Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Vereinigungspunkt kommen; es ist also nöthig, die weiter von der Axe ab und gegen den Rand zu einfallenden Stralen, welche die Deutlichkeit des Bildes stören würden, durch eine über das Glas gelegte Bedeckung oder Blendung abzuhalten, s. Blendung. Diese Blendung läßt dnrch die in ihr befindliche runde Oefnung nur die Stralen um die Mitte des Glases durchfallen, und es ist die Frage, wie groß diese Apertur seyn dürfe, wenn das Bild die gehörige Deutlichkeit behalten soll.

Man sieht leicht, daß desto mehr Undeutlichkeit vermieden werde, je kleiner die Apertur ist; daß hingegen eine größere Apertur des Objectivglases dem Bilde mehr Helligkeit gebe, weil sie aus jedem Punkte des betrachteten Gegenstandes mehr Lichtstralen einfallen läßt, welche auf der Netzhaut des Auges vereiniget, einen lebhaftern Eindruck machen; daher das Auge jeden Punkt des Gegenstandes stärker empfindet, d. h. ein lebhafteres und helleres Bild siehet, als bey einer geringern Oefnung. Es ist daher ein großer Vorzug der dioptrischen Werkzeuge, wenn sie eine weite Oefnung vertragen, d. i. wenn man auch die in einiger Entfernung von der Axe einfallenden Stralen durchlassen darf, ohne daß dadurch die Abweichungen zu sehr vergrößert, und die Bilder undeutlich werden.

Vor der Erfindung der achromatischen Fernröhre richtete man sich in Absicht auf die Bestimmung der Aperturen nach Huygens Theorie, welche in seiner Dioptrik (in Opusculis posthumis. Lugd. Bat. 1703. 4.) enthalten und im Smith (Lehrbegrif der Optik, nach Kästners Ausgabe, S. 184 ff.) analytisch ausgeführt ist. Huygens setzt dabey die Abweichung wegen der Kugelgestalt beyseit, und betrachtet nur die ohnehin weit größere wegen der Farbenzerstreuung oder verschiedenen Brechbarkeit. Heißt nun die Brennweite des Objectivglases F, der Durchmesser der Apertur desselben b, und die Vrennweite des Augenglases f, so verhält sich die Helligkeit des Bildes wie (bf/F), die von der Farbenzerstreuung herrührende Undeutlichkeit


Vereinigungspunkt kommen; es iſt alſo noͤthig, die weiter von der Axe ab und gegen den Rand zu einfallenden Stralen, welche die Deutlichkeit des Bildes ſtoͤren wuͤrden, durch eine uͤber das Glas gelegte Bedeckung oder Blendung abzuhalten, ſ. Blendung. Dieſe Blendung laͤßt dnrch die in ihr befindliche runde Oefnung nur die Stralen um die Mitte des Glaſes durchfallen, und es iſt die Frage, wie groß dieſe Apertur ſeyn duͤrfe, wenn das Bild die gehoͤrige Deutlichkeit behalten ſoll.

Man ſieht leicht, daß deſto mehr Undeutlichkeit vermieden werde, je kleiner die Apertur iſt; daß hingegen eine groͤßere Apertur des Objectivglaſes dem Bilde mehr Helligkeit gebe, weil ſie aus jedem Punkte des betrachteten Gegenſtandes mehr Lichtſtralen einfallen laͤßt, welche auf der Netzhaut des Auges vereiniget, einen lebhaftern Eindruck machen; daher das Auge jeden Punkt des Gegenſtandes ſtaͤrker empfindet, d. h. ein lebhafteres und helleres Bild ſiehet, als bey einer geringern Oefnung. Es iſt daher ein großer Vorzug der dioptriſchen Werkzeuge, wenn ſie eine weite Oefnung vertragen, d. i. wenn man auch die in einiger Entfernung von der Axe einfallenden Stralen durchlaſſen darf, ohne daß dadurch die Abweichungen zu ſehr vergroͤßert, und die Bilder undeutlich werden.

