Gelenke klein: allein die äußern Glieder sind im Ver- hältniß zu seiner ganzen Größe und Gestalt sehr dick.
Wenn man den Körper eines solchen Kranken nach dem Tode öffnet, so findet man, daß der Ma- gen und die Gedärme klein, mit dicken Häuten ver- sehen und fleischicht sind. Die Leber, die große Ma- gendrüse und die Nieren sind klein und glatt, aber doch dicht und fest; das Netz ist dünn, kurz und schmal; die Muskeln des Unterleibes sind dick, her- vorragend, kurz und nach innen zu so eingebogen, daß der Unterleib dem äusserlichen Ansehen nach ganz glatt, und die Brust groß, vorragend, und rund ist.
Die Lungen sind groß, und wenn sie mit Luft angefüllt werden, sehr elastisch. Von einer eben so beträchtlichen Größe sind auch das Herz und die gros- sen Blutgefäße. Der Hals ist kurz, dick und mus- kullös; die Hirnschale groß, rund, fest, hart, und, die Stellen ausgenommen, wo sich Muskeln in solche hineinsenken, sehr dünne; an diesen Stellen aber ist sie so dick, daß sie Knoten und länglichte Erhaben- heiten bildet. Das Gehirn ist sehr groß, und die Nerven sind dicke; die Zähne sind kurz, weis, glatt und stehen dicht an einander, und das Zahnfleisch ist fest und gesund.
Daher haben hart und rauh erzogene Personen, obgleich ihr Gesicht, Gehör, Geruch und Geschmack ziemlich scharf sind, doch nur ein stumpfes Gefühl, und ihr Nervensystem wird nicht leicht bewegt: denn sie ertragen Schmerz, Kälte, Hunger und schwere
Ar-
Gelenke klein: allein die aͤußern Glieder ſind im Ver- haͤltniß zu ſeiner ganzen Groͤße und Geſtalt ſehr dick.
Wenn man den Koͤrper eines ſolchen Kranken nach dem Tode oͤffnet, ſo findet man, daß der Ma- gen und die Gedaͤrme klein, mit dicken Haͤuten ver- ſehen und fleiſchicht ſind. Die Leber, die große Ma- gendruͤſe und die Nieren ſind klein und glatt, aber doch dicht und feſt; das Netz iſt duͤnn, kurz und ſchmal; die Muskeln des Unterleibes ſind dick, her- vorragend, kurz und nach innen zu ſo eingebogen, daß der Unterleib dem aͤuſſerlichen Anſehen nach ganz glatt, und die Bruſt groß, vorragend, und rund iſt.
Die Lungen ſind groß, und wenn ſie mit Luft angefuͤllt werden, ſehr elaſtiſch. Von einer eben ſo betraͤchtlichen Groͤße ſind auch das Herz und die groſ- ſen Blutgefaͤße. Der Hals iſt kurz, dick und mus- kulloͤs; die Hirnſchale groß, rund, feſt, hart, und, die Stellen ausgenommen, wo ſich Muskeln in ſolche hineinſenken, ſehr duͤnne; an dieſen Stellen aber iſt ſie ſo dick, daß ſie Knoten und laͤnglichte Erhaben- heiten bildet. Das Gehirn iſt ſehr groß, und die Nerven ſind dicke; die Zaͤhne ſind kurz, weis, glatt und ſtehen dicht an einander, und das Zahnfleiſch iſt feſt und geſund.
