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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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häufigem Trinken und unzeitigen Leibesübungen ein hi-
tziges Fieber, welches mit den wichtigsten Zufällen
durchwebt war, und den eilften Tag tödlich wurde.*)

§. 38.

Dasjenige bösartige Fieber, welches man das
schleichende Nervenfieber nennet (febris lenta nervosa)
pflegt Leute zu befallen, welche schlappe Fasern, schwa-
che Nerven, dünnes, wässerichtes Blut haben; die ent-
weder durch unmäßige Ausleerungen, Traurigkeit,
Wachen, anhaltendes Studiren, oder durch Mühsee-
ligkeit geschwächt worden sind; oder die sich lange Zeit
mit unreiner, schlechter Kost angefüllt, oder lange in
einer schlechten, feuchtkalten Luft aufgehalten haben;
Hypochondrische und Hysterische; solche, die schon lan-
ge gekränkelt haben. Eben diese Schwäche, welche
zuverläßig dem Nervenfieber seinen eignen schlimmen
Karakter giebt, ist auch die einzige Ursache seines so
oft unglücklichen Ausganges, besonders wenn es im-
Anfange verkennt, und mit Ausleerungen ist behandelt
worden. -- -- Daß es keine eigene Krankheit sey,
sondern in der That blos durch die Leibesbeschaffenheit
und den gegenwärtigen Kräftenmangel des Kranken
also geartet werde -- und folglich keine neue Krank-
heit seyn könne, wie man größtentheils behauptet,
beweisen folgende Umstände:

Nachdem eine naßkalte Witterung lange Zeit
angehalten hat, so werden die Leute von der eben an-

ge-
*) Hipp. 1 Buch 2te K.
Gall I. Band Z

haͤufigem Trinken und unzeitigen Leibesuͤbungen ein hi-
tziges Fieber, welches mit den wichtigſten Zufaͤllen
durchwebt war, und den eilften Tag toͤdlich wurde.*)

§. 38.

Dasjenige boͤsartige Fieber, welches man das
ſchleichende Nervenfieber nennet (febris lenta nervoſa)
pflegt Leute zu befallen, welche ſchlappe Faſern, ſchwa-
che Nerven, duͤnnes, waͤſſerichtes Blut haben; die ent-
weder durch unmaͤßige Ausleerungen, Traurigkeit,
Wachen, anhaltendes Studiren, oder durch Muͤhſee-
ligkeit geſchwaͤcht worden ſind; oder die ſich lange Zeit
mit unreiner, ſchlechter Koſt angefuͤllt, oder lange in
einer ſchlechten, feuchtkalten Luft aufgehalten haben;
Hypochondriſche und Hyſteriſche; ſolche, die ſchon lan-
ge gekraͤnkelt haben. Eben dieſe Schwaͤche, welche
zuverlaͤßig dem Nervenfieber ſeinen eignen ſchlimmen
Karakter giebt, iſt auch die einzige Urſache ſeines ſo
oft ungluͤcklichen Ausganges, beſonders wenn es im-
Anfange verkennt, und mit Ausleerungen iſt behandelt
worden. — — Daß es keine eigene Krankheit ſey,
ſondern in der That blos durch die Leibesbeſchaffenheit
und den gegenwaͤrtigen Kraͤftenmangel des Kranken
alſo geartet werde — und folglich keine neue Krank-
heit ſeyn koͤnne, wie man groͤßtentheils behauptet,
beweiſen folgende Umſtaͤnde:

Nachdem eine naßkalte Witterung lange Zeit
angehalten hat, ſo werden die Leute von der eben an-

ge-
*) Hipp. 1 Buch 2te K.
Gall I. Band Z
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[353/0372] haͤufigem Trinken und unzeitigen Leibesuͤbungen ein hi- tziges Fieber, welches mit den wichtigſten Zufaͤllen durchwebt war, und den eilften Tag toͤdlich wurde. *) §. 38. Dasjenige boͤsartige Fieber, welches man das ſchleichende Nervenfieber nennet (febris lenta nervoſa) pflegt Leute zu befallen, welche ſchlappe Faſern, ſchwa- che Nerven, duͤnnes, waͤſſerichtes Blut haben; die ent- weder durch unmaͤßige Ausleerungen, Traurigkeit, Wachen, anhaltendes Studiren, oder durch Muͤhſee- ligkeit geſchwaͤcht worden ſind; oder die ſich lange Zeit mit unreiner, ſchlechter Koſt angefuͤllt, oder lange in einer ſchlechten, feuchtkalten Luft aufgehalten haben; Hypochondriſche und Hyſteriſche; ſolche, die ſchon lan- ge gekraͤnkelt haben. Eben dieſe Schwaͤche, welche zuverlaͤßig dem Nervenfieber ſeinen eignen ſchlimmen Karakter giebt, iſt auch die einzige Urſache ſeines ſo oft ungluͤcklichen Ausganges, beſonders wenn es im- Anfange verkennt, und mit Ausleerungen iſt behandelt worden. — — Daß es keine eigene Krankheit ſey, ſondern in der That blos durch die Leibesbeſchaffenheit und den gegenwaͤrtigen Kraͤftenmangel des Kranken alſo geartet werde — und folglich keine neue Krank- heit ſeyn koͤnne, wie man groͤßtentheils behauptet, beweiſen folgende Umſtaͤnde: Nachdem eine naßkalte Witterung lange Zeit angehalten hat, ſo werden die Leute von der eben an- ge- *) Hipp. 1 Buch 2te K. Gall I. Band Z

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/372>, abgerufen am 24.11.2024.