merksam gemacht worden, der fand, wenn er näher mit ihr bekannt ward, Schriftsteller und Künstler, die Hochachtung und Bewunderung verdienten. Die Veränderung war so plözlich, so groß, daß sie nothwendig so wohl die Fran- zosen selbst, als auch ihre Nachbarn in eine Art von Betäubung setzen mußte, in welcher beide nicht wußten, was sie von sich und was sie von den andern zu halten hätten. Jene glaubten getrost, daß sie die erste Nation auf der Welt wären, und in der That hatten sie einigen An- spruch auf diesen Namen.
Die deutsche Nation war damals noch ein so zusammengeseztes, ungleichartiges Ganze, daß das Urtheil über jene sehr verschieden ausfiel. Alle, die durch ihren Rang oder ihre Theilneh- mung an den öffentlichen Staatsgeschäften den Glanz dieses erobernden und witzigen Volks mehr in die Nähe sahen, und ihn mit der traurigen Dunkelheit ihrer eigenen Nation verglichen, wel- che nichts als Schulgelehrte aufweisen konnte; die alle beeiferten sich, an diesem Glanze Theil
Ueber den Einfluß einiger
merkſam gemacht worden, der fand, wenn er naͤher mit ihr bekannt ward, Schriftſteller und Kuͤnſtler, die Hochachtung und Bewunderung verdienten. Die Veraͤnderung war ſo ploͤzlich, ſo groß, daß ſie nothwendig ſo wohl die Fran- zoſen ſelbſt, als auch ihre Nachbarn in eine Art von Betaͤubung ſetzen mußte, in welcher beide nicht wußten, was ſie von ſich und was ſie von den andern zu halten haͤtten. Jene glaubten getroſt, daß ſie die erſte Nation auf der Welt waͤren, und in der That hatten ſie einigen An- ſpruch auf dieſen Namen.
Die deutſche Nation war damals noch ein ſo zuſammengeſeztes, ungleichartiges Ganze, daß das Urtheil uͤber jene ſehr verſchieden ausfiel. Alle, die durch ihren Rang oder ihre Theilneh- mung an den oͤffentlichen Staatsgeſchaͤften den Glanz dieſes erobernden und witzigen Volks mehr in die Naͤhe ſahen, und ihn mit der traurigen Dunkelheit ihrer eigenen Nation verglichen, wel- che nichts als Schulgelehrte aufweiſen konnte; die alle beeiferten ſich, an dieſem Glanze Theil
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0452"n="446"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Ueber den Einfluß einiger</hi></fw><lb/>
merkſam gemacht worden, der fand, wenn er<lb/>
naͤher mit ihr bekannt ward, Schriftſteller und<lb/>
Kuͤnſtler, die Hochachtung und Bewunderung<lb/>
verdienten. Die Veraͤnderung war ſo ploͤzlich,<lb/>ſo groß, daß ſie nothwendig ſo wohl die Fran-<lb/>
zoſen ſelbſt, als auch ihre Nachbarn in eine Art<lb/>
von Betaͤubung ſetzen mußte, in welcher beide<lb/>
nicht wußten, was ſie von ſich und was ſie von<lb/>
den andern zu halten haͤtten. Jene glaubten<lb/>
getroſt, daß ſie die erſte Nation auf der Welt<lb/>
waͤren, und in der That hatten ſie einigen An-<lb/>ſpruch auf dieſen Namen.</p><lb/><p>Die deutſche Nation war damals noch ein<lb/>ſo zuſammengeſeztes, ungleichartiges Ganze, daß<lb/>
das Urtheil uͤber jene ſehr verſchieden ausfiel.<lb/>
Alle, die durch ihren Rang oder ihre Theilneh-<lb/>
mung an den oͤffentlichen Staatsgeſchaͤften den<lb/>
Glanz dieſes erobernden und witzigen Volks mehr<lb/>
in die Naͤhe ſahen, und ihn mit der traurigen<lb/>
Dunkelheit ihrer eigenen Nation verglichen, wel-<lb/>
che nichts als Schulgelehrte aufweiſen konnte;<lb/>
die alle beeiferten ſich, an dieſem Glanze Theil<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[446/0452]
Ueber den Einfluß einiger
merkſam gemacht worden, der fand, wenn er
naͤher mit ihr bekannt ward, Schriftſteller und
Kuͤnſtler, die Hochachtung und Bewunderung
verdienten. Die Veraͤnderung war ſo ploͤzlich,
ſo groß, daß ſie nothwendig ſo wohl die Fran-
zoſen ſelbſt, als auch ihre Nachbarn in eine Art
von Betaͤubung ſetzen mußte, in welcher beide
nicht wußten, was ſie von ſich und was ſie von
den andern zu halten haͤtten. Jene glaubten
getroſt, daß ſie die erſte Nation auf der Welt
waͤren, und in der That hatten ſie einigen An-
ſpruch auf dieſen Namen.
Die deutſche Nation war damals noch ein
ſo zuſammengeſeztes, ungleichartiges Ganze, daß
das Urtheil uͤber jene ſehr verſchieden ausfiel.
Alle, die durch ihren Rang oder ihre Theilneh-
mung an den oͤffentlichen Staatsgeſchaͤften den
Glanz dieſes erobernden und witzigen Volks mehr
in die Naͤhe ſahen, und ihn mit der traurigen
Dunkelheit ihrer eigenen Nation verglichen, wel-
che nichts als Schulgelehrte aufweiſen konnte;
die alle beeiferten ſich, an dieſem Glanze Theil
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/452>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.