Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Ueber den Einfluß einiger und dem Weltmanne in der Mitte stehen. Be-gierde, den Großen zu gefallen und sein Glück zu machen, Theilnehmung an ihrer Arbeit in ge- lehrten Bedienungen, Ehrgeiz, ihres Umganges gewürdiget zu werden, Handel mit den Franzo- sen, die die nützlichen Künste zugleich mit den an- genehmen und schönen zur Vollkommenheit brach- ten: alles das trug zu der allgemeinen Ausbrei- tung dieses fremden Geschmacks bey. Nun dachten endlich auch wir Deutschen daran, daß wir eine Sprache hätten, die sich schreiben ließe; aber da wir hieran nicht eher dachten, als bis wir schon von den Schönheiten einer fremden Sprache gerührt, schon von der Politur fremder Schriftsteller eingenommen waren, so konnte es gar nicht anders seyn, wir mußten ihnen nach- ahmen, auch ohne die Absicht zu haben. Lassen Sie uns doch sehen, meine Herren, wie weit ungefähr diese Nachahmung sich erstreckt hat. Man muß hier die Gestalt unsrer Wissen- Ueber den Einfluß einiger und dem Weltmanne in der Mitte ſtehen. Be-gierde, den Großen zu gefallen und ſein Gluͤck zu machen, Theilnehmung an ihrer Arbeit in ge- lehrten Bedienungen, Ehrgeiz, ihres Umganges gewuͤrdiget zu werden, Handel mit den Franzo- ſen, die die nuͤtzlichen Kuͤnſte zugleich mit den an- genehmen und ſchoͤnen zur Vollkommenheit brach- ten: alles das trug zu der allgemeinen Ausbrei- tung dieſes fremden Geſchmacks bey. Nun dachten endlich auch wir Deutſchen daran, daß wir eine Sprache haͤtten, die ſich ſchreiben ließe; aber da wir hieran nicht eher dachten, als bis wir ſchon von den Schoͤnheiten einer fremden Sprache geruͤhrt, ſchon von der Politur fremder Schriftſteller eingenommen waren, ſo konnte es gar nicht anders ſeyn, wir mußten ihnen nach- ahmen, auch ohne die Abſicht zu haben. Laſſen Sie uns doch ſehen, meine Herren, wie weit ungefaͤhr dieſe Nachahmung ſich erſtreckt hat. Man muß hier die Geſtalt unſrer Wiſſen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0454" n="448"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber den Einfluß einiger</hi></fw><lb/> und dem Weltmanne in der Mitte ſtehen. Be-<lb/> gierde, den Großen zu gefallen und ſein Gluͤck<lb/> zu machen, Theilnehmung an ihrer Arbeit in ge-<lb/> lehrten Bedienungen, Ehrgeiz, ihres Umganges<lb/> gewuͤrdiget zu werden, Handel mit den Franzo-<lb/> ſen, die die nuͤtzlichen Kuͤnſte zugleich mit den an-<lb/> genehmen und ſchoͤnen zur Vollkommenheit brach-<lb/> ten: alles das trug zu der allgemeinen Ausbrei-<lb/> tung dieſes fremden Geſchmacks bey. Nun<lb/> dachten endlich auch wir Deutſchen daran, daß<lb/> wir eine Sprache haͤtten, die ſich ſchreiben ließe;<lb/> aber da wir hieran nicht eher dachten, als bis<lb/> wir ſchon von den Schoͤnheiten einer fremden<lb/> Sprache geruͤhrt, ſchon von der Politur fremder<lb/> Schriftſteller eingenommen waren, ſo konnte es<lb/> gar nicht anders ſeyn, wir mußten ihnen nach-<lb/> ahmen, auch ohne die Abſicht zu haben. Laſſen<lb/> Sie uns doch ſehen, meine Herren, wie weit<lb/> ungefaͤhr dieſe Nachahmung ſich erſtreckt hat.</p><lb/> <p>Man muß hier die Geſtalt unſrer Wiſſen-<lb/> ſchaften und den Charakter unſrer jetzigen<lb/> Schriftſtellerſprache wohl unterſcheiden. In<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [448/0454]
Ueber den Einfluß einiger
und dem Weltmanne in der Mitte ſtehen. Be-
gierde, den Großen zu gefallen und ſein Gluͤck
zu machen, Theilnehmung an ihrer Arbeit in ge-
lehrten Bedienungen, Ehrgeiz, ihres Umganges
gewuͤrdiget zu werden, Handel mit den Franzo-
ſen, die die nuͤtzlichen Kuͤnſte zugleich mit den an-
genehmen und ſchoͤnen zur Vollkommenheit brach-
ten: alles das trug zu der allgemeinen Ausbrei-
tung dieſes fremden Geſchmacks bey. Nun
dachten endlich auch wir Deutſchen daran, daß
wir eine Sprache haͤtten, die ſich ſchreiben ließe;
aber da wir hieran nicht eher dachten, als bis
wir ſchon von den Schoͤnheiten einer fremden
Sprache geruͤhrt, ſchon von der Politur fremder
Schriftſteller eingenommen waren, ſo konnte es
gar nicht anders ſeyn, wir mußten ihnen nach-
ahmen, auch ohne die Abſicht zu haben. Laſſen
Sie uns doch ſehen, meine Herren, wie weit
ungefaͤhr dieſe Nachahmung ſich erſtreckt hat.
Man muß hier die Geſtalt unſrer Wiſſen-
ſchaften und den Charakter unſrer jetzigen
Schriftſtellerſprache wohl unterſcheiden. In
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