Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Des in ganz Europa berühmten Carlsbads wird schon im achten Jahrhundert erwähnt, ob es gleich erst seit 1370 durch Kayser Carl IV bekannter geworden ist. Der Brudel oder Sprudel bricht nahe am Töpelfluß häufig aus fünf Oefnungen hervor, und steigt völlig 6 Fuß über die Oberfläche. Die Adern streichen quer unter dem Flusse durch, und mitten im Flusse, wo sich das Wasser selbst eine Steinrinde oder Sprudelschale gemacht hat, werden sie jährlich zweymal durch eine sechste Oefnung abgezapft, indeß man die Röhren und Ständer, durch die es gewöhnlich springt, reiniget. Diese Quelle giebt stündlich 50 Centner Wasser. Die Wärme ist ohngefähr 59 Grad nach Reaumur, brüht das Federvieh, und siedet die Eyer hart. Der Sprudel riecht etwas schweflicht, schmeckt, ehe er erkaltet, salzig, etwas fett und laugenhaft. Nach Gewittern schmeckt er stärker und kräftiger. Man erhält daraus durch das Abdampfen einen Rückstand von 29 1/2 Gran auf jedes Pfund, nemlich 2 1/2 Laugensalz, 19 1/2 Gran Glaubers Salz, 2 1/4 Gran Kalk und 5 1/4 Gran Selenit. Becher (Neue Abhdl. vom Karlsbade, Prag 1772. gr. 8.) giebt auf ein Pfund an 3 1/3 Gran Erde, welche er für die alkalinische Basis der Schwefelkiese hält, 13 Gr. Glaubersalz nebst 4 Gr. Kochsalz in Krystallen, und 8 1/3 Gran mineralisches Alkali mit einem geringen Eisengehalt. Selenit findet er nicht darinn. Nicht weit davon sind noch einige warme Quellen, unter welchen der Mühlbrunnen und Neubrunnen die vornehmsten sind. Beyde geben einen stärkern Rückstand, als der Sprudel, und enthalten vornehmlich mehr Glaubersalz. Der erste ist klärer und säuerlich, auch angenehmer, als der Sprudel, und hat 40 Grad Wärme nach Reaumur. Der letztere hat 48 Grad Wärme, riecht nach Schwefelleber, schmeckt aber nicht unangenehm. Der Sprudel ist wegen seiner Wirkung gegen Gicht und Stein bekannt. Er überzieht die meisten hineingelegten Sachen, doch das Fleisch nicht, mit einer Steinrinde,
Des in ganz Europa beruͤhmten Carlsbads wird ſchon im achten Jahrhundert erwaͤhnt, ob es gleich erſt ſeit 1370 durch Kayſer Carl IV bekannter geworden iſt. Der Brudel oder Sprudel bricht nahe am Toͤpelfluß haͤufig aus fuͤnf Oefnungen hervor, und ſteigt voͤllig 6 Fuß uͤber die Oberflaͤche. Die Adern ſtreichen quer unter dem Fluſſe durch, und mitten im Fluſſe, wo ſich das Waſſer ſelbſt eine Steinrinde oder Sprudelſchale gemacht hat, werden ſie jaͤhrlich zweymal durch eine ſechſte Oefnung abgezapft, indeß man die Roͤhren und Staͤnder, durch die es gewoͤhnlich ſpringt, reiniget. Dieſe Quelle giebt ſtuͤndlich 50 Centner Waſſer. Die Waͤrme iſt ohngefaͤhr 59 Grad nach Reaumur, bruͤht das Federvieh, und ſiedet die Eyer hart. Der Sprudel riecht etwas ſchweflicht, ſchmeckt, ehe er erkaltet, ſalzig, etwas fett und laugenhaft. Nach Gewittern ſchmeckt er ſtaͤrker und kraͤftiger. Man erhaͤlt daraus durch das Abdampfen einen Ruͤckſtand von 29 1/2 Gran auf jedes Pfund, nemlich 2 1/2 Laugenſalz, 19 1/2 Gran Glaubers Salz, 2 1/4 Gran Kalk und 5 1/4 Gran Selenit. Becher (Neue Abhdl. vom Karlsbade, Prag 1772. gr. 8.) giebt auf ein Pfund an 3 1/3 Gran Erde, welche er fuͤr die alkaliniſche Baſis der Schwefelkieſe haͤlt, 13 Gr. Glauberſalz