Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

in Blut, vertritt die Stelle der Lungen, und im
schwammigen Gewebe der Lappen wird der Pflanzen-
saft zur Nahrung des Sprößlings ausgearbeitet, und
die Lappen sind die Lungen des Sprößlings; es ist
Kreislauf zwischen Kuchen und Frucht; der Pflanzen-
saft lauft von den Lappen zum Sprößling, von diesem
zu jenen; man hat sogar zweyerley Gattungen der
Gefäße im Schnäbelchen, der vegetabilischen Nabel-
schnur angenommen. Der Kuche löset sich endlich
ab, die Frucht tritt aus der Mutter heraus; das
Blut geht nun durch die Lungen, wird dort ausgear-
beitet, der Kuchen wird unnütz; das Kind nimmt
Nahrungsmittel in den Magen, kleine Röhren sau-
gen den flüssigen Theil des Chylus aus dem Darmka-
nal, führen ihn zu Drüsen, ins Blut, ins Herz,
durch die Lungen; auch bey den Pflanzen geht fast al-
les auf die nämliche Art. Die Einsaugröhren der
Wurzel sind die Milchgefäße der Pflanzen, die Blät-
ter ihre Lungen; sie saugen ein, dünsten aus, breiten
und reinigen ihren Saft. Bis hieher Vastel.

Die Fortpflanzung und Vermehrung, ein Ge-
schäft, das auf großen Naturkräften beruht, ist eine
Eigenschaft, worinn die Pflanzen, außer dem von
Vastel angeführten Vergleiche, besonders mit den Pflan-
zenthieren ungemein viele Aehnlichkeit haben. Be-
kannte Arten ihrer Vermehrung sind abgebrochene
Zweige, Blätter, Augen, Wurzelfasern, Loden,
u. s. w. Eben so wachsen abgebrochene Zweige sowohl
von Steinthieren, als Pflanzenthieren, z. B. das
Schorfkorall fort, wenn man sie nur im Element ih-

rer

in Blut, vertritt die Stelle der Lungen, und im
ſchwammigen Gewebe der Lappen wird der Pflanzen-
ſaft zur Nahrung des Sproͤßlings ausgearbeitet, und
die Lappen ſind die Lungen des Sproͤßlings; es iſt
Kreislauf zwiſchen Kuchen und Frucht; der Pflanzen-
ſaft lauft von den Lappen zum Sproͤßling, von dieſem
zu jenen; man hat ſogar zweyerley Gattungen der
Gefaͤße im Schnaͤbelchen, der vegetabiliſchen Nabel-
ſchnur angenommen. Der Kuche loͤſet ſich endlich
ab, die Frucht tritt aus der Mutter heraus; das
Blut geht nun durch die Lungen, wird dort ausgear-
beitet, der Kuchen wird unnuͤtz; das Kind nimmt
Nahrungsmittel in den Magen, kleine Roͤhren ſau-
gen den fluͤſſigen Theil des Chylus aus dem Darmka-
nal, fuͤhren ihn zu Druͤſen, ins Blut, ins Herz,
durch die Lungen; auch bey den Pflanzen geht faſt al-
les auf die naͤmliche Art. Die Einſaugroͤhren der
Wurzel ſind die Milchgefaͤße der Pflanzen, die Blaͤt-
ter ihre Lungen; ſie ſaugen ein, duͤnſten aus, breiten
und reinigen ihren Saft. Bis hieher Vaſtel.

Die Fortpflanzung und Vermehrung, ein Ge-
ſchaͤft, das auf großen Naturkraͤften beruht, iſt eine
Eigenſchaft, worinn die Pflanzen, außer dem von
Vaſtel angefuͤhrten Vergleiche, beſonders mit den Pflan-
zenthieren ungemein viele Aehnlichkeit haben. Be-
kannte Arten ihrer Vermehrung ſind abgebrochene
Zweige, Blaͤtter, Augen, Wurzelfaſern, Loden,
u. ſ. w. Eben ſo wachſen abgebrochene Zweige ſowohl
von Steinthieren, als Pflanzenthieren, z. B. das
Schorfkorall fort, wenn man ſie nur im Element ih-

