Winden durchstrichenen Gegenden klein, aber sie wer- den desto fruchtbarer. Dieses ist den Gärtnern wohl bekannt, daher setzen sie die Blumen, an denen sie einen reichlichen Flor erwarten, in sehr kleine Geschir- re; aus dem nämlichen Erfahrungssatz sperren die Vo- gelsteller ihre Lock- und Singvögel in sehr enge Käfige ein. -- Mannigfaltigkeit des Erdstriches und der Luft, die künstliche oder willkührliche Befruchtung verschiedener Arten und Gattungen machen Spielar- ten an Pflanzen, wie an Menschen und Thieren. Gewächse, die in warmen Ländern zur Baumesgrösse wachsen, bleiben in kalten Ländern kleine Krüppel, und umgekehrt. -- In Gegenden, wo durchaus die Na- tur am thätigsten zu seyn scheint, wo es die grösten, muthvollsten Thiere giebt, wie z. B. in Afrika die Elephanten, Zebras, Rhinozeroten, Löwen, Tiger, Krokodille, Flußpferde, da sind auch die höchsten Bäume, die saftreichsten und nüzlichsten Früchte, die würzhaftesten Pflanzschulen. Eben so theilt Asien seinen Reichthum zwischen Thieren und Pflanzen u. s. w. Die kleinsten Nationen sind die Eskimos, Grön- länder, Lappen, Samojeden und Ostiaken; bey ihnen sind wenig Thiere, und nur kleine Pflanzen; das dort- hin gebrachte Rindvieh lebt kaum 5 Jahre; die Bäu- me bleiben Stauden, die Birken, Weiden, und Er- len kriechen nur auf dem kalten Boden fort, und über klafterhohe Stauden sieht man gar nicht. Der Fuchs ist viel kleiner, und der Hund wird stumm und so dumm, daß man kaum einen Bären damit hetzen kann.
Die
Gall I. Band. L
Winden durchſtrichenen Gegenden klein, aber ſie wer- den deſto fruchtbarer. Dieſes iſt den Gaͤrtnern wohl bekannt, daher ſetzen ſie die Blumen, an denen ſie einen reichlichen Flor erwarten, in ſehr kleine Geſchir- re; aus dem naͤmlichen Erfahrungsſatz ſperren die Vo- gelſteller ihre Lock- und Singvoͤgel in ſehr enge Kaͤfige ein. — Mannigfaltigkeit des Erdſtriches und der Luft, die kuͤnſtliche oder willkuͤhrliche Befruchtung verſchiedener Arten und Gattungen machen Spielar- ten an Pflanzen, wie an Menſchen und Thieren. Gewaͤchſe, die in warmen Laͤndern zur Baumesgroͤſſe wachſen, bleiben in kalten Laͤndern kleine Kruͤppel, und umgekehrt. — In Gegenden, wo durchaus die Na- tur am thaͤtigſten zu ſeyn ſcheint, wo es die groͤſten, muthvollſten Thiere giebt, wie z. B. in Afrika die Elephanten, Zebras, Rhinozeroten, Loͤwen, Tiger, Krokodille, Flußpferde, da ſind auch die hoͤchſten Baͤume, die ſaftreichſten und nuͤzlichſten Fruͤchte, die wuͤrzhafteſten Pflanzſchulen. Eben ſo theilt Aſien ſeinen Reichthum zwiſchen Thieren und Pflanzen u. ſ. w. Die kleinſten Nationen ſind die Eskimos, Groͤn- laͤnder, Lappen, Samojeden und Oſtiaken; bey ihnen ſind wenig Thiere, und nur kleine Pflanzen; das dort- hin gebrachte Rindvieh lebt kaum 5 Jahre; die Baͤu- me bleiben Stauden, die Birken, Weiden, und Er- len kriechen nur auf dem kalten Boden fort, und uͤber klafterhohe Stauden ſieht man gar nicht. Der Fuchs iſt viel kleiner, und der Hund wird ſtumm und ſo dumm, daß man kaum einen Baͤren damit hetzen kann.
