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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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verlor bey einer Arbeit seinen Finger, ebenfalls ohne
es gewahr zu werden.

Rohe, arbeitsame, mit starken, festen, zu
schlappen, dicken, spröden, schwammichten Fasern
versehene, ungesunde, sehr wäßerichte, schleimichte,
rotzige, kalte, träge Leute sind überhaupt sowohl ge-
gen sittliche als körperliche Reitze weniger empfindlich.
Je mehr ein Mensch abgehärtet ist, Hitze und Kälte
ertragen kann; je weniger seine Sitten ausgebildet,
sene Seelenfähigkeiten entwickelt; je stumpfer seine in-
neren und äußeren Sinne sind; desto geringer ist zu-
verläßig seine Reitzbarkeit, und desto weniger sind sol-
che Leute sowohl der Hilfsmittel der Natur als der
Kunst fähig. Daher muß man dem Viehe und den
Sinnlosen weit stärkere Gaben darreichen; daher sind
die Männer im Durchschnitte mit weniger Schonung
zu behandeln, als Kinder und Frauen; daher auch
zum Theil ist das weibliche Geschlecht dauerhafter als
das männliche, weil es den Wirkungen der Heilmit-
teln und den Anstrengungen der Natur leichter nach-
giebt.*) -- Ich habe einer schlagflüssigen Frau zwölf
Gran Brechweinstein von oben, und eben so viel von
unten nebst einem scharfen Tobackklystier beygebracht,
bis ein einziges Erbrechen erfolgte. Bey Mutzel
wirkten in einem melancholischen und beynahe unem-
pfindlichen Menschen, wesentliche Oele in starker Ga-
be, Zugpflaster im Nacken, und drey und zwanzig

Gran
*) Man se[h]e die Berechnungen des H. Daignau in der Schil-
der. d. Veränd. d. mensch. Lebens 2ter Thl. S. 269.

verlor bey einer Arbeit ſeinen Finger, ebenfalls ohne
es gewahr zu werden.

Rohe, arbeitſame, mit ſtarken, feſten, zu
ſchlappen, dicken, ſproͤden, ſchwammichten Faſern
verſehene, ungeſunde, ſehr waͤßerichte, ſchleimichte,
rotzige, kalte, traͤge Leute ſind uͤberhaupt ſowohl ge-
gen ſittliche als koͤrperliche Reitze weniger empfindlich.
Je mehr ein Menſch abgehaͤrtet iſt, Hitze und Kaͤlte
ertragen kann; je weniger ſeine Sitten ausgebildet,
ſene Seelenfaͤhigkeiten entwickelt; je ſtumpfer ſeine in-
neren und aͤußeren Sinne ſind; deſto geringer iſt zu-
verlaͤßig ſeine Reitzbarkeit, und deſto weniger ſind ſol-
che Leute ſowohl der Hilfsmittel der Natur als der
Kunſt faͤhig. Daher muß man dem Viehe und den
Sinnloſen weit ſtaͤrkere Gaben darreichen; daher ſind
die Maͤnner im Durchſchnitte mit weniger Schonung
zu behandeln, als Kinder und Frauen; daher auch
zum Theil iſt das weibliche Geſchlecht dauerhafter als
das maͤnnliche, weil es den Wirkungen der Heilmit-
teln und den Anſtrengungen der Natur leichter nach-
giebt.*) — Ich habe einer ſchlagfluͤſſigen Frau zwoͤlf
Gran Brechweinſtein von oben, und eben ſo viel von
unten nebſt einem ſcharfen Tobackklyſtier beygebracht,
bis ein einziges Erbrechen erfolgte. Bey Mutzel
wirkten in einem melancholiſchen und beynahe unem-
pfindlichen Menſchen, weſentliche Oele in ſtarker Ga-
be, Zugpflaſter im Nacken, und drey und zwanzig

Gran
*) Man ſe[h]e die Berechnungen des H. Daignau in der Schil-
der. d. Veraͤnd. d. menſch. Lebens 2ter Thl. S. 269.
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[548/0567] verlor bey einer Arbeit ſeinen Finger, ebenfalls ohne es gewahr zu werden. Rohe, arbeitſame, mit ſtarken, feſten, zu ſchlappen, dicken, ſproͤden, ſchwammichten Faſern verſehene, ungeſunde, ſehr waͤßerichte, ſchleimichte, rotzige, kalte, traͤge Leute ſind uͤberhaupt ſowohl ge- gen ſittliche als koͤrperliche Reitze weniger empfindlich. Je mehr ein Menſch abgehaͤrtet iſt, Hitze und Kaͤlte ertragen kann; je weniger ſeine Sitten ausgebildet, ſene Seelenfaͤhigkeiten entwickelt; je ſtumpfer ſeine in- neren und aͤußeren Sinne ſind; deſto geringer iſt zu- verlaͤßig ſeine Reitzbarkeit, und deſto weniger ſind ſol- che Leute ſowohl der Hilfsmittel der Natur als der Kunſt faͤhig. Daher muß man dem Viehe und den Sinnloſen weit ſtaͤrkere Gaben darreichen; daher ſind die Maͤnner im Durchſchnitte mit weniger Schonung zu behandeln, als Kinder und Frauen; daher auch zum Theil iſt das weibliche Geſchlecht dauerhafter als das maͤnnliche, weil es den Wirkungen der Heilmit- teln und den Anſtrengungen der Natur leichter nach- giebt. *) — Ich habe einer ſchlagfluͤſſigen Frau zwoͤlf Gran Brechweinſtein von oben, und eben ſo viel von unten nebſt einem ſcharfen Tobackklyſtier beygebracht, bis ein einziges Erbrechen erfolgte. Bey Mutzel wirkten in einem melancholiſchen und beynahe unem- pfindlichen Menſchen, weſentliche Oele in ſtarker Ga- be, Zugpflaſter im Nacken, und drey und zwanzig Gran *) Man ſehe die Berechnungen des H. Daignau in der Schil- der. d. Veraͤnd. d. menſch. Lebens 2ter Thl. S. 269.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 548. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/567>, abgerufen am 24.11.2024.