Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

noch eine sehr dünne Schicht Parenchymzellen und die Epidermis liegen;
nach innen zu schließt sich dann die Holzschicht und das Mark an. Die
Länge des Hanfes ist ungemein verschieden von 1,0 cm bis zu 3 m (Riesen-
hanf von Boufarik), durchschnittlich 3 bis 15 dm, der Durchmesser 16 bis
50 µ, durchschnittlich 22 µ. In Farbe und im mikroskopischen Aussehen
ist er dem Flachs ungemein ähnlich, doch unterscheidet sich die Wandung des
Hanfes im mikroskopischen Bilde (Figur 11) durch eine scharfe Längsstreifung
und bei gebogenen Fasern an der inneren Krümmungsseite durch eine kräftige
Wellenfaltung vom Flachs, die Enden der Faser sind teils stumpf, teils spitz;
das Lumen des Hanfes ist etwas kleiner als das des Flachses; im übrigen
sind Hanf und Flachs selbst unter dem Mikroskop nur sehr schwer zu unter-
scheiden.

[Abbildung] Fig. 11.

Hanf.

Die Zusammensetzung des Hanfes ist die gleiche wie beim Flachs,
doch ist der rohe Hanf mehr verholzt als der Flachs. Nach Entfernung der
Holzteile besteht er vorwiegend aus Cellulose nebst Fettbestandteilen, Farbstoff etc.,
welche durch den Bleichprozeß, dafern solcher überhaupt angewendet wird,
entfernt werden.

Chemisches Verhalten. Auch dieses ist genau dasselbe, wie beim
Flachs, so daß die Unterscheidung von Hanf und Flachs auch hier zu den
schwierigsten Aufgaben gehört. Nach Pinchon soll durch konzentrierte
Schwefelsäure die Hanffaser aufquellen und durch Zusatz von Jodlösung eine
gelbe Färbung geben (Flachs gibt eine blaue Färbung); Hanausek*) da-
gegen sagt: "mit Jod oder Schwefelsäure färbt sie sich blau oder grün-
lich, einzelne Fasern werden braungelb"; Bolley
**) nennt die
Farbe grünlich. Konzentrierte Alkalienlösungen färben den Hanf dunkler
gelb
als den Flachs. Die Hanffaser gibt fast stets eine schwache Holzstoff-

*) Geißler u. Möller, Real-Encyklopädie der ges. Pharmazie, Art. Hanf,
Band V.
**) Handbuch der techn.-chem. Untersuchungen.

noch eine ſehr dünne Schicht Parenchymzellen und die Epidermis liegen;
nach innen zu ſchließt ſich dann die Holzſchicht und das Mark an. Die
Länge des Hanfes iſt ungemein verſchieden von 1,0 cm bis zu 3 m (Rieſen-
hanf von Boufarik), durchſchnittlich 3 bis 15 dm, der Durchmeſſer 16 bis
50 µ, durchſchnittlich 22 µ. In Farbe und im mikroſkopiſchen Ausſehen
iſt er dem Flachs ungemein ähnlich, doch unterſcheidet ſich die Wandung des
Hanfes im mikroſkopiſchen Bilde (Figur 11) durch eine ſcharfe Längsſtreifung
und bei gebogenen Faſern an der inneren Krümmungsſeite durch eine kräftige
Wellenfaltung vom Flachs, die Enden der Faſer ſind teils ſtumpf, teils ſpitz;
das Lumen des Hanfes iſt etwas kleiner als das des Flachſes; im übrigen
ſind Hanf und Flachs ſelbſt unter dem Mikroſkop nur ſehr ſchwer zu unter-
ſcheiden.

[Abbildung] Fig. 11.

Hanf.

Die Zuſammenſetzung des Hanfes iſt die gleiche wie beim Flachs,
doch iſt der rohe Hanf mehr verholzt als der Flachs. Nach Entfernung der
Holzteile beſteht er vorwiegend aus Celluloſe nebſt Fettbeſtandteilen, Farbſtoff ꝛc.,
welche durch den Bleichprozeß, dafern ſolcher überhaupt angewendet wird,
entfernt werden.

