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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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Ueber die Prüfung
nicht sowohl darinnen, in dem andern eben die
Eindrücke hervorzubringen, die wir selbst haben,
sondern nur die Eindrücke wieder zu erwecken,
die durch eben die Gegenstände bey ihm hervor-
gebracht werden. Unsre sinnlichen Begriffe sind
lauter Verhältnisse. Das Absolute in denselben
könnte sich völlig ändern, und alle unsre Aus-
drücke würden noch können dieselben bleiben, wenn
nur die Aenderung durchgängig und auf eine
gleichförmige Art geschähe. Um also zu wissen,
wie empfindet ein anderer, müssen wir untersu-
chen, was fängt die Seele mit ihren Empfindun-
gen an? und der Gebrauch, den jemand von den
Bildern macht, die in seiner Seele gesammlet
sind, zeigt am ersten, wie diese Bilder beschaffen
sind. Man wird dieses nirgend so gewahr, wie
bey den nachahmenden Künstlern. Würde man
wohl aus der besten Beschreibung eines Malers
schließen, daß er was anders und besser sieht,
als wie andere? Sobald er durch Worte mitthei-
len soll, so schränkt sich seine Empfindung bloß auf
das Allgemeine ein, was allen sehenden Menschen

Ueber die Pruͤfung
nicht ſowohl darinnen, in dem andern eben die
Eindruͤcke hervorzubringen, die wir ſelbſt haben,
ſondern nur die Eindruͤcke wieder zu erwecken,
die durch eben die Gegenſtaͤnde bey ihm hervor-
gebracht werden. Unſre ſinnlichen Begriffe ſind
lauter Verhaͤltniſſe. Das Abſolute in denſelben
koͤnnte ſich voͤllig aͤndern, und alle unſre Aus-
druͤcke wuͤrden noch koͤnnen dieſelben bleiben, wenn
nur die Aenderung durchgaͤngig und auf eine
gleichfoͤrmige Art geſchaͤhe. Um alſo zu wiſſen,
wie empfindet ein anderer, muͤſſen wir unterſu-
chen, was faͤngt die Seele mit ihren Empfindun-
gen an? und der Gebrauch, den jemand von den
Bildern macht, die in ſeiner Seele geſammlet
ſind, zeigt am erſten, wie dieſe Bilder beſchaffen
ſind. Man wird dieſes nirgend ſo gewahr, wie
bey den nachahmenden Kuͤnſtlern. Wuͤrde man
wohl aus der beſten Beſchreibung eines Malers
ſchließen, daß er was anders und beſſer ſieht,
als wie andere? Sobald er durch Worte mitthei-
len ſoll, ſo ſchraͤnkt ſich ſeine Empfindung bloß auf
das Allgemeine ein, was allen ſehenden Menſchen

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[26/0032] Ueber die Pruͤfung nicht ſowohl darinnen, in dem andern eben die Eindruͤcke hervorzubringen, die wir ſelbſt haben, ſondern nur die Eindruͤcke wieder zu erwecken, die durch eben die Gegenſtaͤnde bey ihm hervor- gebracht werden. Unſre ſinnlichen Begriffe ſind lauter Verhaͤltniſſe. Das Abſolute in denſelben koͤnnte ſich voͤllig aͤndern, und alle unſre Aus- druͤcke wuͤrden noch koͤnnen dieſelben bleiben, wenn nur die Aenderung durchgaͤngig und auf eine gleichfoͤrmige Art geſchaͤhe. Um alſo zu wiſſen, wie empfindet ein anderer, muͤſſen wir unterſu- chen, was faͤngt die Seele mit ihren Empfindun- gen an? und der Gebrauch, den jemand von den Bildern macht, die in ſeiner Seele geſammlet ſind, zeigt am erſten, wie dieſe Bilder beſchaffen ſind. Man wird dieſes nirgend ſo gewahr, wie bey den nachahmenden Kuͤnſtlern. Wuͤrde man wohl aus der beſten Beſchreibung eines Malers ſchließen, daß er was anders und beſſer ſieht, als wie andere? Sobald er durch Worte mitthei- len ſoll, ſo ſchraͤnkt ſich ſeine Empfindung bloß auf das Allgemeine ein, was allen ſehenden Menſchen

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/32>, abgerufen am 23.11.2024.