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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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über das Interessirende.
ner edlen Sprache, über wichtige Vorfälle des Le-
bens reden zu hören; das können wir in allen
Auftritten und ohne Unterbrechung genießen.
Elend oder Glückseligkeit sehe ich nur am Ende
des Stücks, aber denkende und handelnde Men-
schen sehe ich durch das Ganze. Ist nun der Dich-
ter um weiter nichts bekümmert gewesen, als bloß
diesen Fall seines Helden recht schrecklich zu ma-
chen, so wird auf viele lange Weile endlich ein er-
götzender Augenblick folgen, der noch dazu durch
den vorhergehenden Verdruß die Hälfte seiner
Kraft schon verloren hat. Hat aber der Dichter
durch das ganze Stück Nahrung für meinen Geist
ausgestreuet, läßt er seine Personen so reden, daß
sie mich mannichfaltige und wichtige Sachen leh-
ren, mich an vieles eriunern, viele dunkle Be-
merkungen deutlich, viele Wahrheiten, die ich ab-
strakt erkannte, anschauend machen: dann wird
er mich bey den unerheblichen wie bey den wich-
tigen Vorfällen, am Anfange wie bey der Kata-
strophe seines Stückes, ergötzen; die erwartende
Begierde nach dem Zukünftigen wird durch das

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uͤber das Intereſſirende.
ner edlen Sprache, uͤber wichtige Vorfaͤlle des Le-
bens reden zu hoͤren; das koͤnnen wir in allen
Auftritten und ohne Unterbrechung genießen.
Elend oder Gluͤckſeligkeit ſehe ich nur am Ende
des Stuͤcks, aber denkende und handelnde Men-
ſchen ſehe ich durch das Ganze. Iſt nun der Dich-
ter um weiter nichts bekuͤmmert geweſen, als bloß
dieſen Fall ſeines Helden recht ſchrecklich zu ma-
chen, ſo wird auf viele lange Weile endlich ein er-
goͤtzender Augenblick folgen, der noch dazu durch
den vorhergehenden Verdruß die Haͤlfte ſeiner
Kraft ſchon verloren hat. Hat aber der Dichter
durch das ganze Stuͤck Nahrung fuͤr meinen Geiſt
ausgeſtreuet, laͤßt er ſeine Perſonen ſo reden, daß
ſie mich mannichfaltige und wichtige Sachen leh-
ren, mich an vieles eriunern, viele dunkle Be-
merkungen deutlich, viele Wahrheiten, die ich ab-
ſtrakt erkannte, anſchauend machen: dann wird
er mich bey den unerheblichen wie bey den wich-
tigen Vorfaͤllen, am Anfange wie bey der Kata-
ſtrophe ſeines Stuͤckes, ergoͤtzen; die erwartende
Begierde nach dem Zukuͤnftigen wird durch das

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[265/0271] uͤber das Intereſſirende. ner edlen Sprache, uͤber wichtige Vorfaͤlle des Le- bens reden zu hoͤren; das koͤnnen wir in allen Auftritten und ohne Unterbrechung genießen. Elend oder Gluͤckſeligkeit ſehe ich nur am Ende des Stuͤcks, aber denkende und handelnde Men- ſchen ſehe ich durch das Ganze. Iſt nun der Dich- ter um weiter nichts bekuͤmmert geweſen, als bloß dieſen Fall ſeines Helden recht ſchrecklich zu ma- chen, ſo wird auf viele lange Weile endlich ein er- goͤtzender Augenblick folgen, der noch dazu durch den vorhergehenden Verdruß die Haͤlfte ſeiner Kraft ſchon verloren hat. Hat aber der Dichter durch das ganze Stuͤck Nahrung fuͤr meinen Geiſt ausgeſtreuet, laͤßt er ſeine Perſonen ſo reden, daß ſie mich mannichfaltige und wichtige Sachen leh- ren, mich an vieles eriunern, viele dunkle Be- merkungen deutlich, viele Wahrheiten, die ich ab- ſtrakt erkannte, anſchauend machen: dann wird er mich bey den unerheblichen wie bey den wich- tigen Vorfaͤllen, am Anfange wie bey der Kata- ſtrophe ſeines Stuͤckes, ergoͤtzen; die erwartende Begierde nach dem Zukuͤnftigen wird durch das R 5

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/271>, abgerufen am 24.11.2024.