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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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welche ihre bewegende Kraft in sich selbst verborgen halten, und sich also von selbst, ohne merkliche äußere Kraft, zu bewegen scheinen. Gemeiniglich sind die bewegenden Kräfte Federn oder Gewichte, weil sich diese in den kleinsten Raum zusammenziehen, und am besten verbergen lassen. Die gewöhnlichen Taschenuhren geben das bekannteste Beyspiel von Avtomaten.

Einige Mechaniker haben die Kunst in Absicht auf dergleichen avtomatische Werke zu einer bewundernswürdigen Höhe getrieben. Die meiste Bewunderung verdienen diejenigen Avtomate, welche unter der Gestalt menschlicher Figuren allerley menschliche Handlungen vorzunehmen scheinen. Sie heißen Androide (hominem simulantia.) Die Tradition sagt von Albert Grot, insgemein Albertus Magnus genannt, er habe bereits im dreyzehnten Jahrhunderte ein Avtomat in menschlicher Gestalt verfertiget, welches den Anklopfenden seine Thüre geöfnet, und dabey einen Laut, als ob es sie anredete, von sich gegeben habe. So soll auch Regiomontan nach dem Anführen des Ramus (Schol. math. L. II. p. 65.) eine eiserne Fliege verfertiget haben, welche sich aus seiner Hand um die Tafel herumbewegte, und wieder zu ihm zurückkam. Beyde Erzählungen aber sind nicht glaubwürdig.

Vaucanson verfertigte im Jahre 1738 zu Paris seinen mit Recht so berühmt gewordenen Flötenspieler, welcher von ihm selbst (Le Mecanisme du Flauteur automate. Paris. 1738. übers. im Hamb. Mag. II. B. I. St.) umständlich beschrieben worden ist. Die Figur war 5 1/2 pariser Schuh hoch, sitzend, und mit einem Piedestal versehen, in welchem die Haupttheile des Mechanismus verborgen waren. Mit einer unglaublichen Geschicklichkeit hatte der Urheber dieses Kunststücks die feinsten mechanischen Hülfsmittel so zu nützen und zu verbinden gewußt, daß diese Maschine verschiedene musikalische Stücke auf der Querflöte mit der grösten Genauigkeit in Unterscheidung des verschiedenen Takts und des Vortrags ausführte, ohne anders in die Flöte zu wirken, als der Mensch, nemlich mit den Lippen zum Ansatz, und mit den Fingern zur


welche ihre bewegende Kraft in ſich ſelbſt verborgen halten, und ſich alſo von ſelbſt, ohne merkliche aͤußere Kraft, zu bewegen ſcheinen. Gemeiniglich ſind die bewegenden Kraͤfte Federn oder Gewichte, weil ſich dieſe in den kleinſten Raum zuſammenziehen, und am beſten verbergen laſſen. Die gewoͤhnlichen Taſchenuhren geben das bekannteſte Beyſpiel von Avtomaten.

Einige Mechaniker haben die Kunſt in Abſicht auf dergleichen avtomatiſche Werke zu einer bewundernswuͤrdigen Hoͤhe getrieben. Die meiſte Bewunderung verdienen diejenigen Avtomate, welche unter der Geſtalt menſchlicher Figuren allerley menſchliche Handlungen vorzunehmen ſcheinen. Sie heißen Androide (hominem ſimulantia.) Die Tradition ſagt von Albert Grot, insgemein Albertus Magnus genannt, er habe bereits im dreyzehnten Jahrhunderte ein Avtomat in menſchlicher Geſtalt verfertiget, welches den Anklopfenden ſeine Thuͤre geoͤfnet, und dabey einen Laut, als ob es ſie anredete, von ſich gegeben habe. So ſoll auch Regiomontan nach dem Anfuͤhren des Ramus (Schol. math. L. II. p. 65.) eine eiſerne Fliege verfertiget haben, welche ſich aus ſeiner Hand um die Tafel herumbewegte, und wieder zu ihm zuruͤckkam. Beyde Erzaͤhlungen aber ſind nicht glaubwuͤrdig.