Chemiſches Verhalten. Auch dieſes iſt genau dasſelbe, wie beim
Flachs, ſo daß die Unterſcheidung von Hanf und Flachs auch hier zu den
ſchwierigſten Aufgaben gehört. Nach Pinchon ſoll durch konzentrierte
Schwefelſäure die Hanffaſer aufquellen und durch Zuſatz von Jodlöſung eine
gelbe Färbung geben (Flachs gibt eine blaue Färbung); Hanauſek*) da-
gegen ſagt: „mit Jod oder Schwefelſäure färbt ſie ſich blau oder grün-
lich, einzelne Faſern werden braungelb“; Bolley
**) nennt die
Farbe grünlich. Konzentrierte Alkalienlöſungen färben den Hanf dunkler
gelb
als den Flachs. Die Hanffaſer gibt faſt ſtets eine ſchwache Holzſtoff-

*) Geißler u. Möller, Real-Encyklopädie der geſ. Pharmazie, Art. Hanf,
Band V.
**) Handbuch der techn.-chem. Unterſuchungen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0094" n="68"/>
noch eine &#x017F;ehr dünne Schicht Parenchymzellen und die Epidermis liegen;<lb/>
nach innen zu &#x017F;chließt &#x017F;ich dann die Holz&#x017F;chicht und das Mark an. Die<lb/>
Länge des Hanfes i&#x017F;t ungemein ver&#x017F;chieden von 1,0 <hi rendition="#aq">cm</hi> bis zu 3 <hi rendition="#aq">m</hi> (Rie&#x017F;en-<lb/>
hanf von Boufarik), durch&#x017F;chnittlich 3 bis 15 <hi rendition="#aq">dm</hi>, der Durchme&#x017F;&#x017F;er 16 bis<lb/>
50 µ, durch&#x017F;chnittlich 22 µ. In Farbe und im mikro&#x017F;kopi&#x017F;chen Aus&#x017F;ehen<lb/>
i&#x017F;t er dem Flachs ungemein ähnlich, doch unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich die Wandung des<lb/>
Hanfes im mikro&#x017F;kopi&#x017F;chen Bilde (Figur 11) durch eine &#x017F;charfe Längs&#x017F;treifung<lb/>
und bei gebogenen Fa&#x017F;ern an der inneren Krümmungs&#x017F;eite durch eine kräftige<lb/>
Wellenfaltung vom Flachs, die Enden der Fa&#x017F;er &#x017F;ind teils &#x017F;tumpf, teils &#x017F;pitz;<lb/>
das Lumen des Hanfes i&#x017F;t etwas kleiner als das des Flach&#x017F;es; im übrigen<lb/>
&#x017F;ind Hanf und Flachs &#x017F;elb&#x017F;t unter dem Mikro&#x017F;kop nur &#x017F;ehr &#x017F;chwer zu unter-<lb/>
&#x017F;cheiden.</p><lb/>
            <figure>
              <head>Fig. 11.</head>
              <p> Hanf.</p>
            </figure><lb/>
            <p><hi rendition="#b">Die Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung des Hanfes</hi> i&#x017F;t die gleiche wie beim Flachs,<lb/>
doch i&#x017F;t der rohe Hanf mehr verholzt als der Flachs. Nach Entfernung der<lb/>
Holzteile be&#x017F;teht er vorwiegend aus Cellulo&#x017F;e neb&#x017F;t Fettbe&#x017F;tandteilen, Farb&#x017F;toff &#xA75B;c.,<lb/>
welche durch den Bleichprozeß, dafern &#x017F;olcher überhaupt angewendet wird,<lb/>
entfernt werden.</p><lb/>
            <p><hi rendition="#b">Chemi&#x017F;ches Verhalten.</hi> Auch die&#x017F;es i&#x017F;t genau das&#x017F;elbe, wie beim<lb/>
Flachs, &#x017F;o daß die Unter&#x017F;cheidung von Hanf und Flachs auch hier zu den<lb/>
&#x017F;chwierig&#x017F;ten Aufgaben gehört. Nach <hi rendition="#g">Pinchon</hi> &#x017F;oll durch konzentrierte<lb/>
