Dieser große Phyfiolog hat aber nicht daran gedacht, daß bey der Betrachtung entfernter Gegenstände der Stern sich nicht verengert, sondern erweitert, da doch die Erfahrung lehrt, daß auch entfernter Dinge Undeutlichkeit durch eine gewisse uns fühlbare Einrichtung des Auges gehoben wird, wozu also auch andere Hülfsmittel vorhanden seyn müssen. Zinn(Progr. de ligamentis ciliaribus. Gotting. 4.) pflichtet Keplers Meinung bey, daß der Stralenkörper die Lage der Krystallinse ändere; nur geschehe dieses nicht durch muskulöse Fibern, sondern durch den Zufluß mehrerer Säfte in die Gefäße des Stralenkörpers, wodurch derselbe aufschwelle, die gläserne Feuchtigkeit presse und die Krystallinse vordrücke.
Eben so sehr sind die Meinungen über die Ursache der allgemein bekannten Verengerung der Pupille bey starkem Lichte, und ihrer Erweiterung im Dunkeln, getheilt. Diese unwillkührliche Bewegung kan leicht vor dem Spiegel wahrgenommen werden, wenn man das Auge bey starker Erleuchtung abwechselnd mit der Hand deckt und frey läst. Auch ist sie schon von Galen und den Arabern erwähnt worden. Scheiner(Oculus p. 31.) bemerkt auch, daß sich der Stern bey Betrachtung einer nahen Sache, z. B. einer Nadel, verengere, und, wenn sie entfernt wird, wieder öffne. Auch erweitert sich der Stern bey der Blindheit, bey Wahnwitzigen, beym Schlagfluß, Einschläfern durch Opium, Fieberphantasien, überhaupr bey vielen Krankheiten, die das Gehirn betreffen, und im Tode selbst. Man hat zu Erklärung dieser Bewegungen der Iris Muskelfibern angenommen, von welchen die geraden zu Erweiterung, die ringförmigen zu Verengerung der Oeffnung dienen sollten. Dies haben viele große Zergliederer wie Rau, Ruysch, Heister, Winslow, angenommen, denen auch Porterfield beystimmt. Mery, Mdrgagni, Zinn und Haller aber haben wenigstens die ringförmigen nicht finden können. Der letztere fand durch Versuche die Iris nicht reizbar, und da er Reizbarkeit für ein wesentliches Kennzeichen der Muskelfaser hält,
Dieſer große Phyfiolog hat aber nicht daran gedacht, daß bey der Betrachtung entfernter Gegenſtaͤnde der Stern ſich nicht verengert, ſondern erweitert, da doch die Erfahrung lehrt, daß auch entfernter Dinge Undeutlichkeit durch eine gewiſſe uns fuͤhlbare Einrichtung des Auges gehoben wird, wozu alſo auch andere Huͤlfsmittel vorhanden ſeyn muͤſſen. Zinn(Progr. de ligamentis ciliaribus. Gotting. 4.) pflichtet Keplers Meinung bey, daß der Stralenkoͤrper die Lage der Kryſtallinſe aͤndere; nur geſchehe dieſes nicht durch muskuloͤſe Fibern, ſondern durch den Zufluß mehrerer Saͤfte in die Gefaͤße des Stralenkoͤrpers, wodurch derſelbe aufſchwelle, die glaͤſerne Feuchtigkeit preſſe und die Kryſtallinſe vordruͤcke.
Eben ſo ſehr ſind die Meinungen uͤber die Urſache der allgemein bekannten Verengerung der Pupille bey ſtarkem Lichte, und ihrer Erweiterung im Dunkeln, getheilt. Dieſe unwillkuͤhrliche Bewegung kan leicht vor dem Spiegel wahrgenommen werden, wenn man das Auge bey ſtarker Erleuchtung abwechſelnd mit der Hand deckt und frey laͤſt. Auch iſt ſie ſchon von Galen und den Arabern erwaͤhnt worden. Scheiner(Oculus p. 31.) bemerkt auch, daß ſich der Stern bey Betrachtung einer nahen Sache, z. B. einer Nadel, verengere, und, wenn ſie entfernt wird, wieder oͤffne. Auch erweitert ſich der Stern bey der Blindheit, bey Wahnwitzigen, beym Schlagfluß, Einſchlaͤfern durch Opium, Fieberphantaſien, uͤberhaupr bey vielen Krankheiten, die das Gehirn betreffen, und im Tode ſelbſt. Man hat zu Erklaͤrung dieſer Bewegungen der Iris Muskelfibern angenommen, von welchen die geraden zu Erweiterung, die ringfoͤrmigen zu Verengerung der Oeffnung dienen ſollten. Dies haben viele große Zergliederer wie Rau, Ruyſch, Heiſter, Winslow, angenommen, denen auch Porterfield beyſtimmt. Mery, Mdrgagni, Zinn und Haller aber haben wenigſtens die ringfoͤrmigen nicht finden koͤnnen. Der letztere fand durch Verſuche die Iris nicht reizbar, und da er Reizbarkeit fuͤr ein weſentliches Kennzeichen der Muskelfaſer haͤlt,