nebſt 4 Gr. Kochſalz in Kryſtallen, und 8 1/3 Gran mineraliſches Alkali mit einem geringen Eiſengehalt. Selenit findet er nicht darinn. Nicht weit davon ſind noch einige warme Quellen, unter welchen der Muͤhlbrunnen und Neubrunnen die vornehmſten ſind. Beyde geben einen ſtaͤrkern Ruͤckſtand, als der Sprudel, und enthalten vornehmlich mehr Glauberſalz. Der erſte iſt klaͤrer und ſaͤuerlich, auch angenehmer, als der Sprudel, und hat 40 Grad Waͤrme nach Reaumur. Der letztere hat 48 Grad Waͤrme, riecht nach Schwefelleber, ſchmeckt aber nicht unangenehm. Der Sprudel iſt wegen ſeiner Wirkung gegen Gicht und Stein bekannt. Er uͤberzieht die meiſten hineingelegten Sachen, doch das Fleiſch nicht, mit einer Steinrinde, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0245" xml:id="P.1.231" n="231"/><lb/> eine große Anzahl warmer Baͤder, unter welchen ich hier nur einige beyſpielsweiſe zu Anfuͤhrung mehrerer Umſtaͤnde ausheben will.</p> <p>Des in ganz Europa beruͤhmten <hi rendition="#b">Carlsbads</hi> wird ſchon im achten Jahrhundert erwaͤhnt, ob es gleich erſt ſeit 1370 durch Kayſer Carl <hi rendition="#aq">IV</hi> bekannter geworden iſt. Der <hi rendition="#b">Brudel</hi> oder <hi rendition="#b">Sprudel</hi> bricht nahe am Toͤpelfluß haͤufig aus fuͤnf Oefnungen hervor, und ſteigt voͤllig 6 Fuß uͤber die Oberflaͤche. Die Adern ſtreichen quer unter dem Fluſſe durch, und mitten im Fluſſe, wo ſich das Waſſer ſelbſt eine Steinrinde oder Sprudelſchale gemacht hat, werden ſie jaͤhrlich zweymal durch eine ſechſte Oefnung abgezapft, indeß man die Roͤhren und Staͤnder, durch die es gewoͤhnlich ſpringt, reiniget. Dieſe Quelle giebt ſtuͤndlich 50 Centner Waſſer. Die Waͤrme iſt ohngefaͤhr 59 Grad nach Reaumur, bruͤht das Federvieh, und ſiedet die Eyer hart. Der Sprudel riecht etwas ſchweflicht, ſchmeckt, ehe er erkaltet, ſalzig, etwas fett und laugenhaft. Nach Gewittern ſchmeckt er ſtaͤrker und kraͤftiger. Man erhaͤlt daraus durch das Abdampfen einen Ruͤckſtand von 29 1/2 Gran auf jedes Pfund, nemlich 2 1/2 Laugenſalz, 19 1/2 Gran Glaubers Salz, 2 1/4 Gran Kalk und 5 1/4 Gran Selenit. <hi rendition="#b">Becher</hi> (Neue Abhdl. vom Karlsbade, Prag 1772. gr. 8.) giebt auf ein Pfund an 3 1/3 Gran Erde, welche er fuͤr die alkaliniſche Baſis der Schwefelkieſe haͤlt, 13 Gr. Glauberſalz nebſt 4 Gr. Kochſalz in Kryſtallen, und 8 1/3 Gran mineraliſches Alkali mit einem geringen Eiſengehalt. Selenit findet er nicht darinn. Nicht weit davon ſind noch einige warme Quellen, unter welchen der Muͤhlbrunnen und Neubrunnen die vornehmſten ſind. Beyde geben einen ſtaͤrkern Ruͤckſtand, als der Sprudel, und enthalten vornehmlich mehr Glauberſalz. Der erſte iſt klaͤrer und ſaͤuerlich, auch angenehmer, als der Sprudel, und hat 40 Grad Waͤrme nach Reaumur. Der letztere hat 48 Grad Waͤrme, riecht nach Schwefelleber, ſchmeckt aber nicht unangenehm. Der Sprudel iſt wegen ſeiner Wirkung gegen Gicht und Stein bekannt. Er uͤberzieht die meiſten hineingelegten Sachen, doch das Fleiſch nicht, mit einer Steinrinde,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [231/0245]
eine große Anzahl warmer Baͤder, unter welchen ich hier nur einige beyſpielsweiſe zu Anfuͤhrung mehrerer Umſtaͤnde ausheben will.
