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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Verwerfung. Waren die Weiber während der Schwan-
gerschaft sehr engbrüstig, so haben sie die Auszehrung
und die Verwerfungen nach der Lunge zu befürchten.
-- Auf welche Theile die verschiedenen Handwerker
wirken, kann man bey Ramazzini und Ackermann
nachsehen.

Endlich haben die verschiedenen Entkräftungen
einzelner Theile oder des ganzen Körpers ihre eignen
Zeichen. So leitet Bagliv das schwarzbraune Er-
brechen aus einer Entkräftung der Eingeweide her,
und sagt, daß es oft den nahen Tod bedeute. Zim-
mermann
hatte eine Dame von 66 Jahren in der
Kur, die, ehe er sie besuchte, zehn Wochen hinter-
einander alle fünften oder sechsten Tag eine unbegreif-
lich häufige, schwarzbraune, und unerträglich stin-
kende Materie, bey einer gänzlichen Verstopfung und
unter entsetzlichen Schmerzen des Unterleibes und des
Magens, sechs, acht und zuletzt zwölf Stunden hin-
tereinander wegbrach. Die Kranke wurde auf seinen
Rath vollkommen gesund, blieb es auch eine geraume
Zeit, und erlangte ihre Munterkeit und ihre Kräfte
wieder. Der Erfolg zeigte, daß allerdings eine gänz-
liche Entkräftung der Eingeweide die nächste Ursache
dieses schrecklichen Uebels gewesen. Nachher war die
Dame aus handgreiflichen Ursachen mit einer hefti-
gen Gliedersucht befallen, und im siebenten Monate
dieser Gliedersucht kam das nämliche Erbrechen wie-
der, und sie starb unter der Aufsicht eines andern
Arztes. -- Ist der ganze Körper geschwächt worden,
wie dieses in solchen Krankheiten zu geschehen pflegt,

wel-

Verwerfung. Waren die Weiber waͤhrend der Schwan-
gerſchaft ſehr engbruͤſtig, ſo haben ſie die Auszehrung
und die Verwerfungen nach der Lunge zu befuͤrchten.
— Auf welche Theile die verſchiedenen Handwerker
wirken, kann man bey Ramazzini und Ackermann
nachſehen.

Endlich haben die verſchiedenen Entkraͤftungen
einzelner Theile oder des ganzen Koͤrpers ihre eignen
Zeichen. So leitet Bagliv das ſchwarzbraune Er-
brechen aus einer Entkraͤftung der Eingeweide her,
und ſagt, daß es oft den nahen Tod bedeute. Zim-
mermann
hatte eine Dame von 66 Jahren in der
Kur, die, ehe er ſie beſuchte, zehn Wochen hinter-
einander alle fuͤnften oder ſechſten Tag eine unbegreif-
lich haͤufige, ſchwarzbraune, und unertraͤglich ſtin-
kende Materie, bey einer gaͤnzlichen Verſtopfung und
unter entſetzlichen Schmerzen des Unterleibes und des
Magens, ſechs, acht und zuletzt zwoͤlf Stunden hin-
tereinander wegbrach. Die Kranke wurde auf ſeinen
Rath vollkommen geſund, blieb es auch eine geraume
Zeit, und erlangte ihre Munterkeit und ihre Kraͤfte
wieder. Der Erfolg zeigte, daß allerdings eine gaͤnz-
liche Entkraͤftung der Eingeweide die naͤchſte Urſache
dieſes ſchrecklichen Uebels geweſen. Nachher war die
Dame aus handgreiflichen Urſachen mit einer hefti-
gen Gliederſucht befallen, und im ſiebenten Monate
dieſer Gliederſucht kam das naͤmliche Erbrechen wie-
der, und ſie ſtarb unter der Aufſicht eines andern
Arztes. — Iſt der ganze Koͤrper geſchwaͤcht worden,
wie dieſes in ſolchen Krankheiten zu geſchehen pflegt,

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[457/0476] Verwerfung. Waren die Weiber waͤhrend der Schwan- gerſchaft ſehr engbruͤſtig, ſo haben ſie die Auszehrung und die Verwerfungen nach der Lunge zu befuͤrchten. — Auf welche Theile die verſchiedenen Handwerker wirken, kann man bey Ramazzini und Ackermann nachſehen. Endlich haben die verſchiedenen Entkraͤftungen einzelner Theile oder des ganzen Koͤrpers ihre eignen Zeichen. So leitet Bagliv das ſchwarzbraune Er- brechen aus einer Entkraͤftung der Eingeweide her, und ſagt, daß es oft den nahen Tod bedeute. Zim- mermann hatte eine Dame von 66 Jahren in der Kur, die, ehe er ſie beſuchte, zehn Wochen hinter- einander alle fuͤnften oder ſechſten Tag eine unbegreif- lich haͤufige, ſchwarzbraune, und unertraͤglich ſtin- kende Materie, bey einer gaͤnzlichen Verſtopfung und unter entſetzlichen Schmerzen des Unterleibes und des Magens, ſechs, acht und zuletzt zwoͤlf Stunden hin- tereinander wegbrach. Die Kranke wurde auf ſeinen Rath vollkommen geſund, blieb es auch eine geraume Zeit, und erlangte ihre Munterkeit und ihre Kraͤfte wieder. Der Erfolg zeigte, daß allerdings eine gaͤnz- liche Entkraͤftung der Eingeweide die naͤchſte Urſache dieſes ſchrecklichen Uebels geweſen. Nachher war die Dame aus handgreiflichen Urſachen mit einer hefti- gen Gliederſucht befallen, und im ſiebenten Monate dieſer Gliederſucht kam das naͤmliche Erbrechen wie- der, und ſie ſtarb unter der Aufſicht eines andern Arztes. — Iſt der ganze Koͤrper geſchwaͤcht worden, wie dieſes in ſolchen Krankheiten zu geſchehen pflegt, wel-

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/476>, abgerufen am 22.11.2024.