rer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0161" n="142"/>
in Blut, vertritt die Stelle der Lungen, und im<lb/>
&#x017F;chwammigen Gewebe der Lappen wird der Pflanzen-<lb/>
&#x017F;aft zur Nahrung des Spro&#x0364;ßlings ausgearbeitet, und<lb/>
die Lappen &#x017F;ind die Lungen des Spro&#x0364;ßlings; es i&#x017F;t<lb/>
Kreislauf zwi&#x017F;chen Kuchen und Frucht; der Pflanzen-<lb/>
&#x017F;aft lauft von den Lappen zum Spro&#x0364;ßling, von die&#x017F;em<lb/>
zu jenen; man hat &#x017F;ogar zweyerley Gattungen der<lb/>
Gefa&#x0364;ße im Schna&#x0364;belchen, der vegetabili&#x017F;chen Nabel-<lb/>
&#x017F;chnur angenommen. Der Kuche lo&#x0364;&#x017F;et &#x017F;ich endlich<lb/>
ab, die Frucht tritt aus der Mutter heraus; das<lb/>
Blut geht nun durch die Lungen, wird dort ausgear-<lb/>
beitet, der Kuchen wird unnu&#x0364;tz; das Kind nimmt<lb/>
Nahrungsmittel in den Magen, kleine Ro&#x0364;hren &#x017F;au-<lb/>
gen den flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Theil des Chylus aus dem Darmka-<lb/>
nal, fu&#x0364;hren ihn zu Dru&#x0364;&#x017F;en, ins Blut, ins Herz,<lb/>
durch die Lungen; auch bey den Pflanzen geht fa&#x017F;t al-<lb/>
les auf die na&#x0364;mliche Art. Die Ein&#x017F;augro&#x0364;hren der<lb/>
Wurzel &#x017F;ind die Milchgefa&#x0364;ße der Pflanzen, die Bla&#x0364;t-<lb/>
ter ihre Lungen; &#x017F;ie &#x017F;augen ein, du&#x0364;n&#x017F;ten aus, breiten<lb/>
und reinigen ihren Saft. Bis hieher <hi rendition="#fr">Va&#x017F;tel</hi>.</p><lb/>
            <p>Die Fortpflanzung und Vermehrung, ein Ge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ft, das auf großen Naturkra&#x0364;ften beruht, i&#x017F;t eine<lb/>
Eigen&#x017F;chaft, worinn die Pflanzen, außer dem von<lb/><hi rendition="#fr">Va&#x017F;tel</hi> angefu&#x0364;hrten Vergleiche, be&#x017F;onders mit den Pflan-<lb/>
zenthieren ungemein viele Aehnlichkeit haben. Be-<lb/>
kannte Arten ihrer Vermehrung &#x017F;ind abgebrochene<lb/>
Zweige, Bla&#x0364;tter, Augen, Wurzelfa&#x017F;ern, Loden,<lb/>
u. &#x017F;. w. Eben &#x017F;o wach&#x017F;en abgebrochene Zweige &#x017F;owohl<lb/>
von Steinthieren, als Pflanzenthieren, z. B. das<lb/>
Schorfkorall fort, wenn man &#x017F;ie nur im Element ih-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rer</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0161] in Blut, vertritt die Stelle der Lungen, und im ſchwammigen Gewebe der Lappen wird der Pflanzen- ſaft zur Nahrung des Sproͤßlings ausgearbeitet, und die Lappen ſind die Lungen des Sproͤßlings; es iſt Kreislauf zwiſchen Kuchen und Frucht; der Pflanzen- ſaft lauft von den Lappen zum Sproͤßling, von dieſem zu jenen; man hat ſogar zweyerley Gattungen der Gefaͤße im Schnaͤbelchen, der vegetabiliſchen Nabel- ſchnur angenommen. Der Kuche loͤſet ſich endlich ab, die Frucht tritt aus der Mutter heraus; das Blut geht nun durch die Lungen, wird dort ausgear- beitet, der Kuchen wird unnuͤtz; das Kind nimmt Nahrungsmittel in den Magen, kleine Roͤhren ſau- gen den fluͤſſigen Theil des Chylus aus dem Darmka- nal, fuͤhren ihn zu Druͤſen, ins Blut, ins Herz, durch die Lungen; auch bey den Pflanzen geht faſt al- les auf die naͤmliche Art. Die Einſaugroͤhren der Wurzel ſind die Milchgefaͤße der Pflanzen, die Blaͤt- ter ihre Lungen; ſie ſaugen ein, duͤnſten aus, breiten und reinigen ihren Saft. Bis hieher Vaſtel. Die Fortpflanzung und Vermehrung, ein Ge- ſchaͤft, das auf großen Naturkraͤften beruht, iſt eine Eigenſchaft, worinn die Pflanzen, außer dem von Vaſtel angefuͤhrten Vergleiche, beſonders mit den Pflan- zenthieren ungemein viele Aehnlichkeit haben. Be- kannte Arten ihrer Vermehrung ſind abgebrochene Zweige, Blaͤtter, Augen, Wurzelfaſern, Loden, u. ſ. w. Eben ſo wachſen abgebrochene Zweige ſowohl von Steinthieren, als Pflanzenthieren, z. B. das Schorfkorall fort, wenn man ſie nur im Element ih- rer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/161
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/161>, abgerufen am 21.11.2024.