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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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die übrigen Geschwister so oft befallen wurden. Die
Wangen waren über und über blauroth, die Lippen
hoch karmesinroth, als wollte das Blut ausspritzen.
Man bemerkte keine andern Zufälle, als leichte Rupfer
um den Mund herum; aber in einer Stunde war die
ganze rechte Seite des Gesichts bis über den Schlaf
mit einer brennenden, schmerzhaften, starken Ge-
schwulst überzogen. Ausschlag kam hier keiner zum
Vorschein. Ich verordnete nichts, als säuerlichte Ge-
tränke mit Manna und wenigem Salpeter. Also hier
allein hatte die Natur Kraft genug, den Krankheits-
stoff ohne gefährlichen Kampf auf einen unschädlichen
Ort abzusetzen. -- Ich behandelte um die nämliche
Zeit mehrere Kinder bis zum 7--12. Jahre in den
nämlichen Umständen, deren Zufälle ich jedesmal mit
Rücksicht auf die Leibesbeschaffenheit genau vorsehen
konnte.

In gut beschaffenen, starken, blutreichen;
jungen Personen muß man in dem ersten Zeitpunkt der
Pocken, Masern, des Friesels u. s. w. blos manch-
mal die übermäßigen Bewegungen einschränken, wenn
die wohlthätige Wirkung der Natur nicht durch eine
offenbare Unreinigkeit in Unordnung gebracht wird.
In schwächlichen, übelsaftigen Personen hingegen
beobachtet man im nämlichen Zeitpunkte Zufälle, die
deutlich von einer kraftlosen, hinfälligen Natur erregt
werden. Es wird zwar auch ein Theil des Blattern-
stoffes, aber ohne die bestimmten Zeiten zu beobach-
ten, nach der Haut versetzet: Und unter welcher Ge-
stalt! Es erscheinen brandige, schwarze, schwarzblaue,

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die uͤbrigen Geſchwiſter ſo oft befallen wurden. Die
Wangen waren uͤber und uͤber blauroth, die Lippen
hoch karmeſinroth, als wollte das Blut ausſpritzen.
Man bemerkte keine andern Zufaͤlle, als leichte Rupfer
um den Mund herum; aber in einer Stunde war die
ganze rechte Seite des Geſichts bis uͤber den Schlaf
mit einer brennenden, ſchmerzhaften, ſtarken Ge-
ſchwulſt uͤberzogen. Ausſchlag kam hier keiner zum
Vorſchein. Ich verordnete nichts, als ſaͤuerlichte Ge-
traͤnke mit Manna und wenigem Salpeter. Alſo hier
allein hatte die Natur Kraft genug, den Krankheits-
ſtoff ohne gefaͤhrlichen Kampf auf einen unſchaͤdlichen
Ort abzuſetzen. — Ich behandelte um die naͤmliche
Zeit mehrere Kinder bis zum 7—12. Jahre in den
naͤmlichen Umſtaͤnden, deren Zufaͤlle ich jedesmal mit
Ruͤckſicht auf die Leibesbeſchaffenheit genau vorſehen
konnte.

In gut beſchaffenen, ſtarken, blutreichen;
jungen Perſonen muß man in dem erſten Zeitpunkt der
Pocken, Maſern, des Frieſels u. ſ. w. blos manch-
mal die uͤbermaͤßigen Bewegungen einſchraͤnken, wenn
die wohlthaͤtige Wirkung der Natur nicht durch eine
offenbare Unreinigkeit in Unordnung gebracht wird.
In ſchwaͤchlichen, uͤbelſaftigen Perſonen hingegen
beobachtet man im naͤmlichen Zeitpunkte Zufaͤlle, die
deutlich von einer kraftloſen, hinfaͤlligen Natur erregt
werden. Es wird zwar auch ein Theil des Blattern-
ſtoffes, aber ohne die beſtimmten Zeiten zu beobach-
ten, nach der Haut verſetzet: Und unter welcher Ge-
ſtalt! Es erſcheinen brandige, ſchwarze, ſchwarzblaue,

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[323/0342] die uͤbrigen Geſchwiſter ſo oft befallen wurden. Die Wangen waren uͤber und uͤber blauroth, die Lippen hoch karmeſinroth, als wollte das Blut ausſpritzen. Man bemerkte keine andern Zufaͤlle, als leichte Rupfer um den Mund herum; aber in einer Stunde war die ganze rechte Seite des Geſichts bis uͤber den Schlaf mit einer brennenden, ſchmerzhaften, ſtarken Ge- ſchwulſt uͤberzogen. Ausſchlag kam hier keiner zum Vorſchein. Ich verordnete nichts, als ſaͤuerlichte Ge- traͤnke mit Manna und wenigem Salpeter. Alſo hier allein hatte die Natur Kraft genug, den Krankheits- ſtoff ohne gefaͤhrlichen Kampf auf einen unſchaͤdlichen Ort abzuſetzen. — Ich behandelte um die naͤmliche Zeit mehrere Kinder bis zum 7—12. Jahre in den naͤmlichen Umſtaͤnden, deren Zufaͤlle ich jedesmal mit Ruͤckſicht auf die Leibesbeſchaffenheit genau vorſehen konnte. In gut beſchaffenen, ſtarken, blutreichen; jungen Perſonen muß man in dem erſten Zeitpunkt der Pocken, Maſern, des Frieſels u. ſ. w. blos manch- mal die uͤbermaͤßigen Bewegungen einſchraͤnken, wenn die wohlthaͤtige Wirkung der Natur nicht durch eine offenbare Unreinigkeit in Unordnung gebracht wird. In ſchwaͤchlichen, uͤbelſaftigen Perſonen hingegen beobachtet man im naͤmlichen Zeitpunkte Zufaͤlle, die deutlich von einer kraftloſen, hinfaͤlligen Natur erregt werden. Es wird zwar auch ein Theil des Blattern- ſtoffes, aber ohne die beſtimmten Zeiten zu beobach- ten, nach der Haut verſetzet: Und unter welcher Ge- ſtalt! Es erſcheinen brandige, ſchwarze, ſchwarzblaue, bley- X 2

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/342>, abgerufen am 22.11.2024.