Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

der ältesten und neuern Schriftsteller.
diese Hochachtung noch höher zu treiben. Nach
und nach ist dieses Studium durch die Menge der
schon vorhandenen Hülfsmittel weniger schwer,
und nach eben dem Maaße weniger eifrig gewor-
den. Der Mann von Genie hat auch bey der
Lesung der Alten doch noch einige Muße übrig be-
halten, an seinen eignen Ideen zu arbeiten. --
Die Philosophie hat endlich ihr Licht auch an diese
Gegenstände gebracht. Sie hat uns die Regeln,
die ihren Grund in dem Beständigen der mensch-
lichen Natur haben, von denen unterscheiden ge-
lehrt, die aus dem veränderlichen Zustande der-
selben fließen.

Alles das zusammengenommen hat zwar nicht
unsrer Litteratur die Grundzüge nehmen können,
die von der alten griechischen und römischen in ihr
liegen: aber es hat doch wenigstens die Gestalten
und Farben derselben geändert.

Eben diese Philosophie ist es, welche unsere
Schriftsteller noch zu Originalen, wenigstens in
einzelnen Theilen ihrer Werke, machen kann.

L 4

der aͤlteſten und neuern Schriftſteller.
dieſe Hochachtung noch hoͤher zu treiben. Nach
und nach iſt dieſes Studium durch die Menge der
ſchon vorhandenen Huͤlfsmittel weniger ſchwer,
und nach eben dem Maaße weniger eifrig gewor-
den. Der Mann von Genie hat auch bey der
Leſung der Alten doch noch einige Muße uͤbrig be-
halten, an ſeinen eignen Ideen zu arbeiten. —
Die Philoſophie hat endlich ihr Licht auch an dieſe
Gegenſtaͤnde gebracht. Sie hat uns die Regeln,
die ihren Grund in dem Beſtaͤndigen der menſch-
lichen Natur haben, von denen unterſcheiden ge-
lehrt, die aus dem veraͤnderlichen Zuſtande der-
ſelben fließen.

Alles das zuſammengenommen hat zwar nicht
unſrer Litteratur die Grundzuͤge nehmen koͤnnen,
die von der alten griechiſchen und roͤmiſchen in ihr
liegen: aber es hat doch wenigſtens die Geſtalten
und Farben derſelben geaͤndert.

Eben dieſe Philoſophie iſt es, welche unſere
Schriftſteller noch zu Originalen, wenigſtens in
einzelnen Theilen ihrer Werke, machen kann.

L 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0173" n="167"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der a&#x0364;lte&#x017F;ten und neuern Schrift&#x017F;teller.</hi></fw><lb/>
die&#x017F;e Hochachtung noch ho&#x0364;her zu treiben. Nach<lb/>
und nach i&#x017F;t die&#x017F;es Studium durch die Menge der<lb/>
&#x017F;chon vorhandenen Hu&#x0364;lfsmittel weniger &#x017F;chwer,<lb/>
und nach eben dem Maaße weniger eifrig gewor-<lb/>
den. Der Mann von Genie hat auch bey der<lb/>
Le&#x017F;ung der Alten doch noch einige Muße u&#x0364;brig be-<lb/>
halten, an &#x017F;einen eignen Ideen zu arbeiten. &#x2014;<lb/>
Die Philo&#x017F;ophie hat endlich ihr Licht auch an die&#x017F;e<lb/>
Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde gebracht. Sie hat uns die Regeln,<lb/>
die ihren Grund in dem Be&#x017F;ta&#x0364;ndigen der men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Natur haben, von denen unter&#x017F;cheiden ge-<lb/>
lehrt, die aus dem vera&#x0364;nderlichen Zu&#x017F;tande der-<lb/>
&#x017F;elben fließen.</p><lb/>
        <p>Alles das zu&#x017F;ammengenommen hat zwar nicht<lb/>
un&#x017F;rer Litteratur die Grundzu&#x0364;ge nehmen ko&#x0364;nnen,<lb/>
die von der alten griechi&#x017F;chen und ro&#x0364;mi&#x017F;chen in ihr<lb/>
liegen: aber es hat doch wenig&#x017F;tens die Ge&#x017F;talten<lb/>
und Farben der&#x017F;elben gea&#x0364;ndert.</p><lb/>
        <p>Eben die&#x017F;e Philo&#x017F;ophie i&#x017F;t es, welche un&#x017F;ere<lb/>
Schrift&#x017F;teller noch zu Originalen, wenig&#x017F;tens in<lb/>
einzelnen Theilen ihrer Werke, machen kann.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">L 4</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0173] der aͤlteſten und neuern Schriftſteller. dieſe Hochachtung noch hoͤher zu treiben. Nach und nach iſt dieſes Studium durch die Menge der ſchon vorhandenen Huͤlfsmittel weniger ſchwer, und nach eben dem Maaße weniger eifrig gewor- den. Der Mann von Genie hat auch bey der Leſung der Alten doch noch einige Muße uͤbrig be- halten, an ſeinen eignen Ideen zu arbeiten. — Die Philoſophie hat endlich ihr Licht auch an dieſe Gegenſtaͤnde gebracht. Sie hat uns die Regeln, die ihren Grund in dem Beſtaͤndigen der menſch- lichen Natur haben, von denen unterſcheiden ge- lehrt, die aus dem veraͤnderlichen Zuſtande der- ſelben fließen. Alles das zuſammengenommen hat zwar nicht unſrer Litteratur die Grundzuͤge nehmen koͤnnen, die von der alten griechiſchen und roͤmiſchen in ihr liegen: aber es hat doch wenigſtens die Geſtalten und Farben derſelben geaͤndert. Eben dieſe Philoſophie iſt es, welche unſere Schriftſteller noch zu Originalen, wenigſtens in einzelnen Theilen ihrer Werke, machen kann. L 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/173
Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/173>, abgerufen am 21.11.2024.