täuschenden Faulfiebern sehr oft, und zuweilen auch in wahren der Fall sey, kann ich nicht läugnen. Wenn ich aber bedenke, daß zu jeder Entzündung ei- ne zum wenigsten theilweis verstärkte Wirksamkeit er- fordert werde, so kann ich, bey diesen Umständen, und in diesem späten Zeitpunkte, jene Blutanschop- pungen, die man bey dergleichen Verstorbenen in den dünnen Gedärmen, dem Gekröse, den Lungen, der Le- ber, dem Gehirne u. s. w. antrift, mit Bursery und Ludwig unmöglich für wahre Entzündungen halten. Sie sind vielmehr Folgen von der Auflösung der Säf- te, und der Erschlappung der Gefäße. Die Gedär- me bey solchen sind schlapp; das Blut in ihnen ist flüßig, aufgelöset, nicht, oder nur äusserst selten ge- ronnen. Sie entstehen auf der höchsten Stufe der bösartigen Fieber, und kurz vor dem Tode; sie sind von einem kleinen, schwachen Pulse begleitet, und sind nur selten schmerzhaft, obschon mir selbst der heftigste Schmerz allein für die Entzündung nichts beweiset. Blutläßen schaden meistentheils augenscheinlich, was Bursery für eine bekannte Sache angiebt, weil da- durch die Lebenskräfte noch mehr geschwächt, die Auf- lösung befördert, und die Krämpfe vermehrt werden, wie er es öfters gesehen hat, und wie man es alle Tage an Thieren, die an Entleerung sterben, sehen kann. Hat nun manchmal noch eine krampfhafte Schnü- rung Antheil daran, wie Quesnay richtig glaubt, so muß das Uebel nothwendig verschlimmert werden. In diesem Falle ist der Puls hart, gespannt, zusam- mengezogen; er wird aber auf eine Klystir oder eini-
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taͤuſchenden Faulfiebern ſehr oft, und zuweilen auch in wahren der Fall ſey, kann ich nicht laͤugnen. Wenn ich aber bedenke, daß zu jeder Entzuͤndung ei- ne zum wenigſten theilweis verſtaͤrkte Wirkſamkeit er- fordert werde, ſo kann ich, bey dieſen Umſtaͤnden, und in dieſem ſpaͤten Zeitpunkte, jene Blutanſchop- pungen, die man bey dergleichen Verſtorbenen in den duͤnnen Gedaͤrmen, dem Gekroͤſe, den Lungen, der Le- ber, dem Gehirne u. ſ. w. antrift, mit Burſery und Ludwig unmoͤglich fuͤr wahre Entzuͤndungen halten. Sie ſind vielmehr Folgen von der Aufloͤſung der Saͤf- te, und der Erſchlappung der Gefaͤße. Die Gedaͤr- me bey ſolchen ſind ſchlapp; das Blut in ihnen iſt fluͤßig, aufgeloͤſet, nicht, oder nur aͤuſſerſt ſelten ge- ronnen. Sie entſtehen auf der hoͤchſten Stufe der boͤsartigen Fieber, und kurz vor dem Tode; ſie ſind von einem kleinen, ſchwachen Pulſe begleitet, und ſind nur ſelten ſchmerzhaft, obſchon mir ſelbſt der heftigſte Schmerz allein fuͤr die Entzuͤndung nichts beweiſet. Blutlaͤßen ſchaden meiſtentheils augenſcheinlich, was Burſery fuͤr eine bekannte Sache angiebt, weil da- durch die Lebenskraͤfte noch mehr geſchwaͤcht, die Auf- loͤſung befoͤrdert, und die Kraͤmpfe vermehrt werden, wie er es oͤfters geſehen hat, und wie man es alle Tage an Thieren, die an Entleerung ſterben, ſehen kann. Hat nun manchmal noch eine krampfhafte Schnuͤ- rung Antheil daran, wie Queſnay richtig glaubt, ſo muß das Uebel nothwendig verſchlimmert werden. In dieſem Falle iſt der Puls hart, geſpannt, zuſam- mengezogen; er wird aber auf eine Klyſtir oder eini-
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taͤuſchenden Faulfiebern ſehr oft, und zuweilen auch
in wahren der Fall ſey, kann ich nicht laͤugnen.
Wenn ich aber bedenke, daß zu jeder Entzuͤndung ei-
ne zum wenigſten theilweis verſtaͤrkte Wirkſamkeit er-
fordert werde, ſo kann ich, bey dieſen Umſtaͤnden,
und in dieſem ſpaͤten Zeitpunkte, jene Blutanſchop-
pungen, die man bey dergleichen Verſtorbenen in den
duͤnnen Gedaͤrmen, dem Gekroͤſe, den Lungen, der Le-
ber, dem Gehirne u. ſ. w. antrift, mit Burſery und
Ludwig unmoͤglich fuͤr wahre Entzuͤndungen halten.
Sie ſind vielmehr Folgen von der Aufloͤſung der Saͤf-
te, und der Erſchlappung der Gefaͤße. Die Gedaͤr-
me bey ſolchen ſind ſchlapp; das Blut in ihnen iſt
fluͤßig, aufgeloͤſet, nicht, oder nur aͤuſſerſt ſelten ge-
ronnen. Sie entſtehen auf der hoͤchſten Stufe der
boͤsartigen Fieber, und kurz vor dem Tode; ſie ſind
von einem kleinen, ſchwachen Pulſe begleitet, und ſind
nur ſelten ſchmerzhaft, obſchon mir ſelbſt der heftigſte
Schmerz allein fuͤr die Entzuͤndung nichts beweiſet.
Blutlaͤßen ſchaden meiſtentheils augenſcheinlich, was
Burſery fuͤr eine bekannte Sache angiebt, weil da-
durch die Lebenskraͤfte noch mehr geſchwaͤcht, die Auf-
loͤſung befoͤrdert, und die Kraͤmpfe vermehrt werden,
wie er es oͤfters geſehen hat, und wie man es alle
Tage an Thieren, die an Entleerung ſterben, ſehen
kann. Hat nun manchmal noch eine krampfhafte Schnuͤ-
rung Antheil daran, wie Queſnay richtig glaubt,
ſo muß das Uebel nothwendig verſchlimmert werden.
In dieſem Falle iſt der Puls hart, geſpannt, zuſam-
mengezogen; er wird aber auf eine Klyſtir oder eini-
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/381>, abgerufen am 24.11.2024.
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