Daher haben hart und rauh erzogene Perſonen, obgleich ihr Geſicht, Gehoͤr, Geruch und Geſchmack ziemlich ſcharf ſind, doch nur ein ſtumpfes Gefuͤhl, und ihr Nervenſyſtem wird nicht leicht bewegt: denn ſie ertragen Schmerz, Kaͤlte, Hunger und ſchwere
Ar-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0322"n="303"/>
Gelenke klein: allein die aͤußern Glieder ſind im Ver-<lb/>
haͤltniß zu ſeiner ganzen Groͤße und Geſtalt ſehr dick.</p><lb/><p>Wenn man den Koͤrper eines ſolchen Kranken<lb/>
nach dem Tode oͤffnet, ſo findet man, daß der Ma-<lb/>
gen und die Gedaͤrme klein, mit dicken Haͤuten ver-<lb/>ſehen und fleiſchicht ſind. Die Leber, die große Ma-<lb/>
gendruͤſe und die Nieren ſind klein und glatt, aber<lb/>
doch dicht und feſt; das Netz iſt duͤnn, kurz und<lb/>ſchmal; die Muskeln des Unterleibes ſind dick, her-<lb/>
vorragend, kurz und nach innen zu ſo eingebogen,<lb/>
daß der Unterleib dem aͤuſſerlichen Anſehen nach ganz<lb/>
glatt, und die Bruſt groß, vorragend, und rund iſt.</p><lb/><p>Die Lungen ſind groß, und wenn ſie mit Luft<lb/>
angefuͤllt werden, ſehr elaſtiſch. Von einer eben ſo<lb/>
betraͤchtlichen Groͤße ſind auch das Herz und die groſ-<lb/>ſen Blutgefaͤße. Der Hals iſt kurz, dick und mus-<lb/>
kulloͤs; die Hirnſchale groß, rund, feſt, hart, und,<lb/>
die Stellen ausgenommen, wo ſich Muskeln in ſolche<lb/>
hineinſenken, ſehr duͤnne; an dieſen Stellen aber iſt<lb/>ſie ſo dick, daß ſie Knoten und laͤnglichte Erhaben-<lb/>
heiten bildet. Das Gehirn iſt ſehr groß, und die<lb/>
Nerven ſind dicke; die Zaͤhne ſind kurz, weis, glatt<lb/>
und ſtehen dicht an einander, und das Zahnfleiſch iſt<lb/>
feſt und geſund.</p><lb/><p>Daher haben hart und rauh erzogene Perſonen,<lb/>
obgleich ihr Geſicht, Gehoͤr, Geruch und Geſchmack<lb/>
ziemlich ſcharf ſind, doch nur ein ſtumpfes Gefuͤhl,<lb/>
und ihr Nervenſyſtem wird nicht leicht bewegt: denn<lb/>ſie ertragen Schmerz, Kaͤlte, Hunger und ſchwere<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Ar-</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[303/0322]
Gelenke klein: allein die aͤußern Glieder ſind im Ver-
haͤltniß zu ſeiner ganzen Groͤße und Geſtalt ſehr dick.
Wenn man den Koͤrper eines ſolchen Kranken
nach dem Tode oͤffnet, ſo findet man, daß der Ma-
gen und die Gedaͤrme klein, mit dicken Haͤuten ver-
ſehen und fleiſchicht ſind. Die Leber, die große Ma-
gendruͤſe und die Nieren ſind klein und glatt, aber
doch dicht und feſt; das Netz iſt duͤnn, kurz und
ſchmal; die Muskeln des Unterleibes ſind dick, her-
vorragend, kurz und nach innen zu ſo eingebogen,
daß der Unterleib dem aͤuſſerlichen Anſehen nach ganz
glatt, und die Bruſt groß, vorragend, und rund iſt.
Die Lungen ſind groß, und wenn ſie mit Luft
angefuͤllt werden, ſehr elaſtiſch. Von einer eben ſo
betraͤchtlichen Groͤße ſind auch das Herz und die groſ-
ſen Blutgefaͤße. Der Hals iſt kurz, dick und mus-
kulloͤs; die Hirnſchale groß, rund, feſt, hart, und,
die Stellen ausgenommen, wo ſich Muskeln in ſolche
hineinſenken, ſehr duͤnne; an dieſen Stellen aber iſt
ſie ſo dick, daß ſie Knoten und laͤnglichte Erhaben-
heiten bildet. Das Gehirn iſt ſehr groß, und die
Nerven ſind dicke; die Zaͤhne ſind kurz, weis, glatt
und ſtehen dicht an einander, und das Zahnfleiſch iſt
feſt und geſund.
Daher haben hart und rauh erzogene Perſonen,
obgleich ihr Geſicht, Gehoͤr, Geruch und Geſchmack
ziemlich ſcharf ſind, doch nur ein ſtumpfes Gefuͤhl,
und ihr Nervenſyſtem wird nicht leicht bewegt: denn
ſie ertragen Schmerz, Kaͤlte, Hunger und ſchwere
Ar-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/322>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.