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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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darauf wieder, sie konnte nicht schlafen, sie hatte ei-
nen Reitz und ein Dringen zu Stuhle zu gehen, ohne
daß doch etwas erfolgte; sie nahm zu Trinken zu sich,
wenn man sie ein wenig daran erinnerte. Ihr Urin
war dünn und sparsam. Nach dem Gefühl zu urthei-
len schien ihr Fieber gering, und ihre äußern Glied-
maßen waren kalt. Am neunten Tage redete sie viel
irre, und wiederum beruhigte sie sich, und schwieg
ganz stille. Am vierzehnten Tage war ihr Athem
tief, stark, langsam und bald darauf ganz kurz. Den
siebenzehnten Tag bekam sie einen Reitz zum Durch-
fall. Darauf lief auch selbst das Getränke mit durch,
und nichts stillte diesen Zufall. Sie blieb gegen alles
unempfindlich. Ihre Haut war trocken und gespannt.
Am zwanzigsten Tage sprach sie viel irre, und dann
lag sie wieder ruhig und ohne Stimme hin, und keich-
te dazu. Sie starb den ein und zwanzigsten Tag.
Sie hatte allemal einen tiefen und starken Athem,
sie that gegen alles fühllos, man deckte sie beständig
zu, und sie sprach entweder sehr viel, oder sie schwieg
auch stille. Sie war zu aller Zeit im Kopfe verwirrt,
und dieses die Hirnwuth."*)

Nro 3. Eine sechsundzwanzigjährige lebhafte,
aber empfindsame Frau, wovon im ersten Kapitel S.
193 die Rede war, lebte seit sechs Jahren in einer
höchst unzufriedenen Ehe. Nach langem Kummer
und Zorn, anhaltender Eifersucht, Verachtung und
Rachgierde wurde sie gählings heftig krank. Sie klag-
te über gewaltige Brust- und Bauchschmerzen, weß-

we-
*) Hipp. 3 B. v. d. Landf, 3 Absch. 15. K.

darauf wieder, ſie konnte nicht ſchlafen, ſie hatte ei-
nen Reitz und ein Dringen zu Stuhle zu gehen, ohne
daß doch etwas erfolgte; ſie nahm zu Trinken zu ſich,
wenn man ſie ein wenig daran erinnerte. Ihr Urin
war duͤnn und ſparſam. Nach dem Gefuͤhl zu urthei-
len ſchien ihr Fieber gering, und ihre aͤußern Glied-
maßen waren kalt. Am neunten Tage redete ſie viel
irre, und wiederum beruhigte ſie ſich, und ſchwieg
ganz ſtille. Am vierzehnten Tage war ihr Athem
tief, ſtark, langſam und bald darauf ganz kurz. Den
ſiebenzehnten Tag bekam ſie einen Reitz zum Durch-
fall. Darauf lief auch ſelbſt das Getraͤnke mit durch,
und nichts ſtillte dieſen Zufall. Sie blieb gegen alles
unempfindlich. Ihre Haut war trocken und geſpannt.
Am zwanzigſten Tage ſprach ſie viel irre, und dann
lag ſie wieder ruhig und ohne Stimme hin, und keich-
te dazu. Sie ſtarb den ein und zwanzigſten Tag.
Sie hatte allemal einen tiefen und ſtarken Athem,
ſie that gegen alles fuͤhllos, man deckte ſie beſtaͤndig
zu, und ſie ſprach entweder ſehr viel, oder ſie ſchwieg
auch ſtille. Sie war zu aller Zeit im Kopfe verwirrt,
und dieſes die Hirnwuth.„*)

Nro 3. Eine ſechsundzwanzigjaͤhrige lebhafte,
aber empfindſame Frau, wovon im erſten Kapitel S.
193 die Rede war, lebte ſeit ſechs Jahren in einer
hoͤchſt unzufriedenen Ehe. Nach langem Kummer
und Zorn, anhaltender Eiferſucht, Verachtung und
Rachgierde wurde ſie gaͤhlings heftig krank. Sie klag-
te uͤber gewaltige Bruſt- und Bauchſchmerzen, weß-

we-
*) Hipp. 3 B. v. d. Landf, 3 Abſch. 15. K.
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[578/0597] darauf wieder, ſie konnte nicht ſchlafen, ſie hatte ei- nen Reitz und ein Dringen zu Stuhle zu gehen, ohne daß doch etwas erfolgte; ſie nahm zu Trinken zu ſich, wenn man ſie ein wenig daran erinnerte. Ihr Urin war duͤnn und ſparſam. Nach dem Gefuͤhl zu urthei- len ſchien ihr Fieber gering, und ihre aͤußern Glied- maßen waren kalt. Am neunten Tage redete ſie viel irre, und wiederum beruhigte ſie ſich, und ſchwieg ganz ſtille. Am vierzehnten Tage war ihr Athem tief, ſtark, langſam und bald darauf ganz kurz. Den ſiebenzehnten Tag bekam ſie einen Reitz zum Durch- fall. Darauf lief auch ſelbſt das Getraͤnke mit durch, und nichts ſtillte dieſen Zufall. Sie blieb gegen alles unempfindlich. Ihre Haut war trocken und geſpannt. Am zwanzigſten Tage ſprach ſie viel irre, und dann lag ſie wieder ruhig und ohne Stimme hin, und keich- te dazu. Sie ſtarb den ein und zwanzigſten Tag. Sie hatte allemal einen tiefen und ſtarken Athem, ſie that gegen alles fuͤhllos, man deckte ſie beſtaͤndig zu, und ſie ſprach entweder ſehr viel, oder ſie ſchwieg auch ſtille. Sie war zu aller Zeit im Kopfe verwirrt, und dieſes die Hirnwuth.„ *) Nro 3. Eine ſechsundzwanzigjaͤhrige lebhafte, aber empfindſame Frau, wovon im erſten Kapitel S. 193 die Rede war, lebte ſeit ſechs Jahren in einer hoͤchſt unzufriedenen Ehe. Nach langem Kummer und Zorn, anhaltender Eiferſucht, Verachtung und Rachgierde wurde ſie gaͤhlings heftig krank. Sie klag- te uͤber gewaltige Bruſt- und Bauchſchmerzen, weß- we- *) Hipp. 3 B. v. d. Landf, 3 Abſch. 15. K.

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/597>, abgerufen am 24.11.2024.