Vor der Erfindung der achromatiſchen Fernroͤhre richtete man ſich in Abſicht auf die Beſtimmung der Aperturen nach Huygens Theorie, welche in ſeiner Dioptrik (in Opuſculis poſthumis. Lugd. Bat. 1703. 4.) enthalten und im Smith (Lehrbegrif der Optik, nach Kaͤſtners Ausgabe, S. 184 ff.) analytiſch ausgefuͤhrt iſt. Huygens ſetzt dabey die Abweichung wegen der Kugelgeſtalt beyſeit, und betrachtet nur die ohnehin weit groͤßere wegen der Farbenzerſtreuung oder verſchiedenen Brechbarkeit. Heißt nun die Brennweite des Objectivglaſes F, der Durchmeſſer der Apertur deſſelben b, und die Vrennweite des Augenglaſes f, ſo verhaͤlt ſich die Helligkeit des Bildes wie (bf/F), die von der Farbenzerſtreuung herruͤhrende Undeutlichkeit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0121" xml:id="P.1.107" n="107"/><lb/>
Vereinigungspunkt kommen; es i&#x017F;t al&#x017F;o no&#x0364;thig, die weiter von der Axe ab und gegen den Rand zu einfallenden Stralen, welche die Deutlichkeit des Bildes &#x017F;to&#x0364;ren wu&#x0364;rden, durch eine u&#x0364;ber das Glas gelegte Bedeckung oder Blendung abzuhalten, <hi rendition="#b">&#x017F;. Blendung.</hi> Die&#x017F;e Blendung la&#x0364;ßt dnrch die in ihr befindliche runde Oefnung nur die Stralen um die Mitte des Gla&#x017F;es durchfallen, und es i&#x017F;t die Frage, wie groß die&#x017F;e Apertur &#x017F;eyn du&#x0364;rfe, wenn das Bild die geho&#x0364;rige Deutlichkeit behalten &#x017F;oll.</p>
          <p>Man &#x017F;ieht leicht, daß de&#x017F;to mehr <hi rendition="#b">Undeutlichkeit</hi> vermieden werde, je kleiner die Apertur i&#x017F;t; daß hingegen eine gro&#x0364;ßere Apertur des Objectivgla&#x017F;es dem Bilde mehr <hi rendition="#b">Helligkeit</hi> gebe, weil &#x017F;ie aus jedem Punkte des betrachteten Gegen&#x017F;tandes mehr Licht&#x017F;tralen einfallen la&#x0364;ßt, welche auf der Netzhaut des Auges vereiniget, einen lebhaftern Eindruck machen; daher das Auge jeden Punkt des Gegen&#x017F;tandes &#x017F;ta&#x0364;rker empfindet, d. h. ein lebhafteres und helleres Bild &#x017F;iehet, als bey einer geringern Oefnung. Es i&#x017F;t daher ein großer Vorzug der dioptri&#x017F;chen Werkzeuge, wenn &#x017F;ie eine weite Oefnung vertragen, d. i. wenn man auch die in einiger Entfernung von der Axe einfallenden Stralen durchla&#x017F;&#x017F;en darf, ohne daß dadurch die Abweichungen zu &#x017F;ehr vergro&#x0364;ßert, und die Bilder undeutlich werden.</p>
          <p>Vor der Erfindung der achromati&#x017F;chen Fernro&#x0364;hre richtete man &#x017F;ich in Ab&#x017F;icht auf die Be&#x017F;timmung der Aperturen nach <hi rendition="#b">Huygens</hi> Theorie, welche in &#x017F;einer Dioptrik <hi rendition="#aq">(in Opu&#x017F;culis po&#x017F;thumis. Lugd. Bat. 1703. 4.)