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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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Das für gefärbte, gemusterte Leinengewebe bestimmte Garn muß als
solches gefärbt werden, das Färben von Leinengeweben selbst findet vorwiegend
im Gebiet der Landarbeit statt.

Die Zahl der Leinengewebe wird noch wesentlich erhöht durch die mit
Baumwolle verwebten Leinenstoffe, welche als Halbleinen in den Handel
kommen, aber für den Färber von nur untergeordnetem Interesse sind, da
halbleinene Waren meist nur im gebleichten, ungefärbten Zustande Handels-
waren bilden, andernfalls aber die beiderseitigen Garne vor dem Verweben
als solche gefärbt werden.

Statistisches über Flachs und Leinen. Nächst Rußland hat
Deutschland die bedeutendste Flachsproduktion. Nach Dr. v. Scherzer be-
trug der Ernteertrag im Jahre 1879 85000000 kg, die Gesamtproduktion
von Europa und den Vereinigten Staaten 627 Mill. Kilogramm. Die große
Bedeutung der deutschen Flachsindustrie ergibt sich aus nachfolgender Auf-
stellung des Verbandes Deutscher Leinenindustrieller zu Anfang 1884. Es
waren in Deutschland vorhanden: 31 Flachsspinnereien einschließlich Zwirne-
reien und Bleichereien, mit 59218000 Mark Geschäftskapital, 14576 Ar-
beiter bei 6241813 Mark Arbeitslohn; ferner 48 mechanische Leinenwebereien
mit einzelnen Hausbetrieben und Bleichereien, mit 29709724 Mark Geschäfts-
kapital, 16753 Arbeiter bei 6339866 Mark Arbeitslohn (Heinzerling).

§ 12. Hanf.

Der Hanf ist für die Färberei bei weitem nicht von der Wichtigkeit,
wie der Flachs; dennoch darf er in diesem Buche nicht übergangen werden,
da er in zwei Formen zum Färben gelangt, als Hanfzwirn und als
Bindfaden.

Herkunft. Die Stammpflanze des Hanfes ist die gleichlautende ein-
jährige Pflanze, Cannabis sativa, zur Familie der Urticeen gehörend. Der
Hanf ist eine zweigeschlechtige, 1 bis 4 m hohe Pflanze, mit langen, zahnartig
gesägten, dunkelgrünen Blättern; man unterscheidet die männliche Pflanze als
Sommer- oder Staubhanf und die weibliche Pflanze als Winter-
oder Saathanf. Die erstere wird nur für die Hanffaser, die letztere
für Fasern und Samen ausgebeutet; Hanf von ersterer ist daher geschätzter.
Der Hanf wird in Italien, Rußland, im Elsaß, Preußen und Oesterreich
gebaut; besonders geschätzt ist der Straßburger Hanf.

Gewinnung. Der Hanf wird durch dieselben Operationen gewonnen,
wie der Flachs; im allgemeinen wird auf seine Gewinnung aber nicht die gleiche
Sorgfalt verwendet, wie auf die Bereitung des Flachses; die Hanffaser ist
daher gemeinhin noch gröber wie die Flachsfaser. Alles bei der Gewinnung
des Flachses Gesagte läßt sich daher mit dem gleichen Recht auch auf den
Hanf anwenden. In Oberitalien, vornehmlich bei Bologna, wird er durch
Abziehen der Bastfaser mit der Hand gewonnen, wodurch eine besonders feine Sorte
erzielt wird. Je nach der Vollständigkeit der Bearbeitung unterscheidet
man im Handel: Basthanf, Reinhanf, Strähnenhanf, Spinnhanf, Seehanf.

Eigenschaften. Der Hanf ist, wie der Flachs, eine Bastfaser, und
bildet den Hauptbestandteil der Rinde des Hanfstengels, über welcher nur

5*

Das für gefärbte, gemuſterte Leinengewebe beſtimmte Garn muß als
ſolches gefärbt werden, das Färben von Leinengeweben ſelbſt findet vorwiegend
im Gebiet der Landarbeit ſtatt.

