Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Vor Galilei hatte man von der Bahn der horizontal oder schief geworfenen Körper sehr unrichtige Begriffe. Man glaubte, der erste Theil des Weges einer Canonenkugel sey geradlinigt, und der ganze Weg werde mit dreyerley Bewegungen, der gewaltsamen, vermischten und natürlichen, zurückgelegt. Solche Begriffe kommen noch beym Schwenter (Mathematische Erquickstunden, Nürnberg 1651. 4. Th. I. S. 427. u. f.) vor, der sie doch schon besser hätte haben können. Tartalea hatte bereits 1537 entdeckt, daß der schiefe Schuß unter einem Winkel von 45° der weitste, und kein Theil der Bahn geradlinigt sey. Den ersten Umstand führt auch Schwenter, aber mit einer ganz unverständlichen Erklärung, an. Nach Galilei Entdeckungen (Discorsie dimostrazione matematiche. Leid. 1638. Giornata 4.) ward die parabolische Theorie durch den P. Mersenne und Torricelli bald entwickelt; man verfielaber in den Fehler, sich zu überreden, daß der Widerstand der Luft unbeträchtlich, und also diese Theorie allein hinreichend sey. Sie ist von Blondel (l' Art de jetter les bombes. Paris 1683. 4. Blondels Kunst, Bomben zu werfen, Sulzbach 1686.), dem Grafen v. Herberstein (Amari a Lapide artis technicae via plana. Stettin 1736.) und Belidor (Le bombardier francois. Paris 1740. 4.) vorgetragen, und von Maupertuis (Balistique arithmetique, in Mem. de l' acad. des sc. 1732.) in kurze Formeln zusammengefasset worden. Belidor hat sie mit Erfahrungen verglichen, und will die Abweichungen unbeträchtlich gefunden haben. Robins (New principles of gunnery. London 1742. Neue Grundsätze der Artillerie, aus dem Engl. von Leonh. Euler, mit
Vor Galilei hatte man von der Bahn der horizontal oder ſchief geworfenen Koͤrper ſehr unrichtige Begriffe. Man glaubte, der erſte Theil des Weges einer Canonenkugel ſey geradlinigt, und der ganze Weg werde mit dreyerley Bewegungen, der gewaltſamen, vermiſchten und natuͤrlichen, zuruͤckgelegt. Solche Begriffe kommen noch beym Schwenter (Mathematiſche Erquickſtunden, Nuͤrnberg 1651. 4. Th. I. S. 427. u. f.) vor, der ſie doch ſchon beſſer haͤtte haben koͤnnen. Tartalea hatte bereits 1537 entdeckt, daß der ſchiefe Schuß unter einem Winkel von 45° der weitſte, und kein Theil der Bahn geradlinigt ſey. Den erſten Umſtand fuͤhrt auch Schwenter, aber mit einer ganz unverſtaͤndlichen Erklaͤrung, an. Nach Galilei Entdeckungen (Diſcorſie dimoſtrazione matematiche. Leid. 1638. Giornata 4.) ward die paraboliſche Theorie durch den P. Merſenne und Torricelli bald entwickelt; man verfielaber in den Fehler, ſich zu uͤberreden, daß der Widerſtand der Luft unbetraͤchtlich, und alſo dieſe Theorie allein hinreichend ſey. Sie iſt von Blondel (l' Art de jetter les bombes. Paris 1683. 4. Blondels Kunſt, Bomben zu werfen, Sulzbach 1686.), dem Grafen v. Herberſtein (Amari a Lapide artis technicae via plana. Stettin 1736.) und Belidor (Le bombardier françois. Paris 1740. 4.) vorgetragen, und von Maupertuis (Baliſtique arithmetique, in Mém. de l' acad. des ſc. 1732.) in kurze Formeln zuſammengefaſſet worden. Belidor hat ſie mit Erfahrungen verglichen, und will die Abweichungen unbetraͤchtlich gefunden haben. Robins (New principles of gunnery. London 1742. Neue Grundſaͤtze der Artillerie, aus dem Engl. von Leonh. Euler, mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0249" xml:id="P.1.235" n="235"/><lb/> ſich geworfene Koͤrper im luftleeren Raume bewegen. Die Aufgabe aber, das zu finden, was der Widerſtand der Luft in dieſer Theorie abaͤndert, heißt das <hi rendition="#b">balliſtiſche Problem.