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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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Von Kammgarnstoffen unterscheidet man:

1. Glatte Stoffe, bei denen der Schußfaden nur zwei verschiedene
Lagen besitzt und die Bindung die denkbar einfachste ist: Perkan, Moire,
Orleans, Bombasin, Kamelot, Wollmusselin, Mühlbeuteltuch, Rips, Mohair,
Krepp, Chaly und die sog. Bradforder Artikel.

2. Geköperte oder croisierte Stoffe, bei denen dem Schußfaden
immer mehr als zwei Lagen zukommen; er überspringt bei der Bindung zwei,
drei oder mehr Kettenfäden, und erzeugt auf der Oberfläche schräglaufende,
zusammenhängende oder unterbrochene Linien: Merinos, Thibet, Kaschmir,
Serge, Zanella, Wollatlas, Halbmerino, Lasting.

3. Gemusterte oder faconnierte Stoffe; diese besitzen ebenfalls
mehr als zwei, meistens eine große Anzahl verschiedener Lagen des Schußfadens
und die Bindung erzeugt geschlossene Figuren, sog. Muster, wobei Muster
und Grund selbst wieder glatt und geköpert, sogar von verschiedener Farbe
sein können: Woll- und Möbeldamast, Westen- und Hosenstoffe, Shawls,
Umschlagetücher, Tartans, Teppichzeuge.

4. Sammetartige Stoffe; auf dem eigentlich glatten Grunde wird
eine haarige Decke mit abstehenden oder anliegenden Fäden gebildet, der Flor
oder Pol: Wollsammet (bei welchem der Flor aus dem Schusse), Wollplüsch,
Möbelplüsch, Brüsseler Teppiche, Velourteppiche, Plüschteppiche, Astrachan,
Krimmer, Biber, Utrechter Sammet.

Die Anzahl dieser Gewebe wird nun noch unendlich reichhaltiger da-
durch, daß -- besonders bei Kammgarnstoffen -- nicht immer reine Wolle
zur Verwendung gelangt, sondern nicht selten Mischungen aus Wolle und
Baumwolle, sowie selbst Wolle und Seide, verarbeitet werden. Gewebe und
Gespinnste der letzteren Art haben dann keinen Anspruch mehr auf die Be-
zeichnung eines wollenen Gewebes, gehören vielmehr in die Klasse der ge-
mischten Gewebe
, welche weiter unten zur Besprechung gelangen.

Wirkwaren, bei denen die Bindung nicht durch Fadeneinkreuzung,
sondern durch Knüpfung erfolgt, verhalten sich wie Garne.

§ 6. Seide.

Von den Gespinnstfasern tierischer Abkunft ist die Seide die wertvollste.
Unter Seide versteht man die von verschiedenen Seidenraupen-
arten beim Verpuppen erzeugte Gespinnstfaser
. Die Seide unter-
scheidet sich von allen übrigen Gewebefasern dadurch, daß sie einen bereits
fertig gesponnenen Faden vorstellt
. Die Seidenraupe, wenn sie sich
auf die Umwandlung in den Schmetterling vorbereiten will, wenn sie sich
"einpuppt", spinnt um sich den Seidenfaden (sie spinnt sich ein). -- Die-
ser bildet sich aus einer klebrigen Flüssigkeit, welche sich aus zwei an der
Speiseröhre der Raupe sitzenden Drüsen (Spinndrüsen) absondert. Durch
Ausziehen dieser zähen klebrigen Flüssigkeit aus den Drüsen werden zwei
besondere Fäden gebildet, welche sich im Moment des Hervortretens zu
einem Doppelfaden verbinden. Dieser erscheint seiner ganzen Länge nach als
einfacher Faden, welcher ohne Absatz oder Unterbrechung die Hülle der

Von Kammgarnſtoffen unterſcheidet man:

1. Glatte Stoffe, bei denen der Schußfaden nur zwei verſchiedene
Lagen beſitzt und die Bindung die denkbar einfachſte iſt: Perkan, Moiré,
Orleans, Bombaſin, Kamelot, Wollmuſſelin, Mühlbeuteltuch, Rips, Mohair,
Krepp, Chaly und die ſog. Bradforder Artikel.