Vaucanſon verfertigte im Jahre 1738 zu Paris ſeinen mit Recht ſo beruͤhmt gewordenen Floͤtenſpieler, welcher von ihm ſelbſt (Le Mécaniſme du Flûteur automate. Paris. 1738. uͤberſ. im Hamb. Mag. II. B. I. St.) umſtaͤndlich beſchrieben worden iſt. Die Figur war 5 1/2 pariſer Schuh hoch, ſitzend, und mit einem Piedeſtal verſehen, in welchem die Haupttheile des Mechaniſmus verborgen waren. Mit einer unglaublichen Geſchicklichkeit hatte der Urheber dieſes Kunſtſtuͤcks die feinſten mechaniſchen Huͤlfsmittel ſo zu nuͤtzen und zu verbinden gewußt, daß dieſe Maſchine verſchiedene muſikaliſche Stuͤcke auf der Querfloͤte mit der groͤſten Genauigkeit in Unterſcheidung des verſchiedenen Takts und des Vortrags ausfuͤhrte, ohne anders in die Floͤte zu wirken, als der Menſch, nemlich mit den Lippen zum Anſatz, und mit den Fingern zur

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[222/0236] welche ihre bewegende Kraft in ſich ſelbſt verborgen halten, und ſich alſo von ſelbſt, ohne merkliche aͤußere Kraft, zu bewegen ſcheinen. Gemeiniglich ſind die bewegenden Kraͤfte Federn oder Gewichte, weil ſich dieſe in den kleinſten Raum zuſammenziehen, und am beſten verbergen laſſen. Die gewoͤhnlichen Taſchenuhren geben das bekannteſte Beyſpiel von Avtomaten. Einige Mechaniker haben die Kunſt in Abſicht auf dergleichen avtomatiſche Werke zu einer bewundernswuͤrdigen Hoͤhe getrieben. Die meiſte Bewunderung verdienen diejenigen Avtomate, welche unter der Geſtalt menſchlicher Figuren allerley menſchliche Handlungen vorzunehmen ſcheinen. Sie heißen Androide (hominem ſimulantia.) Die Tradition ſagt von Albert Grot, insgemein Albertus Magnus genannt, er habe bereits im dreyzehnten Jahrhunderte ein Avtomat in menſchlicher Geſtalt verfertiget, welches den Anklopfenden ſeine Thuͤre geoͤfnet, und dabey einen Laut, als ob es ſie anredete, von ſich gegeben habe. So ſoll auch Regiomontan nach dem Anfuͤhren des Ramus (Schol. math. L. II. p. 65.) eine eiſerne Fliege verfertiget haben, welche ſich aus ſeiner Hand um die Tafel herumbewegte, und wieder zu ihm zuruͤckkam. Beyde Erzaͤhlungen aber ſind nicht glaubwuͤrdig. Vaucanſon verfertigte im Jahre 1738 zu Paris ſeinen mit Recht ſo beruͤhmt gewordenen Floͤtenſpieler, welcher von ihm ſelbſt (Le Mécaniſme du Flûteur automate. Paris. 1738. uͤberſ. im Hamb. Mag. II. B. I. St.) umſtaͤndlich beſchrieben worden iſt. Die Figur war 5 1/2 pariſer Schuh hoch, ſitzend, und mit einem Piedeſtal verſehen, in welchem die Haupttheile des Mechaniſmus verborgen waren. Mit einer unglaublichen Geſchicklichkeit hatte der Urheber dieſes Kunſtſtuͤcks die feinſten mechaniſchen Huͤlfsmittel ſo zu nuͤtzen und zu verbinden gewußt, daß dieſe Maſchine verſchiedene muſikaliſche Stuͤcke auf der Querfloͤte mit der groͤſten Genauigkeit in Unterſcheidung des verſchiedenen Takts und des Vortrags ausfuͤhrte, ohne anders in die Floͤte zu wirken, als der Menſch, nemlich mit den Lippen zum Anſatz, und mit den Fingern zur

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/236>, abgerufen am 21.11.2024.