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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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§ 99. Antimonverbindungen.

Bei der eigenartigen Stellung, welche das Antimon einnimmt, kann von
Antimonsalzen in dem gleichen Sinne, wie von Thonerde- oder Eisensalzen,
nicht wohl die Rede sein. Eine ebenso eigenartige Stellung nehmen die
Antimonverbindungen in der Färberei ein, indem sie nicht eigentlich als
Beizen aufgefaßt werden können, sondern nur als sogenannte "Fixiermittel
für Beizen". In der Hauptsache dreht es sich bei den Antimonverbindungen
darum, die Gerbsäure in unlöslicher Form auf den vegetabilischen Fasern zu
befestigen. Soweit die Erfahrungen bis jetzt reichen, scheinen sich alle lös-
lichen Antimonverbindungen als Fixiermittel zu eignen, dagegen ist neuerdings
ein großer Streit darüber entbrannt, welches von diesen Päparaten das
vorzüglichste oder geeignetste sei. Es kommen dabei die folgenden Präparate
in Betracht.

1. Antimonoxyd, Sb2 O3. Das Antimonoxyd*) wird durch Zer-
setzen von Antimonchlorür mit kohlensaurem Natron erhalten als krystallini-
sches weißes Pulver, welches, frisch gefällt und mit Wasser gewaschen, in
Wasser verteilt und in dieser Form direkt verwendet wird. Das Antimon-
oxydhydrat ist in Wasser fast ganz unlöslich; seine Wirkung auf die Faser
kann daher nur eine beschränkte sein. Dies ist auch der Grund, warum
man mit gefälltem Antimonoxyd nur ungenügende Resultate erhält, so ver-
nunftgemäß es an sich auch erscheint, Antimonoxyd auf der Faser zu fixie-
ren. Behufs besserer Wirkung ist der Vorschlag gemacht worden, das Antimon-
oxyd in Form einer alkalischen Antimonoxydglycerin-Lösung in Anwendung
zu bringen, jedoch scheint diese ganz beachtenswerte Methode auch nicht die
gehofften Resultate gegeben zu haben. -- Zur Anwendung in der Praxis
empfiehlt Kertesz folgendes Verfahren: Zum Beizen tannierter Stränge
oder loser Baumwolle gebe man in das zurechtgestellte Wasser 4 bis 5 Pro-
zent käufliches Antimonchlorid, füge 3 bis 4 Prozent vorher in Wasser ge-
löste kalcinierte Soda zu, rühre gut um und behandele darin die tannierte
Ware gerade wie im Brechweinsteinbade.

2. Antimonchlorür, Sb Cl3, ist eine stark ätzende, weiße, krystallini-
sche butterartige Masse, welche an der Luft zu einer trüben Flüssigkeit zer-
fließt, mit viel Wasser vermischt sich aber unter Abscheidung eines unlös-
lichen weißen Niederschlages (Antimonoxydchlorid) zersetzt. Es ist daher bei
seiner Auflösung für Beizzwecke mit großer Vorsicht zu verfahren, und zwar
kann man die Zersetzung verhindern durch Hinzufügen von Salzsäure oder
noch besser Weinsäure. Es kommt auch im Handel als konzentrierte Lösung
von 34° Be. vor. Das Antimonchlorür ist nur beschränkt anwendbar, da
es gewissen Farben durch seinen Salzsäuregehalt schadet.

3. Weinsaures Antimonoxydkali, Brechweinstein,
K (Sb O) C4 H4 O6 + 1/2 H2 O. Der Brechweinstein ist bis vor kurzem dasjenige
Antimonpräparat gewesen, welches fast durchgehends zum Befestigen der Gerb-
säure gedient hat. Es ist dies die von Brookes & Comp. aufgefundene,
allgemein als Tannin-Brechweinsteinverfahren bezeichnete Methode. -- Der

*) Hummel-Knecht und in "Oesterreichs Wollen- und Leinen-Industrie",
auch Stein bezeichnen dasselbe als eine Art Oxydhydrat. Das Antimonoxyd ent-
hält jedoch, trotzdem es krystallinisch ist, kein Wasser.
§ 99. Antimonverbindungen.

