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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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sekten, Gewürmer, und Mäuse zu Grunde. Der
Untergang ist allen Geschöpfen bestimmt; nur die Zeit
und die Weise desselben ist verschieden. Die Fliege
stirbt im Schlunde der Schwalbe, und die Schwalbe
in den Klauen des Habichts; der weise Mensch zu
Wasser und zu Lande, an verheerenden Krankheiten,
vor Hunger und Durst, unter den Waffen des Feindes,
unter dem Zahne des Tiegers; es stürzen Provinzen mit
ihm ein, und das Feuer aus den Wolken verzehrt ihn.
Das Werden des Einen fodert den Tod des Andern. Al-
les wird vom Wirbel der Zerstörung hinabgezogen, und
an einem andern Orte unter einer andern Gestalt
wieder herausgeworfen. Der Baum, der sich ent-
wickelt, blüht, Früchte trägt, Keime und Sprossen
treibt, ist in den Augen des Schöpfers so wichtig,
als der Mensch, der gebohren wird, wächst, denkt,
sich vermehrt und stirbt. Die Unternehmungen eines
jeden sind umschrieben, und keiner kann sich eine
Kraft anmaßen, die nicht in ihn gelegt ist. Das
Leben der Pflanzen hält gegen unendlich viele Gefah-
ren aus; sie stehen in dem Element ihre Nahrung;
Schutz, Anhalt, Wehr und Waffen geben ihnen die
mancherley Rinden, die Hüllen der Blüthen, die
Stacheln, die erdfesten Wurzeln, die Klammen und
Winden, und die weise Einrichtung, daß jedem Thie-
re nur wenige Gattungen zu seiner Nahrung angewie-
sen sind. -- Ihre Vermehrung ist nicht ihnen allein
überlassen: Die ganze Natur, Winde, Flüsse, Vö-
gel und Menschen säen ihren Samen aus, und beför-
dern ihr Gedeihen.


Die

ſekten, Gewuͤrmer, und Maͤuſe zu Grunde. Der
Untergang iſt allen Geſchoͤpfen beſtimmt; nur die Zeit
und die Weiſe deſſelben iſt verſchieden. Die Fliege
ſtirbt im Schlunde der Schwalbe, und die Schwalbe
in den Klauen des Habichts; der weiſe Menſch zu
Waſſer und zu Lande, an verheerenden Krankheiten,
vor Hunger und Durſt, unter den Waffen des Feindes,
unter dem Zahne des Tiegers; es ſtuͤrzen Provinzen mit
ihm ein, und das Feuer aus den Wolken verzehrt ihn.
Das Werden des Einen fodert den Tod des Andern. Al-
les wird vom Wirbel der Zerſtoͤrung hinabgezogen, und
an einem andern Orte unter einer andern Geſtalt
wieder herausgeworfen. Der Baum, der ſich ent-
wickelt, bluͤht, Fruͤchte traͤgt, Keime und Sproſſen
treibt, iſt in den Augen des Schoͤpfers ſo wichtig,
als der Menſch, der gebohren wird, waͤchſt, denkt,
ſich vermehrt und ſtirbt. Die Unternehmungen eines
jeden ſind umſchrieben, und keiner kann ſich eine
Kraft anmaßen, die nicht in ihn gelegt iſt. Das
Leben der Pflanzen haͤlt gegen unendlich viele Gefah-
ren aus; ſie ſtehen in dem Element ihre Nahrung;
Schutz, Anhalt, Wehr und Waffen geben ihnen die
mancherley Rinden, die Huͤllen der Bluͤthen, die
Stacheln, die erdfeſten Wurzeln, die Klammen und
Winden, und die weiſe Einrichtung, daß jedem Thie-
re nur wenige Gattungen zu ſeiner Nahrung angewie-
ſen ſind. — Ihre Vermehrung iſt nicht ihnen allein
uͤberlaſſen: Die ganze Natur, Winde, Fluͤſſe, Voͤ-
gel und Menſchen ſaͤen ihren Samen aus, und befoͤr-
dern ihr Gedeihen.


Die
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[140/0159] ſekten, Gewuͤrmer, und Maͤuſe zu Grunde. Der Untergang iſt allen Geſchoͤpfen beſtimmt; nur die Zeit und die Weiſe deſſelben iſt verſchieden. Die Fliege ſtirbt im Schlunde der Schwalbe, und die Schwalbe in den Klauen des Habichts; der weiſe Menſch zu Waſſer und zu Lande, an verheerenden Krankheiten, vor Hunger und Durſt, unter den Waffen des Feindes, unter dem Zahne des Tiegers; es ſtuͤrzen Provinzen mit ihm ein, und das Feuer aus den Wolken verzehrt ihn. Das Werden des Einen fodert den Tod des Andern. Al- les wird vom Wirbel der Zerſtoͤrung hinabgezogen, und an einem andern Orte unter einer andern Geſtalt wieder herausgeworfen. Der Baum, der ſich ent- wickelt, bluͤht, Fruͤchte traͤgt, Keime und Sproſſen treibt, iſt in den Augen des Schoͤpfers ſo wichtig, als der Menſch, der gebohren wird, waͤchſt, denkt, ſich vermehrt und ſtirbt. Die Unternehmungen eines jeden ſind umſchrieben, und keiner kann ſich eine Kraft anmaßen, die nicht in ihn gelegt iſt. Das Leben der Pflanzen haͤlt gegen unendlich viele Gefah- ren aus; ſie ſtehen in dem Element ihre Nahrung; Schutz, Anhalt, Wehr und Waffen geben ihnen die mancherley Rinden, die Huͤllen der Bluͤthen, die Stacheln, die erdfeſten Wurzeln, die Klammen und Winden, und die weiſe Einrichtung, daß jedem Thie- re nur wenige Gattungen zu ſeiner Nahrung angewie- ſen ſind. — Ihre Vermehrung iſt nicht ihnen allein uͤberlaſſen: Die ganze Natur, Winde, Fluͤſſe, Voͤ- gel und Menſchen ſaͤen ihren Samen aus, und befoͤr- dern ihr Gedeihen. Die

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/159>, abgerufen am 24.11.2024.