Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779.Ueber den Einfluß einiger mancher Begriff gar unter keinem andern Worte,als unter dem fremden darbieten; mancher wird ihm nicht genau und stark genug gesagt scheinen, so bald er nicht mit eben demjenigen Worte ge- sagt wird, womit er zuerst ihn bekommen hat. Oft ist es bloße Einbildung, wenn uns das nicht mehr vollgültig dünkt, was durch den lan- gen Gebrauch unscheinbar geworden, obgleich das Fremde und Neugeprägte in der That von keinem größern innern Gehalte ist. Oft aber ist es wahre Empfindung, und dann ist dessen Ohr nicht so wohl zärtlich, als verzärtelt, der weni- ger ein fremdes Wort, als eine halbgesagte, übel passende Idee dulden kann, weniger von der feinen Richtigkeit in den Gedanken, als von ei- ner pedantischen Reinigkeit der Sprache gerührt wird. Eine Sprache, wenn sie für alle Klassen von Ueber den Einfluß einiger mancher Begriff gar unter keinem andern Worte,als unter dem fremden darbieten; mancher wird ihm nicht genau und ſtark genug geſagt ſcheinen, ſo bald er nicht mit eben demjenigen Worte ge- ſagt wird, womit er zuerſt ihn bekommen hat. Oft iſt es bloße Einbildung, wenn uns das nicht mehr vollguͤltig duͤnkt, was durch den lan- gen Gebrauch unſcheinbar geworden, obgleich das Fremde und Neugepraͤgte in der That von keinem groͤßern innern Gehalte iſt. Oft aber iſt es wahre Empfindung, und dann iſt deſſen Ohr nicht ſo wohl zaͤrtlich, als verzaͤrtelt, der weni- ger ein fremdes Wort, als eine halbgeſagte, uͤbel paſſende Idee dulden kann, weniger von der feinen Richtigkeit in den Gedanken, als von ei- ner pedantiſchen Reinigkeit der Sprache geruͤhrt wird. Eine Sprache, wenn ſie fuͤr alle Klaſſen von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0460" n="454"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Ueber den Einfluß einiger</hi></fw><lb/> mancher Begriff gar unter keinem andern Worte,<lb/> als unter dem fremden darbieten; mancher wird<lb/> ihm nicht genau und ſtark genug geſagt ſcheinen,<lb/> ſo bald er nicht mit eben demjenigen Worte ge-<lb/> ſagt wird, womit er zuerſt ihn bekommen hat.<lb/> Oft iſt es bloße Einbildung, wenn uns das<lb/> nicht mehr vollguͤltig duͤnkt, was durch den lan-<lb/> gen Gebrauch unſcheinbar geworden, obgleich<lb/> das Fremde und Neugepraͤgte in der That von<lb/> keinem groͤßern innern Gehalte iſt. Oft aber iſt<lb/> es wahre Empfindung, und dann iſt deſſen Ohr<lb/> nicht ſo wohl zaͤrtlich, als verzaͤrtelt, der weni-<lb/> ger ein fremdes Wort, als eine halbgeſagte,<lb/> uͤbel paſſende Idee dulden kann, weniger von der<lb/> feinen Richtigkeit in den Gedanken, als von ei-<lb/> ner pedantiſchen Reinigkeit der Sprache geruͤhrt<lb/> wird.</p><lb/> <p>Eine Sprache, wenn ſie fuͤr alle Klaſſen von<lb/> Werken bequem ſeyn ſoll, muß einerley Sache<lb/> auf mehr als einerley Art, nach den verſchiednen<lb/> Gattungen der Materie und den verſchiedenen<lb/> Abſichten des Schriftſtellers, ausdruͤcken koͤnnen.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [454/0460]
Ueber den Einfluß einiger
mancher Begriff gar unter keinem andern Worte,
als unter dem fremden darbieten; mancher wird
ihm nicht genau und ſtark genug geſagt ſcheinen,
ſo bald er nicht mit eben demjenigen Worte ge-
ſagt wird, womit er zuerſt ihn bekommen hat.
Oft iſt es bloße Einbildung, wenn uns das
nicht mehr vollguͤltig duͤnkt, was durch den lan-
gen Gebrauch unſcheinbar geworden, obgleich
das Fremde und Neugepraͤgte in der That von
keinem groͤßern innern Gehalte iſt. Oft aber iſt
es wahre Empfindung, und dann iſt deſſen Ohr
nicht ſo wohl zaͤrtlich, als verzaͤrtelt, der weni-
ger ein fremdes Wort, als eine halbgeſagte,
uͤbel paſſende Idee dulden kann, weniger von der
feinen Richtigkeit in den Gedanken, als von ei-
ner pedantiſchen Reinigkeit der Sprache geruͤhrt
wird.
Eine Sprache, wenn ſie fuͤr alle Klaſſen von
Werken bequem ſeyn ſoll, muß einerley Sache
auf mehr als einerley Art, nach den verſchiednen
Gattungen der Materie und den verſchiedenen
Abſichten des Schriftſtellers, ausdruͤcken koͤnnen.
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