Bei der eigenartigen Stellung, welche das Antimon einnimmt, kann von
Antimonſalzen in dem gleichen Sinne, wie von Thonerde- oder Eiſenſalzen,
nicht wohl die Rede ſein. Eine ebenſo eigenartige Stellung nehmen die
Antimonverbindungen in der Färberei ein, indem ſie nicht eigentlich als
Beizen aufgefaßt werden können, ſondern nur als ſogenannte „Fixiermittel
für Beizen“. In der Hauptſache dreht es ſich bei den Antimonverbindungen
darum, die Gerbſäure in unlöslicher Form auf den vegetabiliſchen Faſern zu
befeſtigen. Soweit die Erfahrungen bis jetzt reichen, ſcheinen ſich alle lös-
lichen Antimonverbindungen als Fixiermittel zu eignen, dagegen iſt neuerdings
ein großer Streit darüber entbrannt, welches von dieſen Päparaten das
vorzüglichſte oder geeignetſte ſei. Es kommen dabei die folgenden Präparate
in Betracht.

1. Antimonoxyd, Sb2 O3. Das Antimonoxyd*) wird durch Zer-
ſetzen von Antimonchlorür mit kohlenſaurem Natron erhalten als kryſtallini-
ſches weißes Pulver, welches, friſch gefällt und mit Waſſer gewaſchen, in
Waſſer verteilt und in dieſer Form direkt verwendet wird. Das Antimon-
oxydhydrat iſt in Waſſer faſt ganz unlöslich; ſeine Wirkung auf die Faſer
kann daher nur eine beſchränkte ſein. Dies iſt auch der Grund, warum
man mit gefälltem Antimonoxyd nur ungenügende Reſultate erhält, ſo ver-
nunftgemäß es an ſich auch erſcheint, Antimonoxyd auf der Faſer zu fixie-
ren. Behufs beſſerer Wirkung iſt der Vorſchlag gemacht worden, das Antimon-
oxyd in Form einer alkaliſchen Antimonoxydglycerin-Löſung in Anwendung
zu bringen, jedoch ſcheint dieſe ganz beachtenswerte Methode auch nicht die
gehofften Reſultate gegeben zu haben. — Zur Anwendung in der Praxis
empfiehlt Kertész folgendes Verfahren: Zum Beizen tannierter Stränge
oder loſer Baumwolle gebe man in das zurechtgeſtellte Waſſer 4 bis 5 Pro-
zent käufliches Antimonchlorid, füge 3 bis 4 Prozent vorher in Waſſer ge-
löſte kalcinierte Soda zu, rühre gut um und behandele darin die tannierte
Ware gerade wie im Brechweinſteinbade.

2. Antimonchlorür, Sb Cl3, iſt eine ſtark ätzende, weiße, kryſtallini-
ſche butterartige Maſſe, welche an der Luft zu einer trüben Flüſſigkeit zer-
fließt, mit viel Waſſer vermiſcht ſich aber unter Abſcheidung eines unlös-
lichen weißen Niederſchlages (Antimonoxydchlorid) zerſetzt. Es iſt daher bei
ſeiner Auflöſung für Beizzwecke mit großer Vorſicht zu verfahren, und zwar
kann man die Zerſetzung verhindern durch Hinzufügen von Salzſäure oder
noch beſſer Weinſäure. Es kommt auch im Handel als konzentrierte Löſung
von 34° Bé. vor. Das Antimonchlorür iſt nur beſchränkt anwendbar, da
es gewiſſen Farben durch ſeinen Salzſäuregehalt ſchadet.

3. Weinſaures Antimonoxydkali, Brechweinſtein,
K (Sb O) C4 H4 O6 + ½ H2 O. Der Brechweinſtein iſt bis vor kurzem dasjenige
Antimonpräparat geweſen, welches faſt durchgehends zum Befeſtigen der Gerb-
ſäure gedient hat. Es iſt dies die von Brookes & Comp. aufgefundene,
allgemein als Tannin-Brechweinſteinverfahren bezeichnete Methode. — Der

