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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Die Pflanzen haben dieses mit allen Thieren ge-
mein, daß ihr allgemeiner Stoff Zellengewebe ist. Die-
ses bildet und ordnet ihre Gefäße. Vastel hat die Entwick-
lung einer thierischen Frucht mit jener einer Pflanzenfrucht
verglichen; ich will diesen Vergleich hier anführen.

Das in jedem Samenkorn befindliche Samen-
pflänzchen besteht aus zwey Theilen, aus der Spitze,
oder dem Schnäbelchen, und dem Keime oder Spröß-
ling. Aus jenem entsteht die Wurzel, aus diesem
der tragbare Theil der Pflanze.

Die Gefäße der Nabelschnur dehnen sich aus
und geben Aeste, um den Mutterkuchen zu bilden: so
wie die holzigen Fasern der Spitze oder des Schnäbel-
chens am Samenpflänzchen, um die Samenlappen zu
bilden. In Apfel- und Birnkern kann man durch
einen Querschnitt einen Gang aus den Samenlappen zu
dem Schnäbelchen deutlich entdecken. Der Mutterku-
chen ist eine Erweiterung oder Fortsetzung der Nabel-
schnur, wie die Samenlappen des Schnäbelchens.
Die Nabelschnur verbindet sich mit dem Mutterku-
chen und der Leibesfrucht; das Schnäbelchen mit den
Lappen und dem Sprößling. Es findet sogar Ana-
logie zwischen der äussern Form der Lappen und je-
ner des Kuchen, und zwischen der Hülse von jenen
und der Mutter statt. Man merke noch, daß das
Schnäbelchen mit der Nabelschnur, und der Punkt
des Lappenursprungs am Sprößlinge mit dem Na-
bel der Leibesfrucht alle Aehnlichkeit habe. Die Lap-
pen ernähren den Sprößling, so wie der Kuchen den
Förtus. Der Kuchen saugt durch kleine Wärzchen ei-
nen milchichten Saft aus der Mutter, verwandelt ihn

Die Pflanzen haben dieſes mit allen Thieren ge-
mein, daß ihr allgemeiner Stoff Zellengewebe iſt. Die-
ſes bildet und ordnet ihre Gefaͤße. Vaſtel hat die Entwick-
lung einer thieriſchen Frucht mit jener einer Pflanzenfrucht
verglichen; ich will dieſen Vergleich hier anfuͤhren.

Das in jedem Samenkorn befindliche Samen-
pflaͤnzchen beſteht aus zwey Theilen, aus der Spitze,
oder dem Schnaͤbelchen, und dem Keime oder Sproͤß-
ling. Aus jenem entſteht die Wurzel, aus dieſem
der tragbare Theil der Pflanze.

Die Gefaͤße der Nabelſchnur dehnen ſich aus
und geben Aeſte, um den Mutterkuchen zu bilden: ſo
wie die holzigen Faſern der Spitze oder des Schnaͤbel-
chens am Samenpflaͤnzchen, um die Samenlappen zu
bilden. In Apfel- und Birnkern kann man durch
einen Querſchnitt einen Gang aus den Samenlappen zu
dem Schnaͤbelchen deutlich entdecken. Der Mutterku-
chen iſt eine Erweiterung oder Fortſetzung der Nabel-
ſchnur, wie die Samenlappen des Schnaͤbelchens.
Die Nabelſchnur verbindet ſich mit dem Mutterku-
chen und der Leibesfrucht; das Schnaͤbelchen mit den
Lappen und dem Sproͤßling. Es findet ſogar Ana-
logie zwiſchen der aͤuſſern Form der Lappen und je-
ner des Kuchen, und zwiſchen der Huͤlſe von jenen
und der Mutter ſtatt. Man merke noch, daß das
Schnaͤbelchen mit der Nabelſchnur, und der Punkt
des Lappenurſprungs am Sproͤßlinge mit dem Na-
bel der Leibesfrucht alle Aehnlichkeit habe. Die Lap-
pen ernaͤhren den Sproͤßling, ſo wie der Kuchen den
Foͤrtus. Der Kuchen ſaugt durch kleine Waͤrzchen ei-
nen milchichten Saft aus der Mutter, verwandelt ihn

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[141/0160] Die Pflanzen haben dieſes mit allen Thieren ge- mein, daß ihr allgemeiner Stoff Zellengewebe iſt. Die- ſes bildet und ordnet ihre Gefaͤße. Vaſtel hat die Entwick- lung einer thieriſchen Frucht mit jener einer Pflanzenfrucht verglichen; ich will dieſen Vergleich hier anfuͤhren. Das in jedem Samenkorn befindliche Samen- pflaͤnzchen beſteht aus zwey Theilen, aus der Spitze, oder dem Schnaͤbelchen, und dem Keime oder Sproͤß- ling. Aus jenem entſteht die Wurzel, aus dieſem der tragbare Theil der Pflanze. Die Gefaͤße der Nabelſchnur dehnen ſich aus und geben Aeſte, um den Mutterkuchen zu bilden: ſo wie die holzigen Faſern der Spitze oder des Schnaͤbel- chens am Samenpflaͤnzchen, um die Samenlappen zu bilden. In Apfel- und Birnkern kann man durch einen Querſchnitt einen Gang aus den Samenlappen zu dem Schnaͤbelchen deutlich entdecken. Der Mutterku- chen iſt eine Erweiterung oder Fortſetzung der Nabel- ſchnur, wie die Samenlappen des Schnaͤbelchens. Die Nabelſchnur verbindet ſich mit dem Mutterku- chen und der Leibesfrucht; das Schnaͤbelchen mit den Lappen und dem Sproͤßling. Es findet ſogar Ana- logie zwiſchen der aͤuſſern Form der Lappen und je- ner des Kuchen, und zwiſchen der Huͤlſe von jenen und der Mutter ſtatt. Man merke noch, daß das Schnaͤbelchen mit der Nabelſchnur, und der Punkt des Lappenurſprungs am Sproͤßlinge mit dem Na- bel der Leibesfrucht alle Aehnlichkeit habe. Die Lap- pen ernaͤhren den Sproͤßling, ſo wie der Kuchen den Foͤrtus. Der Kuchen ſaugt durch kleine Waͤrzchen ei- nen milchichten Saft aus der Mutter, verwandelt ihn

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/160>, abgerufen am 24.11.2024.