Die Zahl der Leinengewebe wird noch weſentlich erhöht durch die mit
Baumwolle verwebten Leinenſtoffe, welche als Halbleinen in den Handel
kommen, aber für den Färber von nur untergeordnetem Intereſſe ſind, da
halbleinene Waren meiſt nur im gebleichten, ungefärbten Zuſtande Handels-
waren bilden, andernfalls aber die beiderſeitigen Garne vor dem Verweben
als ſolche gefärbt werden.

Statiſtiſches über Flachs und Leinen. Nächſt Rußland hat
Deutſchland die bedeutendſte Flachsproduktion. Nach Dr. v. Scherzer be-
trug der Ernteertrag im Jahre 1879 85000000 kg, die Geſamtproduktion
von Europa und den Vereinigten Staaten 627 Mill. Kilogramm. Die große
Bedeutung der deutſchen Flachsinduſtrie ergibt ſich aus nachfolgender Auf-
ſtellung des Verbandes Deutſcher Leineninduſtrieller zu Anfang 1884. Es
waren in Deutſchland vorhanden: 31 Flachsſpinnereien einſchließlich Zwirne-
reien und Bleichereien, mit 59218000 Mark Geſchäftskapital, 14576 Ar-
beiter bei 6241813 Mark Arbeitslohn; ferner 48 mechaniſche Leinenwebereien
mit einzelnen Hausbetrieben und Bleichereien, mit 29709724 Mark Geſchäfts-
kapital, 16753 Arbeiter bei 6339866 Mark Arbeitslohn (Heinzerling).

§ 12. Hanf.

Der Hanf iſt für die Färberei bei weitem nicht von der Wichtigkeit,
wie der Flachs; dennoch darf er in dieſem Buche nicht übergangen werden,
da er in zwei Formen zum Färben gelangt, als Hanfzwirn und als
Bindfaden.

Herkunft. Die Stammpflanze des Hanfes iſt die gleichlautende ein-
jährige Pflanze, Cannabis sativa, zur Familie der Urticeen gehörend. Der
Hanf iſt eine zweigeſchlechtige, 1 bis 4 m hohe Pflanze, mit langen, zahnartig
geſägten, dunkelgrünen Blättern; man unterſcheidet die männliche Pflanze als
Sommer- oder Staubhanf und die weibliche Pflanze als Winter-
oder Saathanf. Die erſtere wird nur für die Hanffaſer, die letztere
für Faſern und Samen ausgebeutet; Hanf von erſterer iſt daher geſchätzter.
Der Hanf wird in Italien, Rußland, im Elſaß, Preußen und Oeſterreich
gebaut; beſonders geſchätzt iſt der Straßburger Hanf.

Gewinnung. Der Hanf wird durch dieſelben Operationen gewonnen,
wie der Flachs; im allgemeinen wird auf ſeine Gewinnung aber nicht die gleiche
Sorgfalt verwendet, wie auf die Bereitung des Flachſes; die Hanffaſer iſt
daher gemeinhin noch gröber wie die Flachsfaſer. Alles bei der Gewinnung
des Flachſes Geſagte läßt ſich daher mit dem gleichen Recht auch auf den
Hanf anwenden. In Oberitalien, vornehmlich bei Bologna, wird er durch
Abziehen der Baſtfaſer mit der Hand gewonnen, wodurch eine beſonders feine Sorte
erzielt wird. Je nach der Vollſtändigkeit der Bearbeitung unterſcheidet
man im Handel: Baſthanf, Reinhanf, Strähnenhanf, Spinnhanf, Seehanf.