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Dieſer große Phyfiolog hat aber nicht daran gedacht, daß bey der Betrachtung entfernter Gegenſtaͤnde der Stern ſich nicht verengert, ſondern erweitert, da doch die Erfahrung lehrt, daß auch entfernter Dinge Undeutlichkeit durch eine gewiſſe uns fuͤhlbare Einrichtung des Auges gehoben wird, wozu alſo auch andere Huͤlfsmittel vorhanden ſeyn muͤſſen. <hirendition="#b">Zinn</hi><hirendition="#aq">(Progr. de ligamentis ciliaribus. Gotting. 4.)</hi> pflichtet Keplers Meinung bey, daß der Stralenkoͤrper die Lage der Kryſtallinſe aͤndere; nur geſchehe dieſes nicht durch muskuloͤſe Fibern, ſondern durch den Zufluß mehrerer Saͤfte in die Gefaͤße des Stralenkoͤrpers, wodurch derſelbe aufſchwelle, die glaͤſerne Feuchtigkeit preſſe und die Kryſtallinſe vordruͤcke.</p><p>Eben ſo ſehr ſind die Meinungen uͤber die Urſache der allgemein bekannten Verengerung der Pupille bey ſtarkem Lichte, und ihrer Erweiterung im Dunkeln, getheilt. Dieſe unwillkuͤhrliche Bewegung kan leicht vor dem Spiegel wahrgenommen werden, wenn man das Auge bey ſtarker Erleuchtung abwechſelnd mit der Hand deckt und frey laͤſt. Auch iſt ſie ſchon von <hirendition="#b">Galen</hi> und den Arabern erwaͤhnt worden. <hirendition="#b">Scheiner</hi><hirendition="#aq">(Oculus p. 31.)</hi> bemerkt auch, daß ſich der Stern bey Betrachtung einer nahen Sache, z. B. einer Nadel, verengere, und, wenn ſie entfernt wird, wieder oͤffne. Auch erweitert ſich der Stern bey der Blindheit, bey Wahnwitzigen, beym Schlagfluß, Einſchlaͤfern durch Opium, Fieberphantaſien, uͤberhaupr bey vielen Krankheiten, die das Gehirn betreffen, und im Tode ſelbſt. Man hat zu Erklaͤrung dieſer Bewegungen der Iris Muskelfibern angenommen, von welchen die geraden zu Erweiterung, die ringfoͤrmigen zu Verengerung der Oeffnung dienen ſollten. Dies haben viele große Zergliederer wie <hirendition="#b">Rau, Ruyſch, Heiſter, Winslow,</hi> angenommen, denen auch <hirendition="#b">Porterfield</hi> beyſtimmt. <hirendition="#b">Mery, Mdrgagni, Zinn</hi> und <hirendition="#b">Haller</hi> aber haben wenigſtens die ringfoͤrmigen nicht finden koͤnnen. Der letztere fand durch Verſuche die Iris nicht reizbar, und da er Reizbarkeit fuͤr ein weſentliches Kennzeichen der Muskelfaſer haͤlt,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
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Dieſer große Phyfiolog hat aber nicht daran gedacht, daß bey der Betrachtung entfernter Gegenſtaͤnde der Stern ſich nicht verengert, ſondern erweitert, da doch die Erfahrung lehrt, daß auch entfernter Dinge Undeutlichkeit durch eine gewiſſe uns fuͤhlbare Einrichtung des Auges gehoben wird, wozu alſo auch andere Huͤlfsmittel vorhanden ſeyn muͤſſen. Zinn (Progr. de ligamentis ciliaribus. Gotting. 4.) pflichtet Keplers Meinung bey, daß der Stralenkoͤrper die Lage der Kryſtallinſe aͤndere; nur geſchehe dieſes nicht durch muskuloͤſe Fibern, ſondern durch den Zufluß mehrerer Saͤfte in die Gefaͤße des Stralenkoͤrpers, wodurch derſelbe aufſchwelle, die glaͤſerne Feuchtigkeit preſſe und die Kryſtallinſe vordruͤcke.
Eben ſo ſehr ſind die Meinungen uͤber die Urſache der allgemein bekannten Verengerung der Pupille bey ſtarkem Lichte, und ihrer Erweiterung im Dunkeln, getheilt. Dieſe unwillkuͤhrliche Bewegung kan leicht vor dem Spiegel wahrgenommen werden, wenn man das Auge bey ſtarker Erleuchtung abwechſelnd mit der Hand deckt und frey laͤſt. Auch iſt ſie ſchon von Galen und den Arabern erwaͤhnt worden. Scheiner (Oculus p. 31.) bemerkt auch, daß ſich der Stern bey Betrachtung einer nahen Sache, z. B. einer Nadel, verengere, und, wenn ſie entfernt wird, wieder oͤffne. Auch erweitert ſich der Stern bey der Blindheit, bey Wahnwitzigen, beym Schlagfluß, Einſchlaͤfern durch Opium, Fieberphantaſien, uͤberhaupr bey vielen Krankheiten, die das Gehirn betreffen, und im Tode ſelbſt. Man hat zu Erklaͤrung dieſer Bewegungen der Iris Muskelfibern angenommen, von welchen die geraden zu Erweiterung, die ringfoͤrmigen zu Verengerung der Oeffnung dienen ſollten. Dies haben viele große Zergliederer wie Rau, Ruyſch, Heiſter, Winslow, angenommen, denen auch Porterfield beyſtimmt. Mery, Mdrgagni, Zinn und Haller aber haben wenigſtens die ringfoͤrmigen nicht finden koͤnnen. Der letztere fand durch Verſuche die Iris nicht reizbar, und da er Reizbarkeit fuͤr ein weſentliches Kennzeichen der Muskelfaſer haͤlt,
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/213>, abgerufen am 16.02.2025.
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