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Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865.

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auch muß die auffallende Stirnbildung dem menschlichen
Gesichte einen ungemein wilden und thierischen, in der That
an das Gesicht der großen Affen erinnernden Ausdruck ge-
geben haben; dessen ungeachtet würde es sich nicht rechtfer-
tigen, in diesem Schädelbau etwa den rohesten Urtypus des
Menschengeschlechts erkennen zu wollen.

7) Beispiele von Schädeln aus alten Gräbern und
von anderen Fundorten, die in der einen oder anderen Be-
ziehung mit dem Neanderthalschädel übereinstimmen, und
namentlich in dem starken Vortreten der Augenbraungegend
sich demselben annähern, lassen sich zahlreich anführen. Die
menschlichen Gebeine und der Schädel aus dem Neanderthal
übertreffen aber alle bisher bekannt gewordenen an jenen
Eigenthümlichkeiten der Bildung, die auf ein rohes und
wildes Volk schließen lassen und dürfen, auf welche Weise
sie auch in ihre Fundgrotte gekommen sein mögen, für das
älteste Denkmal der früheren Bewohner Europa's gehalten
werden, welche die indo-germanische Einwanderung als Au-
tochthonen vorfand.

8) Die Möglichkeit, daß diese Gebeine aus einer Zeit
stammen, in der die zuletzt verschwundenen Thiere des Di-
luviums noch lebten, kann nicht bestritten werden; ein Be-
weis für diese Annahme liegt aber in den Umständen der
Auffindung nicht vor."

Da nach den vorstehenden Angaben des Prof. Schaaff-
hausen
alle Eigenschaften der Knochen für ein hohes Alter
derselben sprechen, auch nach meiner obigen Darlegung die
Umstände ihrer Auffindung das diluviale Alter derselben
keineswegs in Frage stellen, die Einwürfe gegen ein solches
Alter aber, denen wir namentlich im zweiten der vorstehen-
den Sätze begegnen, meines Erachtens durch die nunmehr
constatirte Auffindung fossiler Thierknochen in den Klüften

auch muß die auffallende Stirnbildung dem menſchlichen
Geſichte einen ungemein wilden und thieriſchen, in der That
an das Geſicht der großen Affen erinnernden Ausdruck ge-
geben haben; deſſen ungeachtet würde es ſich nicht rechtfer-
tigen, in dieſem Schädelbau etwa den roheſten Urtypus des
Menſchengeſchlechts erkennen zu wollen.

7) Beiſpiele von Schädeln aus alten Gräbern und
von anderen Fundorten, die in der einen oder anderen Be-
ziehung mit dem Neanderthalſchädel übereinſtimmen, und
namentlich in dem ſtarken Vortreten der Augenbraungegend
ſich demſelben annähern, laſſen ſich zahlreich anführen. Die
menſchlichen Gebeine und der Schädel aus dem Neanderthal
übertreffen aber alle bisher bekannt gewordenen an jenen
Eigenthümlichkeiten der Bildung, die auf ein rohes und
wildes Volk ſchließen laſſen und dürfen, auf welche Weiſe
ſie auch in ihre Fundgrotte gekommen ſein mögen, für das
älteſte Denkmal der früheren Bewohner Europa's gehalten
werden, welche die indo-germaniſche Einwanderung als Au-
tochthonen vorfand.

8) Die Möglichkeit, daß dieſe Gebeine aus einer Zeit
ſtammen, in der die zuletzt verſchwundenen Thiere des Di-
luviums noch lebten, kann nicht beſtritten werden; ein Be-
weis für dieſe Annahme liegt aber in den Umſtänden der
Auffindung nicht vor.“

Da nach den vorſtehenden Angaben des Prof. Schaaff-
hauſen
alle Eigenſchaften der Knochen für ein hohes Alter
derſelben ſprechen, auch nach meiner obigen Darlegung die
Umſtände ihrer Auffindung das diluviale Alter derſelben
keineswegs in Frage ſtellen, die Einwürfe gegen ein ſolches
Alter aber, denen wir namentlich im zweiten der vorſtehen-
den Sätze begegnen, meines Erachtens durch die nunmehr
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[60/0064] auch muß die auffallende Stirnbildung dem menſchlichen Geſichte einen ungemein wilden und thieriſchen, in der That an das Geſicht der großen Affen erinnernden Ausdruck ge- geben haben; deſſen ungeachtet würde es ſich nicht rechtfer- tigen, in dieſem Schädelbau etwa den roheſten Urtypus des Menſchengeſchlechts erkennen zu wollen. 7) Beiſpiele von Schädeln aus alten Gräbern und von anderen Fundorten, die in der einen oder anderen Be- ziehung mit dem Neanderthalſchädel übereinſtimmen, und namentlich in dem ſtarken Vortreten der Augenbraungegend ſich demſelben annähern, laſſen ſich zahlreich anführen. Die menſchlichen Gebeine und der Schädel aus dem Neanderthal übertreffen aber alle bisher bekannt gewordenen an jenen Eigenthümlichkeiten der Bildung, die auf ein rohes und wildes Volk ſchließen laſſen und dürfen, auf welche Weiſe ſie auch in ihre Fundgrotte gekommen ſein mögen, für das älteſte Denkmal der früheren Bewohner Europa's gehalten werden, welche die indo-germaniſche Einwanderung als Au- tochthonen vorfand. 8) Die Möglichkeit, daß dieſe Gebeine aus einer Zeit ſtammen, in der die zuletzt verſchwundenen Thiere des Di- luviums noch lebten, kann nicht beſtritten werden; ein Be- weis für dieſe Annahme liegt aber in den Umſtänden der Auffindung nicht vor.“ Da nach den vorſtehenden Angaben des Prof. Schaaff- hauſen alle Eigenſchaften der Knochen für ein hohes Alter derſelben ſprechen, auch nach meiner obigen Darlegung die Umſtände ihrer Auffindung das diluviale Alter derſelben keineswegs in Frage ſtellen, die Einwürfe gegen ein ſolches Alter aber, denen wir namentlich im zweiten der vorſtehen- den Sätze begegnen, meines Erachtens durch die nunmehr conſtatirte Auffindung foſſiler Thierknochen in den Klüften

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Zitationshilfe: Fuhlrott, Carl: Der fossile Mensch aus dem Neanderthal und sein Verhältniß zum Alter des Menschengeschlechts. Duisburg, 1865, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fuhlrott_neanderthaler_1865/64>, abgerufen am 23.11.2024.