2. Geköperte oder croiſierte Stoffe, bei denen dem Schußfaden
immer mehr als zwei Lagen zukommen; er überſpringt bei der Bindung zwei,
drei oder mehr Kettenfäden, und erzeugt auf der Oberfläche ſchräglaufende,
zuſammenhängende oder unterbrochene Linien: Merinos, Thibet, Kaſchmir,
Serge, Zanella, Wollatlas, Halbmerino, Laſting.

3. Gemuſterte oder façonnierte Stoffe; dieſe beſitzen ebenfalls
mehr als zwei, meiſtens eine große Anzahl verſchiedener Lagen des Schußfadens
und die Bindung erzeugt geſchloſſene Figuren, ſog. Muſter, wobei Muſter
und Grund ſelbſt wieder glatt und geköpert, ſogar von verſchiedener Farbe
ſein können: Woll- und Möbeldamaſt, Weſten- und Hoſenſtoffe, Shawls,
Umſchlagetücher, Tartans, Teppichzeuge.

4. Sammetartige Stoffe; auf dem eigentlich glatten Grunde wird
eine haarige Decke mit abſtehenden oder anliegenden Fäden gebildet, der Flor
oder Pol: Wollſammet (bei welchem der Flor aus dem Schuſſe), Wollplüſch,
Möbelplüſch, Brüſſeler Teppiche, Velourteppiche, Plüſchteppiche, Aſtrachan,
Krimmer, Biber, Utrechter Sammet.

Die Anzahl dieſer Gewebe wird nun noch unendlich reichhaltiger da-
durch, daß — beſonders bei Kammgarnſtoffen — nicht immer reine Wolle
zur Verwendung gelangt, ſondern nicht ſelten Miſchungen aus Wolle und
Baumwolle, ſowie ſelbſt Wolle und Seide, verarbeitet werden. Gewebe und
Geſpinnſte der letzteren Art haben dann keinen Anſpruch mehr auf die Be-
zeichnung eines wollenen Gewebes, gehören vielmehr in die Klaſſe der ge-
miſchten Gewebe
, welche weiter unten zur Beſprechung gelangen.

Wirkwaren, bei denen die Bindung nicht durch Fadeneinkreuzung,
ſondern durch Knüpfung erfolgt, verhalten ſich wie Garne.

§ 6. Seide.

Von den Geſpinnſtfaſern tieriſcher Abkunft iſt die Seide die wertvollſte.
Unter Seide verſteht man die von verſchiedenen Seidenraupen-
arten beim Verpuppen erzeugte Geſpinnſtfaſer
. Die Seide unter-
ſcheidet ſich von allen übrigen Gewebefaſern dadurch, daß ſie einen bereits
fertig geſponnenen Faden vorſtellt
. Die Seidenraupe, wenn ſie ſich
auf die Umwandlung in den Schmetterling vorbereiten will, wenn ſie ſich
„einpuppt“, ſpinnt um ſich den Seidenfaden (ſie ſpinnt ſich ein). — Die-
ſer bildet ſich aus einer klebrigen Flüſſigkeit, welche ſich aus zwei an der
Speiſeröhre der Raupe ſitzenden Drüſen (Spinndrüſen) abſondert. Durch
Ausziehen dieſer zähen klebrigen Flüſſigkeit aus den Drüſen werden zwei
beſondere Fäden gebildet, welche ſich im Moment des Hervortretens zu
einem Doppelfaden verbinden. Dieſer erſcheint ſeiner ganzen Länge nach als
einfacher Faden, welcher ohne Abſatz oder Unterbrechung die Hülle der

