Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Einige Gedanken men: 1) Welches sind die Leidenschaften, an wel-chen wir in der poetischen Schilderung am mei- sten Theil nehmen? Diese Frage ist in dem zwey- ten Stücke der alten Abhandlung beantwortet. 2) Auf welche Art müssen sie geschildert werden, wenn sie interessiren sollen? 3) Für welche Lei- denschaften ist es am nüzlichsten, die Menschen zu interessiren? Diese beiden Fragen sind noch zu beantworten übrig. Aber die leztere gehöret zur Untersuchung der Natur des Interessirenden gar nicht, und die erste hat größtentheils schon die Beantwortung erhalten, deren sie fähig ist. Denn, indem gesagt worden: daß die Lei- Einige Gedanken men: 1) Welches ſind die Leidenſchaften, an wel-chen wir in der poetiſchen Schilderung am mei- ſten Theil nehmen? Dieſe Frage iſt in dem zwey- ten Stuͤcke der alten Abhandlung beantwortet. 2) Auf welche Art muͤſſen ſie geſchildert werden, wenn ſie intereſſiren ſollen? 3) Fuͤr welche Lei- denſchaften iſt es am nuͤzlichſten, die Menſchen zu intereſſiren? Dieſe beiden Fragen ſind noch zu beantworten uͤbrig. Aber die leztere gehoͤret zur Unterſuchung der Natur des Intereſſirenden gar nicht, und die erſte hat groͤßtentheils ſchon die Beantwortung erhalten, deren ſie faͤhig iſt. Denn, indem geſagt worden: daß die Lei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0386" n="380"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Einige Gedanken</hi></fw><lb/> men: 1) Welches ſind die Leidenſchaften, an wel-<lb/> chen wir in der poetiſchen Schilderung am mei-<lb/> ſten Theil nehmen? Dieſe Frage iſt in dem zwey-<lb/> ten Stuͤcke der alten Abhandlung beantwortet.<lb/> 2) Auf welche Art muͤſſen ſie geſchildert werden,<lb/> wenn ſie intereſſiren ſollen? 3) Fuͤr welche Lei-<lb/> denſchaften iſt es am nuͤzlichſten, die Menſchen<lb/> zu intereſſiren? Dieſe beiden Fragen ſind noch<lb/> zu beantworten uͤbrig. Aber die leztere gehoͤret<lb/> zur Unterſuchung der Natur des Intereſſirenden<lb/> gar nicht, und die erſte hat groͤßtentheils ſchon die<lb/> Beantwortung erhalten, deren ſie faͤhig iſt.</p><lb/> <p>Denn, indem geſagt worden: daß die Lei-<lb/> denſchaften des Schmerzes mehr als die Leiden-<lb/> ſchaften des Vergnuͤgens; die aus moraliſchen<lb/> Urſachen entſtehenden mehr als die aus koͤrperli-<lb/> chen; die thaͤtigen mehr als die bloß duldenden;<lb/> die durch Sympathie mehr als die durch eigene<lb/> Eindruͤcke empfundnen intereſſiren: indem geſagt<lb/> worden, daß die Unruhe der Erwartung mehr Ein-<lb/> druck mache, als der Schmerz der Entſcheidung;<lb/> daß die Liebe gegen die Perſon, eine gewiſſe Billi-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [380/0386]
Einige Gedanken
men: 1) Welches ſind die Leidenſchaften, an wel-
chen wir in der poetiſchen Schilderung am mei-
ſten Theil nehmen? Dieſe Frage iſt in dem zwey-
ten Stuͤcke der alten Abhandlung beantwortet.
2) Auf welche Art muͤſſen ſie geſchildert werden,
wenn ſie intereſſiren ſollen? 3) Fuͤr welche Lei-
denſchaften iſt es am nuͤzlichſten, die Menſchen
zu intereſſiren? Dieſe beiden Fragen ſind noch
zu beantworten uͤbrig. Aber die leztere gehoͤret
zur Unterſuchung der Natur des Intereſſirenden
gar nicht, und die erſte hat groͤßtentheils ſchon die
Beantwortung erhalten, deren ſie faͤhig iſt.
Denn, indem geſagt worden: daß die Lei-
denſchaften des Schmerzes mehr als die Leiden-
ſchaften des Vergnuͤgens; die aus moraliſchen
Urſachen entſtehenden mehr als die aus koͤrperli-
chen; die thaͤtigen mehr als die bloß duldenden;
die durch Sympathie mehr als die durch eigene
Eindruͤcke empfundnen intereſſiren: indem geſagt
worden, daß die Unruhe der Erwartung mehr Ein-
druck mache, als der Schmerz der Entſcheidung;
daß die Liebe gegen die Perſon, eine gewiſſe Billi-
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