Biber schlägt noch ein Gebäude auf; aber der schlaue Fuchs läßt sich seinen Bau lieber vom Dachse aushöh- len, und die Natur hat ihm statt der Minierkunst das große Recht gegeben, sich das Werk seines Taglöh- ners zu zueignen. Unsere, uns näher angereiheten Hausthiere bedarfen dergleichen angebornen Künste nur noch in sehr geringem Maße, und wo die organischen Kräfte beim Menschen zur Vernunftfähigkeit erhöhet wurden, da war auch das Bedürfniß einer sklavischen Führung am meisten eingeschränkt, und das Reich der Willkühr am weitesten ausgedehnt.
§. 29. In Rücksicht der Biegsamkeit des Körpers.
Darinn also erkenne ich vielmehr eine allweise Stuffenfolge, als eine wesentliche Auszeichnung. Selbst in den verschiedenen Menschenstämmen wird diese Stuf- fenfolge fortgeführt, und man sieht überall, wie ein- zig und streng sich die Natur an das Maaß und die Beschaffenheit der Bedürfnisse gebunden habe. Weil der Mensch zum Bewohner aller Himmelsstriche, zum Herrn der Erde bestimmt war, so gab sie ihm, nebst seiner unbeschränkten Ausdauerbarkeit, auch noch eine bewunderungswürdige Biegsamkeit seines Körpers, und eine kaum glaubbare Gewandtheit seines Geistes. Sehr viele mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nuzung glückli- cher Gelegenheiten angestellte Vergleichungen der Ge- hirne aus verschiedenen Thierklassen führten Sömme- ring auf den wichtigen Hauptsaz: daß der Mensch beym größten Gehirn die kleinsten Nerven habe; oder, daß
man
Biber ſchlaͤgt noch ein Gebaͤude auf; aber der ſchlaue Fuchs laͤßt ſich ſeinen Bau lieber vom Dachſe aushoͤh- len, und die Natur hat ihm ſtatt der Minierkunſt das große Recht gegeben, ſich das Werk ſeines Tagloͤh- ners zu zueignen. Unſere, uns naͤher angereiheten Hausthiere bedarfen dergleichen angebornen Kuͤnſte nur noch in ſehr geringem Maße, und wo die organiſchen Kraͤfte beim Menſchen zur Vernunftfaͤhigkeit erhoͤhet wurden, da war auch das Beduͤrfniß einer ſklaviſchen Fuͤhrung am meiſten eingeſchraͤnkt, und das Reich der Willkuͤhr am weiteſten ausgedehnt.
§. 29. In Ruͤckſicht der Biegſamkeit des Koͤrpers.
Darinn alſo erkenne ich vielmehr eine allweiſe Stuffenfolge, als eine weſentliche Auszeichnung. Selbſt in den verſchiedenen Menſchenſtaͤmmen wird dieſe Stuf- fenfolge fortgefuͤhrt, und man ſieht uͤberall, wie ein- zig und ſtreng ſich die Natur an das Maaß und die Beſchaffenheit der Beduͤrfniſſe gebunden habe. Weil der Menſch zum Bewohner aller Himmelsſtriche, zum Herrn der Erde beſtimmt war, ſo gab ſie ihm, nebſt ſeiner unbeſchraͤnkten Ausdauerbarkeit, auch noch eine bewunderungswuͤrdige Biegſamkeit ſeines Koͤrpers, und eine kaum glaubbare Gewandtheit ſeines Geiſtes. Sehr viele mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nuzung gluͤckli- cher Gelegenheiten angeſtellte Vergleichungen der Ge- hirne aus verſchiedenen Thierklaſſen fuͤhrten Sömme- ring auf den wichtigen Hauptſaz: daß der Menſch beym groͤßten Gehirn die kleinſten Nerven habe; oder, daß
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Biber ſchlaͤgt noch ein Gebaͤude auf; aber der ſchlaue
Fuchs laͤßt ſich ſeinen Bau lieber vom Dachſe aushoͤh-
len, und die Natur hat ihm ſtatt der Minierkunſt das
große Recht gegeben, ſich das Werk ſeines Tagloͤh-
ners zu zueignen. Unſere, uns naͤher angereiheten
Hausthiere bedarfen dergleichen angebornen Kuͤnſte nur
noch in ſehr geringem Maße, und wo die organiſchen
Kraͤfte beim Menſchen zur Vernunftfaͤhigkeit erhoͤhet
wurden, da war auch das Beduͤrfniß einer ſklaviſchen
Fuͤhrung am meiſten eingeſchraͤnkt, und das Reich
der Willkuͤhr am weiteſten ausgedehnt.
§. 29.
In Ruͤckſicht der Biegſamkeit des Koͤrpers.
Darinn alſo erkenne ich vielmehr eine allweiſe
Stuffenfolge, als eine weſentliche Auszeichnung. Selbſt
in den verſchiedenen Menſchenſtaͤmmen wird dieſe Stuf-
fenfolge fortgefuͤhrt, und man ſieht uͤberall, wie ein-
zig und ſtreng ſich die Natur an das Maaß und die
Beſchaffenheit der Beduͤrfniſſe gebunden habe. Weil
der Menſch zum Bewohner aller Himmelsſtriche, zum
Herrn der Erde beſtimmt war, ſo gab ſie ihm, nebſt
ſeiner unbeſchraͤnkten Ausdauerbarkeit, auch noch eine
bewunderungswuͤrdige Biegſamkeit ſeines Koͤrpers, und
eine kaum glaubbare Gewandtheit ſeines Geiſtes. Sehr
viele mit Genauigkeit, Sorgfalt und Nuzung gluͤckli-
cher Gelegenheiten angeſtellte Vergleichungen der Ge-
hirne aus verſchiedenen Thierklaſſen fuͤhrten Sömme-
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/122>, abgerufen am 21.11.2024.
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