*) Hummel-Knecht und in „Oeſterreichs Wollen- und Leinen-Induſtrie“,
auch Stein bezeichnen dasſelbe als eine Art Oxydhydrat. Das Antimonoxyd ent-
hält jedoch, trotzdem es kryſtalliniſch iſt, kein Waſſer.
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[283/0309] § 99. Antimonverbindungen. Bei der eigenartigen Stellung, welche das Antimon einnimmt, kann von Antimonſalzen in dem gleichen Sinne, wie von Thonerde- oder Eiſenſalzen, nicht wohl die Rede ſein. Eine ebenſo eigenartige Stellung nehmen die Antimonverbindungen in der Färberei ein, indem ſie nicht eigentlich als Beizen aufgefaßt werden können, ſondern nur als ſogenannte „Fixiermittel für Beizen“. In der Hauptſache dreht es ſich bei den Antimonverbindungen darum, die Gerbſäure in unlöslicher Form auf den vegetabiliſchen Faſern zu befeſtigen. Soweit die Erfahrungen bis jetzt reichen, ſcheinen ſich alle lös- lichen Antimonverbindungen als Fixiermittel zu eignen, dagegen iſt neuerdings ein großer Streit darüber entbrannt, welches von dieſen Päparaten das vorzüglichſte oder geeignetſte ſei. Es kommen dabei die folgenden Präparate in Betracht. 1. Antimonoxyd, Sb2 O3. Das Antimonoxyd *) wird durch Zer- ſetzen von Antimonchlorür mit kohlenſaurem Natron erhalten als kryſtallini- ſches weißes Pulver, welches, friſch gefällt und mit Waſſer gewaſchen, in Waſſer verteilt und in dieſer Form direkt verwendet wird. Das Antimon- oxydhydrat iſt in Waſſer faſt ganz unlöslich; ſeine Wirkung auf die Faſer kann daher nur eine beſchränkte ſein. Dies iſt auch der Grund, warum man mit gefälltem Antimonoxyd nur ungenügende Reſultate erhält, ſo ver- nunftgemäß es an ſich auch erſcheint, Antimonoxyd auf der Faſer zu fixie- ren. Behufs beſſerer Wirkung iſt der Vorſchlag gemacht worden, das Antimon- oxyd in Form einer alkaliſchen Antimonoxydglycerin-Löſung in Anwendung zu bringen, jedoch ſcheint dieſe ganz beachtenswerte Methode auch nicht die gehofften Reſultate gegeben zu haben. — Zur Anwendung in der Praxis empfiehlt Kertész folgendes Verfahren: Zum Beizen tannierter Stränge oder loſer Baumwolle gebe man in das zurechtgeſtellte Waſſer 4 bis 5 Pro- zent käufliches Antimonchlorid, füge 3 bis 4 Prozent vorher in Waſſer ge- löſte kalcinierte Soda zu, rühre gut um und behandele darin die tannierte Ware gerade wie im Brechweinſteinbade. 2. Antimonchlorür, Sb Cl3, iſt eine ſtark ätzende, weiße, kryſtallini- ſche butterartige Maſſe, welche an der Luft zu einer trüben Flüſſigkeit zer- fließt, mit viel Waſſer vermiſcht ſich aber unter Abſcheidung eines unlös- lichen weißen Niederſchlages (Antimonoxydchlorid) zerſetzt. Es iſt daher bei ſeiner Auflöſung für Beizzwecke mit großer Vorſicht zu verfahren, und zwar kann man die Zerſetzung verhindern durch Hinzufügen von Salzſäure oder noch beſſer Weinſäure. Es kommt auch im Handel als konzentrierte Löſung von 34° Bé. vor. Das Antimonchlorür iſt nur beſchränkt anwendbar, da es gewiſſen Farben durch ſeinen Salzſäuregehalt ſchadet. 3. Weinſaures Antimonoxydkali, Brechweinſtein, K (Sb O) C4 H4 O6 + ½ H2 O. Der Brechweinſtein iſt bis vor kurzem dasjenige Antimonpräparat geweſen, welches faſt durchgehends zum Befeſtigen der Gerb- ſäure gedient hat. Es iſt dies die von Brookes & Comp. aufgefundene, allgemein als Tannin-Brechweinſteinverfahren bezeichnete Methode. — Der *) Hummel-Knecht und in „Oeſterreichs Wollen- und Leinen-Induſtrie“, auch Stein bezeichnen dasſelbe als eine Art Oxydhydrat. Das Antimonoxyd ent- hält jedoch, trotzdem es kryſtalliniſch iſt, kein Waſſer.

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/309>, abgerufen am 22.11.2024.