Schwefel&#x017F;äure die Hanffa&#x017F;er aufquellen und durch Zu&#x017F;atz von Jodlö&#x017F;ung eine<lb/><hi rendition="#g">gelbe</hi> Färbung geben (Flachs gibt eine blaue Färbung); <hi rendition="#g">Hanau&#x017F;ek</hi><note place="foot" n="*)"><hi rendition="#g">Geißler u. Möller</hi>, Real-Encyklopädie der ge&#x017F;. Pharmazie, Art. Hanf,<lb/>
Band <hi rendition="#aq">V.</hi></note> da-<lb/>
gegen &#x017F;agt: &#x201E;mit Jod oder Schwefel&#x017F;äure färbt &#x017F;ie &#x017F;ich <hi rendition="#g">blau</hi> oder <hi rendition="#g">grün-<lb/>
lich, einzelne Fa&#x017F;ern werden braungelb&#x201C;; Bolley</hi><note place="foot" n="**)">Handbuch der techn.-chem. Unter&#x017F;uchungen.</note> nennt die<lb/>
Farbe grünlich. Konzentrierte Alkalienlö&#x017F;ungen färben den Hanf <hi rendition="#g">dunkler<lb/>
gelb</hi> als den Flachs. Die Hanffa&#x017F;er gibt fa&#x017F;t &#x017F;tets eine &#x017F;chwache Holz&#x017F;toff-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[68/0094] noch eine ſehr dünne Schicht Parenchymzellen und die Epidermis liegen; nach innen zu ſchließt ſich dann die Holzſchicht und das Mark an. Die Länge des Hanfes iſt ungemein verſchieden von 1,0 cm bis zu 3 m (Rieſen- hanf von Boufarik), durchſchnittlich 3 bis 15 dm, der Durchmeſſer 16 bis 50 µ, durchſchnittlich 22 µ. In Farbe und im mikroſkopiſchen Ausſehen iſt er dem Flachs ungemein ähnlich, doch unterſcheidet ſich die Wandung des Hanfes im mikroſkopiſchen Bilde (Figur 11) durch eine ſcharfe Längsſtreifung und bei gebogenen Faſern an der inneren Krümmungsſeite durch eine kräftige Wellenfaltung vom Flachs, die Enden der Faſer ſind teils ſtumpf, teils ſpitz; das Lumen des Hanfes iſt etwas kleiner als das des Flachſes; im übrigen ſind Hanf und Flachs ſelbſt unter dem Mikroſkop nur ſehr ſchwer zu unter- ſcheiden. [Abbildung Fig. 11. Hanf.] Die Zuſammenſetzung des Hanfes iſt die gleiche wie beim Flachs, doch iſt der rohe Hanf mehr verholzt als der Flachs. Nach Entfernung der Holzteile beſteht er vorwiegend aus Celluloſe nebſt Fettbeſtandteilen, Farbſtoff ꝛc., welche durch den Bleichprozeß, dafern ſolcher überhaupt angewendet wird, entfernt werden. Chemiſches Verhalten. Auch dieſes iſt genau dasſelbe, wie beim Flachs, ſo daß die Unterſcheidung von Hanf und Flachs auch hier zu den ſchwierigſten Aufgaben gehört. Nach Pinchon ſoll durch konzentrierte Schwefelſäure die Hanffaſer aufquellen und durch Zuſatz von Jodlöſung eine gelbe Färbung geben (Flachs gibt eine blaue Färbung); Hanauſek *) da- gegen ſagt: „mit Jod oder Schwefelſäure färbt ſie ſich blau oder grün- lich, einzelne Faſern werden braungelb“; Bolley **) nennt die Farbe grünlich. Konzentrierte Alkalienlöſungen färben den Hanf dunkler gelb als den Flachs. Die Hanffaſer gibt faſt ſtets eine ſchwache Holzſtoff- *) Geißler u. Möller, Real-Encyklopädie der geſ. Pharmazie, Art. Hanf, Band V. **) Handbuch der techn.-chem. Unterſuchungen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/94
Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/94>, abgerufen am 23.11.2024.