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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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über das Interessirende.
und was folgen wird, ohne weiter an einen Ge-
brauch zu denken: so werden wir alsdann zwar
auch noch höchst aufmerksam seyn, vielleicht auf-
merksamer als zuvor, aber wir werden uns kei-
ner Bemühung mehr bewußt seyn, unsere Auf-
merksamkeit zu erhalten; die Kraft, die der na-
türlichen Beweglichkeit der Seele Einhalt thut,
wird nicht mehr unser Entschluß, sondern der Ein-
druck der Gegenstände seyn. Das Buch, sagen
wir alsdann, fängt an uns zu interessiren. --
Noch ein anderer Umstand unterscheidet diese bei-
den Arten der Aufmerksamkeit; und gerade ist der
eine Umstand das, was man sich bey dem Worte
Interessiren denkt. Nämlich, wenn ich bloß durch
meinen Vorsatz in einer bestimmten Reihe der
Dinge mit meinen Gedanken bleibe: so stehe ich
in jedem Augenblicke nur bey dem Gliede der Reihe
still, das jezt gegenwärtig ist, und bekümmere
mich um die künftigen nicht; ich schließe die Reihe,
sobald mein Vorsatz erreicht, oder die Zeit der Ar-
beit geendigt ist, ohne mich im geringsten wegen
dessen, was folgen wird, zu beunruhigen. Wenn

R

uͤber das Intereſſirende.
und was folgen wird, ohne weiter an einen Ge-
brauch zu denken: ſo werden wir alsdann zwar
auch noch hoͤchſt aufmerkſam ſeyn, vielleicht auf-
merkſamer als zuvor, aber wir werden uns kei-
ner Bemuͤhung mehr bewußt ſeyn, unſere Auf-
merkſamkeit zu erhalten; die Kraft, die der na-
tuͤrlichen Beweglichkeit der Seele Einhalt thut,
wird nicht mehr unſer Entſchluß, ſondern der Ein-
druck der Gegenſtaͤnde ſeyn. Das Buch, ſagen
wir alsdann, faͤngt an uns zu intereſſiren. —
Noch ein anderer Umſtand unterſcheidet dieſe bei-
den Arten der Aufmerkſamkeit; und gerade iſt der
eine Umſtand das, was man ſich bey dem Worte
Intereſſiren denkt. Naͤmlich, wenn ich bloß durch
meinen Vorſatz in einer beſtimmten Reihe der
Dinge mit meinen Gedanken bleibe: ſo ſtehe ich
in jedem Augenblicke nur bey dem Gliede der Reihe
ſtill, das jezt gegenwaͤrtig iſt, und bekuͤmmere
mich um die kuͤnftigen nicht; ich ſchließe die Reihe,
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beit geendigt iſt, ohne mich im geringſten wegen
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[257/0263] uͤber das Intereſſirende. und was folgen wird, ohne weiter an einen Ge- brauch zu denken: ſo werden wir alsdann zwar auch noch hoͤchſt aufmerkſam ſeyn, vielleicht auf- merkſamer als zuvor, aber wir werden uns kei- ner Bemuͤhung mehr bewußt ſeyn, unſere Auf- merkſamkeit zu erhalten; die Kraft, die der na- tuͤrlichen Beweglichkeit der Seele Einhalt thut, wird nicht mehr unſer Entſchluß, ſondern der Ein- druck der Gegenſtaͤnde ſeyn. Das Buch, ſagen wir alsdann, faͤngt an uns zu intereſſiren. — Noch ein anderer Umſtand unterſcheidet dieſe bei- den Arten der Aufmerkſamkeit; und gerade iſt der eine Umſtand das, was man ſich bey dem Worte Intereſſiren denkt. Naͤmlich, wenn ich bloß durch meinen Vorſatz in einer beſtimmten Reihe der Dinge mit meinen Gedanken bleibe: ſo ſtehe ich in jedem Augenblicke nur bey dem Gliede der Reihe ſtill, das jezt gegenwaͤrtig iſt, und bekuͤmmere mich um die kuͤnftigen nicht; ich ſchließe die Reihe, ſobald mein Vorſatz erreicht, oder die Zeit der Ar- beit geendigt iſt, ohne mich im geringſten wegen deſſen, was folgen wird, zu beunruhigen. Wenn R

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/263>, abgerufen am 11.05.2024.