§. 289. Daß die Nerven selbst für sich allein, ohne in Muskelfiebern verwebt zu seyn, die Hallerische Reizbarkeit, d. h. sichtbare Zusammenziehlichkeit nicht äußern, das beweißt nicht, daß sie nicht, vermöge des sie durchdringenden Nervengeistes der Grund da- von sind, sondern nur, daß zu dem fühlbaren Zusam- menziehen eine gewisse, den Muskelfiebern eigenthüm- liche Festigkeit der Strucktur erfordert werde.
§. 290. Wenn einige Dinge, welche das Ner- vengefühl beleben, die Zusammenziehlichkeit der Mus- kelfiebern in den thierischen Werkzeugen vermindern, wie z. B. geistige, kaustische Materien: so geschieht dieses, indem sie die zum Zusammenziehen erfoderliche Biegsamkeit der Muskelfiebern durch eine stiptische Kraft aufheben. Daher haben sie diese Wirkung nur da, wo sie die Muskelfieber bloß und unmittel- bar berühren.
§. 291. Wenn einige Dinge, welche das Ner- vengefühl aufheben, die Hallerische Reizbarkeit übrig lassen: so ist diese übriggebliebene Zusammenziehlich- keit ganz so zu erklären, wie in den todten Theilen.
§. 10. Plattners Zusätze zur Stahlischen Hypothese.
Uibrigens schreibt Plattner allen einfachen Sub- stanzen dieser materiellen Welt Kraft und Thätigkeit zu; folglich auch allen einfachen Substanzen des mensch- lichen Körpers §. 292. Der Nervengeist aber besteht aus den aller wirksamsten, selbstthätigen Substanzen der materiellen Welt. §. 137.
Dieser
B 2
§. 289. Daß die Nerven ſelbſt fuͤr ſich allein, ohne in Muskelfiebern verwebt zu ſeyn, die Halleriſche Reizbarkeit, d. h. ſichtbare Zuſammenziehlichkeit nicht aͤußern, das beweißt nicht, daß ſie nicht, vermoͤge des ſie durchdringenden Nervengeiſtes der Grund da- von ſind, ſondern nur, daß zu dem fuͤhlbaren Zuſam- menziehen eine gewiſſe, den Muskelfiebern eigenthuͤm- liche Feſtigkeit der Strucktur erfordert werde.
§. 290. Wenn einige Dinge, welche das Ner- vengefuͤhl beleben, die Zuſammenziehlichkeit der Mus- kelfiebern in den thieriſchen Werkzeugen vermindern, wie z. B. geiſtige, kauſtiſche Materien: ſo geſchieht dieſes, indem ſie die zum Zuſammenziehen erfoderliche Biegſamkeit der Muskelfiebern durch eine ſtiptiſche Kraft aufheben. Daher haben ſie dieſe Wirkung nur da, wo ſie die Muskelfieber bloß und unmittel- bar beruͤhren.
§. 291. Wenn einige Dinge, welche das Ner- vengefuͤhl aufheben, die Halleriſche Reizbarkeit uͤbrig laſſen: ſo iſt dieſe uͤbriggebliebene Zuſammenziehlich- keit ganz ſo zu erklaͤren, wie in den todten Theilen.
§. 10. Plattners Zuſaͤtze zur Stahliſchen Hypotheſe.
Uibrigens ſchreibt Plattner allen einfachen Sub- ſtanzen dieſer materiellen Welt Kraft und Thaͤtigkeit zu; folglich auch allen einfachen Subſtanzen des menſch- lichen Koͤrpers §. 292. Der Nervengeiſt aber beſteht aus den aller wirkſamſten, ſelbſtthaͤtigen Subſtanzen der materiellen Welt. §. 137.
Dieſer
B 2
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§. 289. Daß die Nerven ſelbſt fuͤr ſich allein,
ohne in Muskelfiebern verwebt zu ſeyn, die Halleriſche
Reizbarkeit, d. h. ſichtbare Zuſammenziehlichkeit nicht
aͤußern, das beweißt nicht, daß ſie nicht, vermoͤge
des ſie durchdringenden Nervengeiſtes der Grund da-
von ſind, ſondern nur, daß zu dem fuͤhlbaren Zuſam-
menziehen eine gewiſſe, den Muskelfiebern eigenthuͤm-
liche Feſtigkeit der Strucktur erfordert werde.
§. 290. Wenn einige Dinge, welche das Ner-
vengefuͤhl beleben, die Zuſammenziehlichkeit der Mus-
kelfiebern in den thieriſchen Werkzeugen vermindern,
wie z. B. geiſtige, kauſtiſche Materien: ſo geſchieht
dieſes, indem ſie die zum Zuſammenziehen erfoderliche
Biegſamkeit der Muskelfiebern durch eine ſtiptiſche
Kraft aufheben. Daher haben ſie dieſe Wirkung
nur da, wo ſie die Muskelfieber bloß und unmittel-
bar beruͤhren.
§. 291. Wenn einige Dinge, welche das Ner-
vengefuͤhl aufheben, die Halleriſche Reizbarkeit uͤbrig
laſſen: ſo iſt dieſe uͤbriggebliebene Zuſammenziehlich-
keit ganz ſo zu erklaͤren, wie in den todten Theilen.
§. 10.
Plattners Zuſaͤtze zur Stahliſchen Hypotheſe.
Uibrigens ſchreibt Plattner allen einfachen Sub-
ſtanzen dieſer materiellen Welt Kraft und Thaͤtigkeit
zu; folglich auch allen einfachen Subſtanzen des menſch-
lichen Koͤrpers §. 292. Der Nervengeiſt aber beſteht
aus den aller wirkſamſten, ſelbſtthaͤtigen Subſtanzen
der materiellen Welt. §. 137.
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/38>, abgerufen am 21.11.2024.
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