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Gall, Luise von: Eine fromme Lüge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 105–175. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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selbst, sie könne nicht einwilligen, da sie ihrem Manne mit dem Kinde folgen werde.

Nun schrieb der Graf zum drittenmal an sie, und zwar, daß er bereit sei, auch noch ein Krankenhaus der Gemeinde zu schenken, wenn sie noch eine halbjährige Frist zulegen wolle, und zwar ein Krankenhaus mit einer Dotation für sechs Kranke.

Die arme Therese! Wie unglücklich machte sie dieser Brief, dieser dritte und letzte Vorschlag! -- Konnte sie ihn zurückweisen, ohne eine ewige Sünde an den Alten und Kranken des Dorfes zu begehen? Sie klagte Bernhard ihr Leid; aber der war wie immer grausam genug, ihr nicht mit seinem Rathe beistehen zu wollen. Er sagte nur: Mach es, wie du willst -- aber ich gehe im Herbste nach Amerika!

Therese entschied sich nach langem Kampfe. Auch noch dies Opfer entschloß sie sich zu bringen, weil sich die Stimme ihres Gewissens nicht anders beschwichtigen ließ; daß Bernhard ohne sie nach Amerika gehen werde, glaubte sie glücklicherweise nicht!

Als sie Bernhard das Resultat ihrer Ueberlegungen mittheilte, schwieg er. Das war überhaupt das größte Unglück, welches das Scheiden des Kindes aus dem Pachthofe begleitete -- die früher so innige Harmonie zwischen seinen Aeltern war verschwunden, um -- nicht Zank und Streit -- sondern einem kalten Nebeneinanderleben Platz zu machen. Wie schmerzhaft empfand das Therese, deren verwaistes Mutterherz

selbst, sie könne nicht einwilligen, da sie ihrem Manne mit dem Kinde folgen werde.

Nun schrieb der Graf zum drittenmal an sie, und zwar, daß er bereit sei, auch noch ein Krankenhaus der Gemeinde zu schenken, wenn sie noch eine halbjährige Frist zulegen wolle, und zwar ein Krankenhaus mit einer Dotation für sechs Kranke.

Die arme Therese! Wie unglücklich machte sie dieser Brief, dieser dritte und letzte Vorschlag! — Konnte sie ihn zurückweisen, ohne eine ewige Sünde an den Alten und Kranken des Dorfes zu begehen? Sie klagte Bernhard ihr Leid; aber der war wie immer grausam genug, ihr nicht mit seinem Rathe beistehen zu wollen. Er sagte nur: Mach es, wie du willst — aber ich gehe im Herbste nach Amerika!

Therese entschied sich nach langem Kampfe. Auch noch dies Opfer entschloß sie sich zu bringen, weil sich die Stimme ihres Gewissens nicht anders beschwichtigen ließ; daß Bernhard ohne sie nach Amerika gehen werde, glaubte sie glücklicherweise nicht!

Als sie Bernhard das Resultat ihrer Ueberlegungen mittheilte, schwieg er. Das war überhaupt das größte Unglück, welches das Scheiden des Kindes aus dem Pachthofe begleitete — die früher so innige Harmonie zwischen seinen Aeltern war verschwunden, um — nicht Zank und Streit — sondern einem kalten Nebeneinanderleben Platz zu machen. Wie schmerzhaft empfand das Therese, deren verwaistes Mutterherz

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[0057] selbst, sie könne nicht einwilligen, da sie ihrem Manne mit dem Kinde folgen werde. Nun schrieb der Graf zum drittenmal an sie, und zwar, daß er bereit sei, auch noch ein Krankenhaus der Gemeinde zu schenken, wenn sie noch eine halbjährige Frist zulegen wolle, und zwar ein Krankenhaus mit einer Dotation für sechs Kranke. Die arme Therese! Wie unglücklich machte sie dieser Brief, dieser dritte und letzte Vorschlag! — Konnte sie ihn zurückweisen, ohne eine ewige Sünde an den Alten und Kranken des Dorfes zu begehen? Sie klagte Bernhard ihr Leid; aber der war wie immer grausam genug, ihr nicht mit seinem Rathe beistehen zu wollen. Er sagte nur: Mach es, wie du willst — aber ich gehe im Herbste nach Amerika! Therese entschied sich nach langem Kampfe. Auch noch dies Opfer entschloß sie sich zu bringen, weil sich die Stimme ihres Gewissens nicht anders beschwichtigen ließ; daß Bernhard ohne sie nach Amerika gehen werde, glaubte sie glücklicherweise nicht! Als sie Bernhard das Resultat ihrer Ueberlegungen mittheilte, schwieg er. Das war überhaupt das größte Unglück, welches das Scheiden des Kindes aus dem Pachthofe begleitete — die früher so innige Harmonie zwischen seinen Aeltern war verschwunden, um — nicht Zank und Streit — sondern einem kalten Nebeneinanderleben Platz zu machen. Wie schmerzhaft empfand das Therese, deren verwaistes Mutterherz

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:13:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:13:13Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Gall, Luise von: Eine fromme Lüge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 105–175. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_luege_1910/57>, abgerufen am 21.11.2024.