Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 124.

Selbst der kalte Tod ist in gewissen Fällen noch
kein unumstößlicher Beweiß, daß das entweder schon
ganz erloschene oder nur noch sehr kleine Leben nicht
wieder erweckt werden könne. Wir haben nur ein
einziges Zeichen des gewissen vollkommenen Todes.
Mangel des Pulsschlages, des Athemholens, der
Empfindung; Kälte und Steifigkeit; freywilliges Ab-
gehen des Harns und des Unraths; das Hippokrati-
sche Gesicht; Nichtfließen des Blutes; erweiterte Au-
gensterne etc. sind oft alle zugegen, ohne daß deßwegen
die Wiederbelebung unmöglich wäre. Ich rede nicht
von dem Scheintode der Erstickten, Erhenkten, Er-
säuften u. s. w. sondern von jenem, der sich unter den
Händen der Aerzte in Krankheiten zutragen kann.
Dieses geschieht am öftesten: Im Schlagfluß mit und
ohne Vollblütigkeit; in Kopfkrankheiten; Nervenzu-
ständen; in der Schlafsucht; Starrsucht; Hypochon-
drie; Hysterie; in der Pest; in der fallenden Sucht;
im Steckfluß; in der krampfichten Engbrüstigkeit;
bey Polipen des Herzens oder der grossen Adern; in
freywilligen und nicht freywilligen Entzückungen; in
starken Ohnmachten; bey grosser Entkräftung; nach
heftigen Ausleerungen aller Art; in der Kindbett;
in Verwundungen; Vergiftungen; von übermäßigem
Fasten; Ueberfüllung des Magens; unmäßigem Liebes-
genuß; anhaltendem Nachdenken; heftigen Schmer-
zen; von Zorn, Kummer, Furcht, Bangigkeit, Angst,

Scham;
§. 124.

Selbſt der kalte Tod iſt in gewiſſen Faͤllen noch
kein unumſtoͤßlicher Beweiß, daß das entweder ſchon
ganz erloſchene oder nur noch ſehr kleine Leben nicht
wieder erweckt werden koͤnne. Wir haben nur ein
einziges Zeichen des gewiſſen vollkommenen Todes.
Mangel des Pulsſchlages, des Athemholens, der
Empfindung; Kaͤlte und Steifigkeit; freywilliges Ab-
gehen des Harns und des Unraths; das Hippokrati-
ſche Geſicht; Nichtfließen des Blutes; erweiterte Au-
genſterne ꝛc. ſind oft alle zugegen, ohne daß deßwegen
die Wiederbelebung unmoͤglich waͤre. Ich rede nicht
von dem Scheintode der Erſtickten, Erhenkten, Er-
ſaͤuften u. ſ. w. ſondern von jenem, der ſich unter den
Haͤnden der Aerzte in Krankheiten zutragen kann.
Dieſes geſchieht am oͤfteſten: Im Schlagfluß mit und
ohne Vollbluͤtigkeit; in Kopfkrankheiten; Nervenzu-
ſtaͤnden; in der Schlafſucht; Starrſucht; Hypochon-
drie; Hyſterie; in der Peſt; in der fallenden Sucht;
im Steckfluß; in der krampfichten Engbruͤſtigkeit;
bey Polipen des Herzens oder der groſſen Adern; in
freywilligen und nicht freywilligen Entzuͤckungen; in
ſtarken Ohnmachten; bey groſſer Entkraͤftung; nach
heftigen Ausleerungen aller Art; in der Kindbett;
in Verwundungen; Vergiftungen; von uͤbermaͤßigem
Faſten; Ueberfuͤllung des Magens; unmaͤßigem Liebes-
genuß; anhaltendem Nachdenken; heftigen Schmer-
zen; von Zorn, Kummer, Furcht, Bangigkeit, Angſt,

