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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.

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Umstände auf die Bildung etc.
mußte noch selbst unbestimmte Wörter bestimmen,
oder wenn er für seine Ideen gar keines hatte,
bald durch Zusammensetzung und Abänderung
neue finden, bald sich dadurch helfen, daß er
fremde entlehnte; mußte noch selbst neue Verbin-
dungen, neue Wendungen wagen, wo die Spra-
che zu ungelenk war: kurz, er mußte sich seinen
Styl noch erschaffen. -- Doch war das nach-
folgende Jahrhundert in aller Absicht weit dunk-
ler und barbarischer, als das, worinn Luther
lebte. Man vergaß sein Bischen ächtes altes
Latein über den Zänkereyen, zu welchen sich eine
verderbte, mit spitzfündigen Begriffen überladene
Latinität am besten schickte; und deutsch lernte
man auch nicht. Mit einem Worte: man hatte
eigentlich gar keine Sprache.

In dieser Zwischenzeit, am Ende des vori-
gen Jahrhunderts, machten unsre westlichen
Nachbarn, die Franzosen, auf einmal ein ge-
waltiges Aufsehen. Sie eroberten und schrie-
ben: und wer durch die Pracht des Königs und
den Muth der Truppen auf die Nation war auf-

Umſtaͤnde auf die Bildung ꝛc.
mußte noch ſelbſt unbeſtimmte Woͤrter beſtimmen,
oder wenn er fuͤr ſeine Ideen gar keines hatte,
bald durch Zuſammenſetzung und Abaͤnderung
neue finden, bald ſich dadurch helfen, daß er
fremde entlehnte; mußte noch ſelbſt neue Verbin-
dungen, neue Wendungen wagen, wo die Spra-
che zu ungelenk war: kurz, er mußte ſich ſeinen
Styl noch erſchaffen. — Doch war das nach-
folgende Jahrhundert in aller Abſicht weit dunk-
ler und barbariſcher, als das, worinn Luther
lebte. Man vergaß ſein Bischen aͤchtes altes
Latein uͤber den Zaͤnkereyen, zu welchen ſich eine
verderbte, mit ſpitzfuͤndigen Begriffen uͤberladene
Latinitaͤt am beſten ſchickte; und deutſch lernte
man auch nicht. Mit einem Worte: man hatte
eigentlich gar keine Sprache.

In dieſer Zwiſchenzeit, am Ende des vori-
gen Jahrhunderts, machten unſre weſtlichen
Nachbarn, die Franzoſen, auf einmal ein ge-
waltiges Aufſehen. Sie eroberten und ſchrie-
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[445/0451] Umſtaͤnde auf die Bildung ꝛc. mußte noch ſelbſt unbeſtimmte Woͤrter beſtimmen, oder wenn er fuͤr ſeine Ideen gar keines hatte, bald durch Zuſammenſetzung und Abaͤnderung neue finden, bald ſich dadurch helfen, daß er fremde entlehnte; mußte noch ſelbſt neue Verbin- dungen, neue Wendungen wagen, wo die Spra- che zu ungelenk war: kurz, er mußte ſich ſeinen Styl noch erſchaffen. — Doch war das nach- folgende Jahrhundert in aller Abſicht weit dunk- ler und barbariſcher, als das, worinn Luther lebte. Man vergaß ſein Bischen aͤchtes altes Latein uͤber den Zaͤnkereyen, zu welchen ſich eine verderbte, mit ſpitzfuͤndigen Begriffen uͤberladene Latinitaͤt am beſten ſchickte; und deutſch lernte man auch nicht. Mit einem Worte: man hatte eigentlich gar keine Sprache. In dieſer Zwiſchenzeit, am Ende des vori- gen Jahrhunderts, machten unſre weſtlichen Nachbarn, die Franzoſen, auf einmal ein ge- waltiges Aufſehen. Sie eroberten und ſchrie- ben: und wer durch die Pracht des Koͤnigs und den Muth der Truppen auf die Nation war auf-

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Zitationshilfe: Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/451>, abgerufen am 22.11.2024.