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[26/0052] Von Kammgarnſtoffen unterſcheidet man: 1. Glatte Stoffe, bei denen der Schußfaden nur zwei verſchiedene Lagen beſitzt und die Bindung die denkbar einfachſte iſt: Perkan, Moiré, Orleans, Bombaſin, Kamelot, Wollmuſſelin, Mühlbeuteltuch, Rips, Mohair, Krepp, Chaly und die ſog. Bradforder Artikel. 2. Geköperte oder croiſierte Stoffe, bei denen dem Schußfaden immer mehr als zwei Lagen zukommen; er überſpringt bei der Bindung zwei, drei oder mehr Kettenfäden, und erzeugt auf der Oberfläche ſchräglaufende, zuſammenhängende oder unterbrochene Linien: Merinos, Thibet, Kaſchmir, Serge, Zanella, Wollatlas, Halbmerino, Laſting. 3. Gemuſterte oder façonnierte Stoffe; dieſe beſitzen ebenfalls mehr als zwei, meiſtens eine große Anzahl verſchiedener Lagen des Schußfadens und die Bindung erzeugt geſchloſſene Figuren, ſog. Muſter, wobei Muſter und Grund ſelbſt wieder glatt und geköpert, ſogar von verſchiedener Farbe ſein können: Woll- und Möbeldamaſt, Weſten- und Hoſenſtoffe, Shawls, Umſchlagetücher, Tartans, Teppichzeuge. 4. Sammetartige Stoffe; auf dem eigentlich glatten Grunde wird eine haarige Decke mit abſtehenden oder anliegenden Fäden gebildet, der Flor oder Pol: Wollſammet (bei welchem der Flor aus dem Schuſſe), Wollplüſch, Möbelplüſch, Brüſſeler Teppiche, Velourteppiche, Plüſchteppiche, Aſtrachan, Krimmer, Biber, Utrechter Sammet. Die Anzahl dieſer Gewebe wird nun noch unendlich reichhaltiger da- durch, daß — beſonders bei Kammgarnſtoffen — nicht immer reine Wolle zur Verwendung gelangt, ſondern nicht ſelten Miſchungen aus Wolle und Baumwolle, ſowie ſelbſt Wolle und Seide, verarbeitet werden. Gewebe und Geſpinnſte der letzteren Art haben dann keinen Anſpruch mehr auf die Be- zeichnung eines wollenen Gewebes, gehören vielmehr in die Klaſſe der ge- miſchten Gewebe, welche weiter unten zur Beſprechung gelangen. Wirkwaren, bei denen die Bindung nicht durch Fadeneinkreuzung, ſondern durch Knüpfung erfolgt, verhalten ſich wie Garne. § 6. Seide. Von den Geſpinnſtfaſern tieriſcher Abkunft iſt die Seide die wertvollſte. Unter Seide verſteht man die von verſchiedenen Seidenraupen- arten beim Verpuppen erzeugte Geſpinnſtfaſer. Die Seide unter- ſcheidet ſich von allen übrigen Gewebefaſern dadurch, daß ſie einen bereits fertig geſponnenen Faden vorſtellt. Die Seidenraupe, wenn ſie ſich auf die Umwandlung in den Schmetterling vorbereiten will, wenn ſie ſich „einpuppt“, ſpinnt um ſich den Seidenfaden (ſie ſpinnt ſich ein). — Die- ſer bildet ſich aus einer klebrigen Flüſſigkeit, welche ſich aus zwei an der Speiſeröhre der Raupe ſitzenden Drüſen (Spinndrüſen) abſondert. Durch Ausziehen dieſer zähen klebrigen Flüſſigkeit aus den Drüſen werden zwei beſondere Fäden gebildet, welche ſich im Moment des Hervortretens zu einem Doppelfaden verbinden. Dieſer erſcheint ſeiner ganzen Länge nach als einfacher Faden, welcher ohne Abſatz oder Unterbrechung die Hülle der

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/52>, abgerufen am 23.11.2024.