Des in ganz Europa beruͤhmten Carlsbads wird ſchon im achten Jahrhundert erwaͤhnt, ob es gleich erſt ſeit 1370 durch Kayſer Carl IV bekannter geworden iſt. Der Brudel oder Sprudel bricht nahe am Toͤpelfluß haͤufig aus fuͤnf Oefnungen hervor, und ſteigt voͤllig 6 Fuß uͤber die Oberflaͤche. Die Adern ſtreichen quer unter dem Fluſſe durch, und mitten im Fluſſe, wo ſich das Waſſer ſelbſt eine Steinrinde oder Sprudelſchale gemacht hat, werden ſie jaͤhrlich zweymal durch eine ſechſte Oefnung abgezapft, indeß man die Roͤhren und Staͤnder, durch die es gewoͤhnlich ſpringt, reiniget. Dieſe Quelle giebt ſtuͤndlich 50 Centner Waſſer. Die Waͤrme iſt ohngefaͤhr 59 Grad nach Reaumur, bruͤht das Federvieh, und ſiedet die Eyer hart. Der Sprudel riecht etwas ſchweflicht, ſchmeckt, ehe er erkaltet, ſalzig, etwas fett und laugenhaft. Nach Gewittern ſchmeckt er ſtaͤrker und kraͤftiger. Man erhaͤlt daraus durch das Abdampfen einen Ruͤckſtand von 29 1/2 Gran auf jedes Pfund, nemlich 2 1/2 Laugenſalz, 19 1/2 Gran Glaubers Salz, 2 1/4 Gran Kalk und 5 1/4 Gran Selenit. Becher (Neue Abhdl. vom Karlsbade, Prag 1772. gr. 8.) giebt auf ein Pfund an 3 1/3 Gran Erde, welche er fuͤr die alkaliniſche Baſis der Schwefelkieſe haͤlt, 13 Gr. Glauberſalz nebſt 4 Gr. Kochſalz in Kryſtallen, und 8 1/3 Gran mineraliſches Alkali mit einem geringen Eiſengehalt. Selenit findet er nicht darinn. Nicht weit davon ſind noch einige warme Quellen, unter welchen der Muͤhlbrunnen und Neubrunnen die vornehmſten ſind. Beyde geben einen ſtaͤrkern Ruͤckſtand, als der Sprudel, und enthalten vornehmlich mehr Glauberſalz. Der erſte iſt klaͤrer und ſaͤuerlich, auch angenehmer, als der Sprudel, und hat 40 Grad Waͤrme nach Reaumur. Der letztere hat 48 Grad Waͤrme, riecht nach Schwefelleber, ſchmeckt aber nicht unangenehm. Der Sprudel iſt wegen ſeiner Wirkung gegen Gicht und Stein bekannt. Er uͤberzieht die meiſten hineingelegten Sachen, doch das Fleiſch nicht, mit einer Steinrinde,
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