Eigenſchaften. Der Hanf iſt, wie der Flachs, eine Baſtfaſer, und
bildet den Hauptbeſtandteil der Rinde des Hanfſtengels, über welcher nur

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[67/0093] Das für gefärbte, gemuſterte Leinengewebe beſtimmte Garn muß als ſolches gefärbt werden, das Färben von Leinengeweben ſelbſt findet vorwiegend im Gebiet der Landarbeit ſtatt. Die Zahl der Leinengewebe wird noch weſentlich erhöht durch die mit Baumwolle verwebten Leinenſtoffe, welche als Halbleinen in den Handel kommen, aber für den Färber von nur untergeordnetem Intereſſe ſind, da halbleinene Waren meiſt nur im gebleichten, ungefärbten Zuſtande Handels- waren bilden, andernfalls aber die beiderſeitigen Garne vor dem Verweben als ſolche gefärbt werden. Statiſtiſches über Flachs und Leinen. Nächſt Rußland hat Deutſchland die bedeutendſte Flachsproduktion. Nach Dr. v. Scherzer be- trug der Ernteertrag im Jahre 1879 85000000 kg, die Geſamtproduktion von Europa und den Vereinigten Staaten 627 Mill. Kilogramm. Die große Bedeutung der deutſchen Flachsinduſtrie ergibt ſich aus nachfolgender Auf- ſtellung des Verbandes Deutſcher Leineninduſtrieller zu Anfang 1884. Es waren in Deutſchland vorhanden: 31 Flachsſpinnereien einſchließlich Zwirne- reien und Bleichereien, mit 59218000 Mark Geſchäftskapital, 14576 Ar- beiter bei 6241813 Mark Arbeitslohn; ferner 48 mechaniſche Leinenwebereien mit einzelnen Hausbetrieben und Bleichereien, mit 29709724 Mark Geſchäfts- kapital, 16753 Arbeiter bei 6339866 Mark Arbeitslohn (Heinzerling). § 12. Hanf. Der Hanf iſt für die Färberei bei weitem nicht von der Wichtigkeit, wie der Flachs; dennoch darf er in dieſem Buche nicht übergangen werden, da er in zwei Formen zum Färben gelangt, als Hanfzwirn und als Bindfaden. Herkunft. Die Stammpflanze des Hanfes iſt die gleichlautende ein- jährige Pflanze, Cannabis sativa, zur Familie der Urticeen gehörend. Der Hanf iſt eine zweigeſchlechtige, 1 bis 4 m hohe Pflanze, mit langen, zahnartig geſägten, dunkelgrünen Blättern; man unterſcheidet die männliche Pflanze als Sommer- oder Staubhanf und die weibliche Pflanze als Winter- oder Saathanf. Die erſtere wird nur für die Hanffaſer, die letztere für Faſern und Samen ausgebeutet; Hanf von erſterer iſt daher geſchätzter. Der Hanf wird in Italien, Rußland, im Elſaß, Preußen und Oeſterreich gebaut; beſonders geſchätzt iſt der Straßburger Hanf. Gewinnung. Der Hanf wird durch dieſelben Operationen gewonnen, wie der Flachs; im allgemeinen wird auf ſeine Gewinnung aber nicht die gleiche Sorgfalt verwendet, wie auf die Bereitung des Flachſes; die Hanffaſer iſt daher gemeinhin noch gröber wie die Flachsfaſer. Alles bei der Gewinnung des Flachſes Geſagte läßt ſich daher mit dem gleichen Recht auch auf den Hanf anwenden. In Oberitalien, vornehmlich bei Bologna, wird er durch Abziehen der Baſtfaſer mit der Hand gewonnen, wodurch eine beſonders feine Sorte erzielt wird. Je nach der Vollſtändigkeit der Bearbeitung unterſcheidet man im Handel: Baſthanf, Reinhanf, Strähnenhanf, Spinnhanf, Seehanf. Eigenſchaften. Der Hanf iſt, wie der Flachs, eine Baſtfaſer, und bildet den Hauptbeſtandteil der Rinde des Hanfſtengels, über welcher nur 5*

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/93>, abgerufen am 23.11.2024.