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Gall, Luise von: Eine fromme Lüge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 105–175. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wo sie stille hielt, damit der Graf die Rede des Bürgermeisters vernehmen und beantworten könne.

Als der Wagen an der Kirchthüre hielt, stellte sich Therese auf einen Grabstein, um zu sehen, wer im Wagen sei. Es war gut, daß Niemand sie gewahrte, sonst würde am Ende die arme Frau um ihrer Neugierde willen noch gescholten worden sein, und als von einer Ketzerin würde man es gar noch als eine doppelte Profanation angesehen haben. So aber blickte Niemand nach ihr, und alle Augen waren auf die Wohlthäter der Gemeinde gerichtet, den Grafen und die Gräfin, die allein im Wagen saßen.

Ein Gedanke schoß wie ein Blitz durch den Kopf der unglücklichen Mutter. Ihr Kind war also jetzt allein im Schlosse! Welche Gelegenheit, es endlich einmal wiederzusehen und an ihr Herz zu drücken! Sie hatte ja nicht versprochen, dies zu unterlassen, Niemand wurde dadurch gekränkt, und die Wärterin, die eine gutmüthige Frau war, verschwieg sicher ihr Kommen. Aber schnell mußte es geschehen, denn das Hochamt dauerte nur eine Stunde, und dann trugen natürlich die vier Renner das gräfliche Paar mit Blitzesschnelle wieder nach Hause.

Athemlos flog sie nach dem Pachthofe, um den Knecht zu bitten, ein paar junge, feurige Ackerpferde, die ihr Mann erst kürzlich gekauft, einzuspannen und sie nach dem Schlosse zu fahren.

Als sie nach Hause kam, war Niemand da --

wo sie stille hielt, damit der Graf die Rede des Bürgermeisters vernehmen und beantworten könne.

Als der Wagen an der Kirchthüre hielt, stellte sich Therese auf einen Grabstein, um zu sehen, wer im Wagen sei. Es war gut, daß Niemand sie gewahrte, sonst würde am Ende die arme Frau um ihrer Neugierde willen noch gescholten worden sein, und als von einer Ketzerin würde man es gar noch als eine doppelte Profanation angesehen haben. So aber blickte Niemand nach ihr, und alle Augen waren auf die Wohlthäter der Gemeinde gerichtet, den Grafen und die Gräfin, die allein im Wagen saßen.

Ein Gedanke schoß wie ein Blitz durch den Kopf der unglücklichen Mutter. Ihr Kind war also jetzt allein im Schlosse! Welche Gelegenheit, es endlich einmal wiederzusehen und an ihr Herz zu drücken! Sie hatte ja nicht versprochen, dies zu unterlassen, Niemand wurde dadurch gekränkt, und die Wärterin, die eine gutmüthige Frau war, verschwieg sicher ihr Kommen. Aber schnell mußte es geschehen, denn das Hochamt dauerte nur eine Stunde, und dann trugen natürlich die vier Renner das gräfliche Paar mit Blitzesschnelle wieder nach Hause.

Athemlos flog sie nach dem Pachthofe, um den Knecht zu bitten, ein paar junge, feurige Ackerpferde, die ihr Mann erst kürzlich gekauft, einzuspannen und sie nach dem Schlosse zu fahren.

Als sie nach Hause kam, war Niemand da —

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[0060] wo sie stille hielt, damit der Graf die Rede des Bürgermeisters vernehmen und beantworten könne. Als der Wagen an der Kirchthüre hielt, stellte sich Therese auf einen Grabstein, um zu sehen, wer im Wagen sei. Es war gut, daß Niemand sie gewahrte, sonst würde am Ende die arme Frau um ihrer Neugierde willen noch gescholten worden sein, und als von einer Ketzerin würde man es gar noch als eine doppelte Profanation angesehen haben. So aber blickte Niemand nach ihr, und alle Augen waren auf die Wohlthäter der Gemeinde gerichtet, den Grafen und die Gräfin, die allein im Wagen saßen. Ein Gedanke schoß wie ein Blitz durch den Kopf der unglücklichen Mutter. Ihr Kind war also jetzt allein im Schlosse! Welche Gelegenheit, es endlich einmal wiederzusehen und an ihr Herz zu drücken! Sie hatte ja nicht versprochen, dies zu unterlassen, Niemand wurde dadurch gekränkt, und die Wärterin, die eine gutmüthige Frau war, verschwieg sicher ihr Kommen. Aber schnell mußte es geschehen, denn das Hochamt dauerte nur eine Stunde, und dann trugen natürlich die vier Renner das gräfliche Paar mit Blitzesschnelle wieder nach Hause. Athemlos flog sie nach dem Pachthofe, um den Knecht zu bitten, ein paar junge, feurige Ackerpferde, die ihr Mann erst kürzlich gekauft, einzuspannen und sie nach dem Schlosse zu fahren. Als sie nach Hause kam, war Niemand da —

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:13:13Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:13:13Z)

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Zitationshilfe: Gall, Luise von: Eine fromme Lüge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 105–175. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_luege_1910/60>, abgerufen am 24.11.2024.