Nämlich derjenige Theil der Dinge, der der Empfindung nicht unmittelbar offen liegt, der erst durch eine Reihe von Beobachtungen und Schlüssen aus ihnen gefunden werden muß, wird da genauer erkannt, wo nicht jeder Mensch mit seinen Erkenntnissen immer von vorne anfangen, und alle die ersten einfachsten Erfahrungen wieder durchwandern muß, sondern wo er bey seinem Eintritte in die Gesellschaft das Resultat von den Erfahrungen seiner Vorfahren concentrirt erhält, und von diesen nunmehr ausgehen kann. Die ältesten Menschen sponnen sich so zu sagen den ganzen Faden ihrer Ideen selbst: sie kannten ihn deswegen genau, er war völlig ihre, aber weit fortgesezt war er nicht. Izt bekömmt jeder Mensch durch Ueberlieferung und Unterricht schon ein ganzes Gewebe von Ideen in die Hand, das er selbst noch nicht übersehen kann, das er indeß als einen unbekannten Schatz verwahret, bis er es nach und nach bey Gelegenheit aus einander wickelt. -- Und alsdann erst, wenn er damit fertig ist, dasjenige, was er von fremden Gedan-
Verſchiedenheiten in den Werken
Naͤmlich derjenige Theil der Dinge, der der Empfindung nicht unmittelbar offen liegt, der erſt durch eine Reihe von Beobachtungen und Schluͤſſen aus ihnen gefunden werden muß, wird da genauer erkannt, wo nicht jeder Menſch mit ſeinen Erkenntniſſen immer von vorne anfangen, und alle die erſten einfachſten Erfahrungen wieder durchwandern muß, ſondern wo er bey ſeinem Eintritte in die Geſellſchaft das Reſultat von den Erfahrungen ſeiner Vorfahren concentrirt erhaͤlt, und von dieſen nunmehr ausgehen kann. Die aͤlteſten Menſchen ſponnen ſich ſo zu ſagen den ganzen Faden ihrer Ideen ſelbſt: ſie kannten ihn deswegen genau, er war voͤllig ihre, aber weit fortgeſezt war er nicht. Izt bekoͤmmt jeder Menſch durch Ueberlieferung und Unterricht ſchon ein ganzes Gewebe von Ideen in die Hand, das er ſelbſt noch nicht uͤberſehen kann, das er indeß als einen unbekannten Schatz verwahret, bis er es nach und nach bey Gelegenheit aus einander wickelt. — Und alsdann erſt, wenn er damit fertig iſt, dasjenige, was er von fremden Gedan-
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Verſchiedenheiten in den Werken
Naͤmlich derjenige Theil der Dinge, der der
Empfindung nicht unmittelbar offen liegt, der
erſt durch eine Reihe von Beobachtungen und
Schluͤſſen aus ihnen gefunden werden muß, wird
da genauer erkannt, wo nicht jeder Menſch mit
ſeinen Erkenntniſſen immer von vorne anfangen,
und alle die erſten einfachſten Erfahrungen wieder
durchwandern muß, ſondern wo er bey ſeinem
Eintritte in die Geſellſchaft das Reſultat von den
Erfahrungen ſeiner Vorfahren concentrirt erhaͤlt,
und von dieſen nunmehr ausgehen kann. Die
aͤlteſten Menſchen ſponnen ſich ſo zu ſagen den
ganzen Faden ihrer Ideen ſelbſt: ſie kannten ihn
deswegen genau, er war voͤllig ihre, aber weit
fortgeſezt war er nicht. Izt bekoͤmmt jeder
Menſch durch Ueberlieferung und Unterricht ſchon
ein ganzes Gewebe von Ideen in die Hand, das
er ſelbſt noch nicht uͤberſehen kann, das er indeß
als einen unbekannten Schatz verwahret, bis er
es nach und nach bey Gelegenheit aus einander
wickelt. — Und alsdann erſt, wenn er damit
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/174>, abgerufen am 24.11.2024.
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