Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.dessen Schriften und Charakter. ten,) alle übrigen werden ohne Vergleich schlech-ter seyn. Ueberdieß wird es an der Verbindung und dem gehörigen Verhältnisse der Theile fehlen; und eben in dieser gleichen Ausarbeitung aller Stücke und in der richtigen Zusammenfügung derselben liegt das Geschmackvolle. Man kann also wohl sagen, daß vielleicht kein deutscher Schriftsteller diese Eigenschaft so sehr seinen Wer- ken mitgetheilt habe, als Gellert. Wenn seine Werke nicht alle von gleicher Vortrefflichkeit sind, so ist doch das Unanständige, Unschickliche in keinem. Diesen so von Natur gleichsam gemäßigten deſſen Schriften und Charakter. ten,) alle uͤbrigen werden ohne Vergleich ſchlech-ter ſeyn. Ueberdieß wird es an der Verbindung und dem gehoͤrigen Verhaͤltniſſe der Theile fehlen; und eben in dieſer gleichen Ausarbeitung aller Stuͤcke und in der richtigen Zuſammenfuͤgung derſelben liegt das Geſchmackvolle. Man kann alſo wohl ſagen, daß vielleicht kein deutſcher Schriftſteller dieſe Eigenſchaft ſo ſehr ſeinen Wer- ken mitgetheilt habe, als Gellert. Wenn ſeine Werke nicht alle von gleicher Vortrefflichkeit ſind, ſo iſt doch das Unanſtaͤndige, Unſchickliche in keinem. Dieſen ſo von Natur gleichſam gemaͤßigten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0213" n="207"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">deſſen Schriften und Charakter.</hi></fw><lb/> ten,) alle uͤbrigen werden ohne Vergleich ſchlech-<lb/> ter ſeyn. Ueberdieß wird es an der Verbindung<lb/> und dem gehoͤrigen Verhaͤltniſſe der Theile fehlen;<lb/> und eben in dieſer gleichen Ausarbeitung aller<lb/> Stuͤcke und in der richtigen Zuſammenfuͤgung<lb/> derſelben liegt das Geſchmackvolle. Man kann<lb/> alſo wohl ſagen, daß vielleicht kein deutſcher<lb/> Schriftſteller dieſe Eigenſchaft ſo ſehr ſeinen Wer-<lb/> ken mitgetheilt habe, als Gellert. Wenn ſeine<lb/> Werke nicht alle von gleicher Vortrefflichkeit ſind,<lb/> ſo iſt doch das Unanſtaͤndige, Unſchickliche in<lb/> keinem.</p><lb/> <p>Dieſen ſo von Natur gleichſam gemaͤßigten<lb/> Geiſt findet man gewiß auch in ſeiner Moral wie-<lb/> der. Die Grundſaͤtze der Pflichten ſind alle da,<lb/> ſind bis auf einen gewiſſen Grad entwickelt, aber<lb/> ſie ſind nur ſo weit verfolgt, als ſie ohne Muͤhe<lb/> erklaͤrt und verſtanden, nnd ohne Streitigkeiten<lb/> feſtgeſetzt werden koͤnnen. Allenthalben findet<lb/> man in den Abhandlungen der einzelnen Pflich-<lb/> ten, daß der Verfaſſer ein Mann iſt, der die Tu-<lb/> gend kennt, weil er ſie ausuͤbt; daß er ſich ſelbſt<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [207/0213]
deſſen Schriften und Charakter.
ten,) alle uͤbrigen werden ohne Vergleich ſchlech-
ter ſeyn. Ueberdieß wird es an der Verbindung
und dem gehoͤrigen Verhaͤltniſſe der Theile fehlen;
und eben in dieſer gleichen Ausarbeitung aller
Stuͤcke und in der richtigen Zuſammenfuͤgung
derſelben liegt das Geſchmackvolle. Man kann
alſo wohl ſagen, daß vielleicht kein deutſcher
Schriftſteller dieſe Eigenſchaft ſo ſehr ſeinen Wer-
ken mitgetheilt habe, als Gellert. Wenn ſeine
Werke nicht alle von gleicher Vortrefflichkeit ſind,
ſo iſt doch das Unanſtaͤndige, Unſchickliche in
keinem.
Dieſen ſo von Natur gleichſam gemaͤßigten
Geiſt findet man gewiß auch in ſeiner Moral wie-
der. Die Grundſaͤtze der Pflichten ſind alle da,
ſind bis auf einen gewiſſen Grad entwickelt, aber
ſie ſind nur ſo weit verfolgt, als ſie ohne Muͤhe
erklaͤrt und verſtanden, nnd ohne Streitigkeiten
feſtgeſetzt werden koͤnnen. Allenthalben findet
man in den Abhandlungen der einzelnen Pflich-
ten, daß der Verfaſſer ein Mann iſt, der die Tu-
gend kennt, weil er ſie ausuͤbt; daß er ſich ſelbſt
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