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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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Verschiedenheiten in den Werken
über den Gegenstand nach und nach aus den be-
kannten Ideen hervorgearbeitet, oder die, welche
ein oft bloß zufälliger schneller Blick auf die Sache
aus der Reihe sich selbst darbietender Vorstellun-
gen aufgefaßt hat? Die Werke, die man für das
Publikum schon bestimmt, indem man sie verfer-
tiget, sind gemeiniglich unter dem, was man für
sich selbst oder für solche Freunde macht, von de-
ren Beyfall und Achtung man sich schon versichert
hält. Der Wunsch, etwas Gutes hervorzubrin-
gen, die Begierde nach den Vortheilen, die uns
unser Werk, wenn es gelingt, zuwege bringen soll,
die Achtsamkeit endlich auf unser eigenes Bemü-
hen, es zu Stande zu bringen, alles dieß ist eine
Art von Zerstreuung, durch welche diejenige Kraft,
die ganz auf den Gegenstand vereinigt seyn sollte,
auf sich selbst zurückgekehrt, und durch Unruhe und
Hoffnung verzehrt wird.

Die obige Anmerkung ist aber noch einer an-
dern Anwendung fähig, und diese ist eigentlich
unser Zweck. Da das menschliche Geschlecht und
der einzelne Mensch in dem stufenweisen Fortgange

Verſchiedenheiten in den Werken
uͤber den Gegenſtand nach und nach aus den be-
kannten Ideen hervorgearbeitet, oder die, welche
ein oft bloß zufaͤlliger ſchneller Blick auf die Sache
aus der Reihe ſich ſelbſt darbietender Vorſtellun-
gen aufgefaßt hat? Die Werke, die man fuͤr das
Publikum ſchon beſtimmt, indem man ſie verfer-
tiget, ſind gemeiniglich unter dem, was man fuͤr
ſich ſelbſt oder fuͤr ſolche Freunde macht, von de-
ren Beyfall und Achtung man ſich ſchon verſichert
haͤlt. Der Wunſch, etwas Gutes hervorzubrin-
gen, die Begierde nach den Vortheilen, die uns
unſer Werk, wenn es gelingt, zuwege bringen ſoll,
die Achtſamkeit endlich auf unſer eigenes Bemuͤ-
hen, es zu Stande zu bringen, alles dieß iſt eine
Art von Zerſtreuung, durch welche diejenige Kraft,
die ganz auf den Gegenſtand vereinigt ſeyn ſollte,
auf ſich ſelbſt zuruͤckgekehrt, und durch Unruhe und
Hoffnung verzehrt wird.

Die obige Anmerkung iſt aber noch einer an-
dern Anwendung faͤhig, und dieſe iſt eigentlich
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[118/0124] Verſchiedenheiten in den Werken uͤber den Gegenſtand nach und nach aus den be- kannten Ideen hervorgearbeitet, oder die, welche ein oft bloß zufaͤlliger ſchneller Blick auf die Sache aus der Reihe ſich ſelbſt darbietender Vorſtellun- gen aufgefaßt hat? Die Werke, die man fuͤr das Publikum ſchon beſtimmt, indem man ſie verfer- tiget, ſind gemeiniglich unter dem, was man fuͤr ſich ſelbſt oder fuͤr ſolche Freunde macht, von de- ren Beyfall und Achtung man ſich ſchon verſichert haͤlt. Der Wunſch, etwas Gutes hervorzubrin- gen, die Begierde nach den Vortheilen, die uns unſer Werk, wenn es gelingt, zuwege bringen ſoll, die Achtſamkeit endlich auf unſer eigenes Bemuͤ- hen, es zu Stande zu bringen, alles dieß iſt eine Art von Zerſtreuung, durch welche diejenige Kraft, die ganz auf den Gegenſtand vereinigt ſeyn ſollte, auf ſich ſelbſt zuruͤckgekehrt, und durch Unruhe und Hoffnung verzehrt wird. Die obige Anmerkung iſt aber noch einer an- dern Anwendung faͤhig, und dieſe iſt eigentlich unſer Zweck. Da das menſchliche Geſchlecht und der einzelne Menſch in dem ſtufenweiſen Fortgange

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/124>, abgerufen am 28.04.2024.