns der gute Vater vom Hause einen ländlichen Ball, wobei er die Geige mit vieler Leichtigkeit spielte. Wir tanzten sämmtlich auf einem kurzen, ebenen Rasen, mit gleicher, herzli- cher Fröhlichkeit. Rümpfe nur das Näschen im- mer ein wenig, liebe Adele, über die Art unsrer Vergnügungen, ich ziehe sie euren glänzenden Hoffbällen weit vor. Welch ein seliges Ge- fühl für mich, nichts als Mensch zu seyn! Jch bin nicht mehr die Gräfinn Montorin, ich bin auf ewig nur Virginia.
Philadelphia.
Jch habe Dir lange nicht geschrieben, meine Adele. Desto öfter denke ich an Dich und spreche von Dir, und unsere Freundschaft leidet nicht darunter, daß Du nicht mehr meines Bu- sens einzige Vertraute bist. Gewiß Du freuest Dich mit Deiner sonst so verlassenen, und jetzt so glücklichen, so überreichen Virginia.
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Wir begleiten hier die juͤngeren Mitglieder der Familie bei ihren leichten Arbeiten. Heute Abend gab uns der gute Vater vom Hauſe einen laͤndlichen Ball, wobei er die Geige mit vieler Leichtigkeit ſpielte. Wir tanzten ſaͤmmtlich auf einem kurzen, ebenen Raſen, mit gleicher, herzli- cher Froͤhlichkeit. Ruͤmpfe nur das Naͤschen im- mer ein wenig, liebe Adele, uͤber die Art unſrer Vergnuͤgungen, ich ziehe ſie euren glaͤnzenden Hoffbaͤllen weit vor. Welch ein ſeliges Ge- fuͤhl fuͤr mich, nichts als Menſch zu ſeyn! Jch bin nicht mehr die Graͤfinn Montorin, ich bin auf ewig nur Virginia.
Philadelphia.
Jch habe Dir lange nicht geſchrieben, meine Adele. Deſto oͤfter denke ich an Dich und ſpreche von Dir, und unſere Freundſchaft leidet nicht darunter, daß Du nicht mehr meines Bu- ſens einzige Vertraute biſt. Gewiß Du freueſt Dich mit Deiner ſonſt ſo verlaſſenen, und jetzt ſo gluͤcklichen, ſo uͤberreichen Virginia.
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Wir begleiten hier die juͤngeren Mitglieder
der Familie bei ihren leichten Arbeiten. Heute
Abend gab uns der gute Vater vom Hauſe einen
laͤndlichen Ball, wobei er die Geige mit vieler
Leichtigkeit ſpielte. Wir tanzten ſaͤmmtlich auf
einem kurzen, ebenen Raſen, mit gleicher, herzli-
cher Froͤhlichkeit. Ruͤmpfe nur das Naͤschen im-
mer ein wenig, liebe Adele, uͤber die Art unſrer
Vergnuͤgungen, ich ziehe ſie euren glaͤnzenden
Hoffbaͤllen weit vor. Welch ein ſeliges Ge-
fuͤhl fuͤr mich, nichts als Menſch zu ſeyn!
Jch bin nicht mehr die Graͤfinn Montorin, ich
bin auf ewig nur Virginia.
Philadelphia.
Jch habe Dir lange nicht geſchrieben, meine
Adele. Deſto oͤfter denke ich an Dich und
ſpreche von Dir, und unſere Freundſchaft leidet
nicht darunter, daß Du nicht mehr meines Bu-
ſens einzige Vertraute biſt. Gewiß Du freueſt
Dich mit Deiner ſonſt ſo verlaſſenen, und jetzt
ſo gluͤcklichen, ſo uͤberreichen Virginia.
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/77>, abgerufen am 29.07.2024.
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