</hi> enthalten und im <hi rendition="#b">Smith</hi> (Lehrbegrif der Optik, nach <hi rendition="#b">Ka&#x0364;&#x017F;tners</hi> Ausgabe, S. 184 ff.) analyti&#x017F;ch ausgefu&#x0364;hrt i&#x017F;t. <hi rendition="#b">Huygens</hi> &#x017F;etzt dabey die Abweichung wegen der Kugelge&#x017F;talt bey&#x017F;eit, und betrachtet nur die ohnehin weit gro&#x0364;ßere wegen der Farbenzer&#x017F;treuung oder ver&#x017F;chiedenen Brechbarkeit. Heißt nun die Brennweite des Objectivgla&#x017F;es <hi rendition="#aq">F,</hi> der Durchme&#x017F;&#x017F;er der Apertur de&#x017F;&#x017F;elben <hi rendition="#aq">b,</hi> und die Vrennweite des Augengla&#x017F;es <hi rendition="#aq">f,</hi> &#x017F;o verha&#x0364;lt &#x017F;ich die Helligkeit des Bildes wie <hi rendition="#aq">(bf/F),</hi> die von der Farbenzer&#x017F;treuung herru&#x0364;hrende Undeutlichkeit<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0121] Vereinigungspunkt kommen; es iſt alſo noͤthig, die weiter von der Axe ab und gegen den Rand zu einfallenden Stralen, welche die Deutlichkeit des Bildes ſtoͤren wuͤrden, durch eine uͤber das Glas gelegte Bedeckung oder Blendung abzuhalten, ſ. Blendung. Dieſe Blendung laͤßt dnrch die in ihr befindliche runde Oefnung nur die Stralen um die Mitte des Glaſes durchfallen, und es iſt die Frage, wie groß dieſe Apertur ſeyn duͤrfe, wenn das Bild die gehoͤrige Deutlichkeit behalten ſoll. Man ſieht leicht, daß deſto mehr Undeutlichkeit vermieden werde, je kleiner die Apertur iſt; daß hingegen eine groͤßere Apertur des Objectivglaſes dem Bilde mehr Helligkeit gebe, weil ſie aus jedem Punkte des betrachteten Gegenſtandes mehr Lichtſtralen einfallen laͤßt, welche auf der Netzhaut des Auges vereiniget, einen lebhaftern Eindruck machen; daher das Auge jeden Punkt des Gegenſtandes ſtaͤrker empfindet, d. h. ein lebhafteres und helleres Bild ſiehet, als bey einer geringern Oefnung. Es iſt daher ein großer Vorzug der dioptriſchen Werkzeuge, wenn ſie eine weite Oefnung vertragen, d. i. wenn man auch die in einiger Entfernung von der Axe einfallenden Stralen durchlaſſen darf, ohne daß dadurch die Abweichungen zu ſehr vergroͤßert, und die Bilder undeutlich werden. Vor der Erfindung der achromatiſchen Fernroͤhre richtete man ſich in Abſicht auf die Beſtimmung der Aperturen nach Huygens Theorie, welche in ſeiner Dioptrik (in Opuſculis poſthumis. Lugd. Bat. 1703. 4.) enthalten und im Smith (Lehrbegrif der Optik, nach Kaͤſtners Ausgabe, S. 184 ff.) analytiſch ausgefuͤhrt iſt. Huygens ſetzt dabey die Abweichung wegen der Kugelgeſtalt beyſeit, und betrachtet nur die ohnehin weit groͤßere wegen der Farbenzerſtreuung oder verſchiedenen Brechbarkeit. Heißt nun die Brennweite des Objectivglaſes F, der Durchmeſſer der Apertur deſſelben b, und die Vrennweite des Augenglaſes f, ſo verhaͤlt ſich die Helligkeit des Bildes wie (bf/F), die von der Farbenzerſtreuung herruͤhrende Undeutlichkeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/121
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/121>, abgerufen am 04.12.2024.