Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
Ueber die Prüfung

Ueberdieß ist es nicht der bloße Eindruck der
Sache, sondern es ist die Idee, die aus die-
sem Eindrucke herausgezogen wird, die den
Stoff zu den folgenden Wirkungen der Seele
giebt.

Also ist die Beurtheilung der Empfindungen
etwas anders, als die bloße Beurtheilung des Se-
hens und Hörens; also kann diese Beurtheilung
nicht unmittelbar durch die Beobachtung dessen,
was das Kind oder der Mensch von seinen Em-
pfindungen sagen kann, geschehen; also ist kein
ander Mittel, zu irgend einer Kenntniß derselben
zu kommen, als die Wirkungen und Folgen der
Empfindungen kennen zu lernen.

II. Die zweyte Handlung der Seele, die auf
die Empfindungen zunächst folgt, ist die Wieder-
hervorbringung derselben, entweder in eben der
Form und Ordnung, in der wir sie gehabt haben,
das ist das Gedächtniß; oder getrennt und zu-
sammengesezt, die Einbildungskraft. Beides
ist in gewisser Maaße eine unmittelbare Folge der

Ueber die Pruͤfung

Ueberdieß iſt es nicht der bloße Eindruck der
Sache, ſondern es iſt die Idee, die aus die-
ſem Eindrucke herausgezogen wird, die den
Stoff zu den folgenden Wirkungen der Seele
giebt.

Alſo iſt die Beurtheilung der Empfindungen
etwas anders, als die bloße Beurtheilung des Se-
hens und Hoͤrens; alſo kann dieſe Beurtheilung
nicht unmittelbar durch die Beobachtung deſſen,
was das Kind oder der Menſch von ſeinen Em-
pfindungen ſagen kann, geſchehen; alſo iſt kein
ander Mittel, zu irgend einer Kenntniß derſelben
zu kommen, als die Wirkungen und Folgen der
Empfindungen kennen zu lernen.

II. Die zweyte Handlung der Seele, die auf
die Empfindungen zunaͤchſt folgt, iſt die Wieder-
hervorbringung derſelben, entweder in eben der
Form und Ordnung, in der wir ſie gehabt haben,
das iſt das Gedaͤchtniß; oder getrennt und zu-
ſammengeſezt, die Einbildungskraft. Beides
iſt in gewiſſer Maaße eine unmittelbare Folge der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0034" n="28"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ueber die Pru&#x0364;fung</hi> </fw><lb/>
        <p>Ueberdieß i&#x017F;t es nicht der bloße Eindruck der<lb/>
Sache, &#x017F;ondern es i&#x017F;t die Idee, die aus die-<lb/>
&#x017F;em Eindrucke herausgezogen wird, die den<lb/>
Stoff zu den folgenden Wirkungen der Seele<lb/>
giebt.</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o i&#x017F;t die Beurtheilung der Empfindungen<lb/>
etwas anders, als die bloße Beurtheilung des Se-<lb/>
hens und Ho&#x0364;rens; al&#x017F;o kann die&#x017F;e Beurtheilung<lb/>
nicht unmittelbar durch die Beobachtung de&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
was das Kind oder der Men&#x017F;ch von &#x017F;einen Em-<lb/>
pfindungen &#x017F;agen kann, ge&#x017F;chehen; al&#x017F;o i&#x017F;t kein<lb/>
ander Mittel, zu irgend einer Kenntniß der&#x017F;elben<lb/>
zu kommen, als die Wirkungen und Folgen der<lb/>
Empfindungen kennen zu lernen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">II.</hi> Die zweyte Handlung der Seele, die auf<lb/>
die Empfindungen zuna&#x0364;ch&#x017F;t folgt, i&#x017F;t die Wieder-<lb/>
hervorbringung der&#x017F;elben, entweder in eben der<lb/>
Form und Ordnung, in der wir &#x017F;ie gehabt haben,<lb/>
das i&#x017F;t das Geda&#x0364;chtniß; oder getrennt und zu-<lb/>
&#x017F;ammenge&#x017F;ezt, die <hi rendition="#fr">Einbildungskraft</hi>. Beides<lb/>
i&#x017F;t in gewi&#x017F;&#x017F;er Maaße eine unmittelbare Folge der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0034] Ueber die Pruͤfung Ueberdieß iſt es nicht der bloße Eindruck der Sache, ſondern es iſt die Idee, die aus die- ſem Eindrucke herausgezogen wird, die den Stoff zu den folgenden Wirkungen der Seele giebt. Alſo iſt die Beurtheilung der Empfindungen etwas anders, als die bloße Beurtheilung des Se- hens und Hoͤrens; alſo kann dieſe Beurtheilung nicht unmittelbar durch die Beobachtung deſſen, was das Kind oder der Menſch von ſeinen Em- pfindungen ſagen kann, geſchehen; alſo iſt kein ander Mittel, zu irgend einer Kenntniß derſelben zu kommen, als die Wirkungen und Folgen der Empfindungen kennen zu lernen. II. Die zweyte Handlung der Seele, die auf die Empfindungen zunaͤchſt folgt, iſt die Wieder- hervorbringung derſelben, entweder in eben der Form und Ordnung, in der wir ſie gehabt haben, das iſt das Gedaͤchtniß; oder getrennt und zu- ſammengeſezt, die Einbildungskraft. Beides iſt in gewiſſer Maaße eine unmittelbare Folge der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/34
Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/34>, abgerufen am 03.12.2024.