Scham;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0733" n="714"/>
            <div n="4">
              <head>§. 124.</head><lb/>
              <p>Selb&#x017F;t der kalte Tod i&#x017F;t in gewi&#x017F;&#x017F;en Fa&#x0364;llen noch<lb/>
kein unum&#x017F;to&#x0364;ßlicher Beweiß, daß das entweder &#x017F;chon<lb/>
ganz erlo&#x017F;chene oder nur noch &#x017F;ehr kleine Leben nicht<lb/>
wieder erweckt werden ko&#x0364;nne. Wir haben nur ein<lb/>
einziges Zeichen des gewi&#x017F;&#x017F;en vollkommenen Todes.<lb/>
Mangel des Puls&#x017F;chlages, des Athemholens, der<lb/>
Empfindung; Ka&#x0364;lte und Steifigkeit; freywilliges Ab-<lb/>
gehen des Harns und des Unraths; das Hippokrati-<lb/>
&#x017F;che Ge&#x017F;icht; Nichtfließen des Blutes; erweiterte Au-<lb/>
gen&#x017F;terne &#xA75B;c. &#x017F;ind oft alle zugegen, ohne daß deßwegen<lb/>
die Wiederbelebung unmo&#x0364;glich wa&#x0364;re. Ich rede nicht<lb/>
von dem Scheintode der Er&#x017F;tickten, Erhenkten, Er-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;uften u. &#x017F;. w. &#x017F;ondern von jenem, der &#x017F;ich unter den<lb/>
Ha&#x0364;nden der Aerzte in Krankheiten zutragen kann.<lb/>
Die&#x017F;es ge&#x017F;chieht am o&#x0364;fte&#x017F;ten: Im Schlagfluß mit und<lb/>
ohne Vollblu&#x0364;tigkeit; in Kopfkrankheiten; Nervenzu-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nden; in der Schlaf&#x017F;ucht; Starr&#x017F;ucht; Hypochon-<lb/>
drie; Hy&#x017F;terie; in der Pe&#x017F;t; in der fallenden Sucht;<lb/>
im Steckfluß; in der krampfichten Engbru&#x0364;&#x017F;tigkeit;<lb/>
bey Polipen des Herzens oder der gro&#x017F;&#x017F;en Adern; in<lb/>
freywilligen und nicht freywilligen Entzu&#x0364;ckungen; in<lb/>
&#x017F;tarken Ohnmachten; bey gro&#x017F;&#x017F;er Entkra&#x0364;ftung; nach<lb/>
heftigen Ausleerungen aller Art; in der Kindbett;<lb/>
in Verwundungen; Vergiftungen; von u&#x0364;berma&#x0364;ßigem<lb/>
Fa&#x017F;ten; Ueberfu&#x0364;llung des Magens; unma&#x0364;ßigem Liebes-<lb/>
genuß; anhaltendem Nachdenken; heftigen Schmer-<lb/>
zen; von Zorn, Kummer, Furcht, Bangigkeit, Ang&#x017F;t,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Scham;</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[714/0733] §. 124. Selbſt der kalte Tod iſt in gewiſſen Faͤllen noch kein unumſtoͤßlicher Beweiß, daß das entweder ſchon ganz erloſchene oder nur noch ſehr kleine Leben nicht wieder erweckt werden koͤnne. Wir haben nur ein einziges Zeichen des gewiſſen vollkommenen Todes. Mangel des Pulsſchlages, des Athemholens, der Empfindung; Kaͤlte und Steifigkeit; freywilliges Ab- gehen des Harns und des Unraths; das Hippokrati- ſche Geſicht; Nichtfließen des Blutes; erweiterte Au- genſterne ꝛc. ſind oft alle zugegen, ohne daß deßwegen die Wiederbelebung unmoͤglich waͤre. Ich rede nicht von dem Scheintode der Erſtickten, Erhenkten, Er- ſaͤuften u. ſ. w. ſondern von jenem, der ſich unter den Haͤnden der Aerzte in Krankheiten zutragen kann. Dieſes geſchieht am oͤfteſten: Im Schlagfluß mit und ohne Vollbluͤtigkeit; in Kopfkrankheiten; Nervenzu- ſtaͤnden; in der Schlafſucht; Starrſucht; Hypochon- drie; Hyſterie; in der Peſt; in der fallenden Sucht; im Steckfluß; in der krampfichten Engbruͤſtigkeit; bey Polipen des Herzens oder der groſſen Adern; in freywilligen und nicht freywilligen Entzuͤckungen; in ſtarken Ohnmachten; bey groſſer Entkraͤftung; nach heftigen Ausleerungen aller Art; in der Kindbett; in Verwundungen; Vergiftungen; von uͤbermaͤßigem Faſten; Ueberfuͤllung des Magens; unmaͤßigem Liebes- genuß; anhaltendem Nachdenken; heftigen Schmer- zen; von Zorn, Kummer, Furcht, Bangigkeit, Angſt, Scham;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/733
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/733>, abgerufen am 21.11.2024.