Die
Gall I. Band. L
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0180"n="161"/>
Winden durchſtrichenen Gegenden klein, aber ſie wer-<lb/>
den deſto fruchtbarer. Dieſes iſt den Gaͤrtnern wohl<lb/>
bekannt, daher ſetzen ſie die Blumen, an denen ſie<lb/>
einen reichlichen Flor erwarten, in ſehr kleine Geſchir-<lb/>
re; aus dem naͤmlichen Erfahrungsſatz ſperren die Vo-<lb/>
gelſteller ihre Lock- und Singvoͤgel in ſehr enge Kaͤfige<lb/>
ein. — Mannigfaltigkeit des Erdſtriches und der<lb/>
Luft, die kuͤnſtliche oder willkuͤhrliche Befruchtung<lb/>
verſchiedener Arten und Gattungen machen Spielar-<lb/>
ten an Pflanzen, wie an Menſchen und Thieren.<lb/>
Gewaͤchſe, die in warmen Laͤndern zur Baumesgroͤſſe<lb/>
wachſen, bleiben in kalten Laͤndern kleine Kruͤppel, und<lb/>
umgekehrt. — In Gegenden, wo durchaus die Na-<lb/>
tur am thaͤtigſten zu ſeyn ſcheint, wo es die groͤſten,<lb/>
muthvollſten Thiere giebt, wie z. B. in Afrika die<lb/>
Elephanten, Zebras, Rhinozeroten, Loͤwen, Tiger,<lb/>
Krokodille, Flußpferde, da ſind auch die hoͤchſten<lb/>
Baͤume, die ſaftreichſten und nuͤzlichſten Fruͤchte,<lb/>
die wuͤrzhafteſten Pflanzſchulen. Eben ſo theilt Aſien<lb/>ſeinen Reichthum zwiſchen Thieren und Pflanzen u. ſ.<lb/>
w. Die kleinſten Nationen ſind die Eskimos, Groͤn-<lb/>
laͤnder, Lappen, Samojeden und Oſtiaken; bey ihnen<lb/>ſind wenig Thiere, und nur kleine Pflanzen; das dort-<lb/>
hin gebrachte Rindvieh lebt kaum 5 Jahre; die Baͤu-<lb/>
me bleiben Stauden, die Birken, Weiden, und Er-<lb/>
len kriechen nur auf dem kalten Boden fort, und uͤber<lb/>
klafterhohe Stauden ſieht man gar nicht. Der Fuchs<lb/>
iſt viel kleiner, und der Hund wird ſtumm und ſo dumm,<lb/>
daß man kaum einen Baͤren damit hetzen kann.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Gall <hirendition="#aq">I.</hi> Band. L</fw><fwplace="bottom"type="catch">Die</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[161/0180]
Winden durchſtrichenen Gegenden klein, aber ſie wer-
den deſto fruchtbarer. Dieſes iſt den Gaͤrtnern wohl
bekannt, daher ſetzen ſie die Blumen, an denen ſie
einen reichlichen Flor erwarten, in ſehr kleine Geſchir-
re; aus dem naͤmlichen Erfahrungsſatz ſperren die Vo-
gelſteller ihre Lock- und Singvoͤgel in ſehr enge Kaͤfige
ein. — Mannigfaltigkeit des Erdſtriches und der
Luft, die kuͤnſtliche oder willkuͤhrliche Befruchtung
verſchiedener Arten und Gattungen machen Spielar-
ten an Pflanzen, wie an Menſchen und Thieren.
Gewaͤchſe, die in warmen Laͤndern zur Baumesgroͤſſe
wachſen, bleiben in kalten Laͤndern kleine Kruͤppel, und
umgekehrt. — In Gegenden, wo durchaus die Na-
tur am thaͤtigſten zu ſeyn ſcheint, wo es die groͤſten,
muthvollſten Thiere giebt, wie z. B. in Afrika die
Elephanten, Zebras, Rhinozeroten, Loͤwen, Tiger,
Krokodille, Flußpferde, da ſind auch die hoͤchſten
Baͤume, die ſaftreichſten und nuͤzlichſten Fruͤchte,
die wuͤrzhafteſten Pflanzſchulen. Eben ſo theilt Aſien
ſeinen Reichthum zwiſchen Thieren und Pflanzen u. ſ.
w. Die kleinſten Nationen ſind die Eskimos, Groͤn-
laͤnder, Lappen, Samojeden und Oſtiaken; bey ihnen
ſind wenig Thiere, und nur kleine Pflanzen; das dort-
hin gebrachte Rindvieh lebt kaum 5 Jahre; die Baͤu-
me bleiben Stauden, die Birken, Weiden, und Er-
len kriechen nur auf dem kalten Boden fort, und uͤber
klafterhohe Stauden ſieht man gar nicht. Der Fuchs
iſt viel kleiner, und der Hund wird ſtumm und ſo dumm,
daß man kaum einen Baͤren damit hetzen kann.
Die
Gall I. Band. L
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/180>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.