</hi> Außerdem gehoͤren zur Anwendung der Balliſtik noch Unterſuchungen uͤber die Geſchwindigkeit, welche Ladungen von beſtimmter Staͤrke den abgefeuerten Koͤrpern mittheilen. Einige zur paraboliſchen Theorie gehoͤrige Saͤtze ſ. bey den Worten: <hi rendition="#b">Wurf, Weite des Wurfs.</hi></p> <p>Vor <hi rendition="#b">Galilei</hi> hatte man von der Bahn der horizontal oder ſchief geworfenen Koͤrper ſehr unrichtige Begriffe. Man glaubte, der erſte Theil des Weges einer Canonenkugel ſey geradlinigt, und der ganze Weg werde mit dreyerley Bewegungen, der gewaltſamen, vermiſchten und natuͤrlichen, zuruͤckgelegt. Solche Begriffe kommen noch beym <hi rendition="#b">Schwenter</hi> (Mathematiſche Erquickſtunden, Nuͤrnberg 1651. 4. Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 427. u. f.) vor, der ſie doch ſchon beſſer haͤtte haben koͤnnen. <hi rendition="#b">Tartalea</hi> hatte bereits 1537 entdeckt, daß der ſchiefe Schuß unter einem Winkel von 45° der weitſte, und kein Theil der Bahn geradlinigt ſey. Den erſten Umſtand fuͤhrt auch Schwenter, aber mit einer ganz unverſtaͤndlichen Erklaͤrung, an. Nach <hi rendition="#b">Galilei</hi> Entdeckungen <hi rendition="#aq">(Diſcorſie dimoſtrazione matematiche. Leid. 1638. Giornata 4.)</hi> ward die paraboliſche Theorie durch den P. <hi rendition="#b">Merſenne</hi> und <hi rendition="#b">Torricelli</hi> bald entwickelt; man verfielaber in den Fehler, ſich zu uͤberreden, daß der Widerſtand der Luft unbetraͤchtlich, und alſo dieſe Theorie allein hinreichend ſey. Sie iſt von <hi rendition="#b">Blondel</hi> (<hi rendition="#aq">l' Art de jetter les bombes. Paris 1683. 4.</hi> Blondels Kunſt, Bomben zu werfen, Sulzbach 1686.), dem Grafen <hi rendition="#b">v. Herberſtein</hi> <hi rendition="#aq">(Amari a Lapide artis technicae via plana. Stettin 1736.)</hi> und <hi rendition="#b">Belidor</hi> <hi rendition="#aq">(Le bombardier françois. Paris 1740. 4.)</hi> vorgetragen, und von <hi rendition="#b">Maupertuis</hi> <hi rendition="#aq">(Baliſtique arithmetique, in Mém. de l' acad. des ſc. 1732.)</hi> in kurze Formeln zuſammengefaſſet worden. <hi rendition="#b">Belidor</hi> hat ſie mit Erfahrungen verglichen, und will die Abweichungen unbetraͤchtlich gefunden haben. <hi rendition="#b">Robins</hi> (<hi rendition="#aq">New principles of gunnery. London 1742.</hi> Neue Grundſaͤtze der Artillerie, aus dem Engl. von <hi rendition="#b">Leonh. Euler,</hi> mit<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [235/0249]
ſich geworfene Koͤrper im luftleeren Raume bewegen. Die Aufgabe aber, das zu finden, was der Widerſtand der Luft in dieſer Theorie abaͤndert, heißt das balliſtiſche Problem. Außerdem gehoͤren zur Anwendung der Balliſtik noch Unterſuchungen uͤber die Geſchwindigkeit, welche Ladungen von beſtimmter Staͤrke den abgefeuerten Koͤrpern mittheilen. Einige zur paraboliſchen Theorie gehoͤrige Saͤtze ſ. bey den Worten: Wurf, Weite des Wurfs.
Vor Galilei hatte man von der Bahn der horizontal oder ſchief geworfenen Koͤrper ſehr unrichtige Begriffe. Man glaubte, der erſte Theil des Weges einer Canonenkugel ſey geradlinigt, und der ganze Weg werde mit dreyerley Bewegungen, der gewaltſamen, vermiſchten und natuͤrlichen, zuruͤckgelegt. Solche Begriffe kommen noch beym Schwenter (Mathematiſche Erquickſtunden, Nuͤrnberg 1651. 4. Th. I. S. 427. u. f.) vor, der ſie doch ſchon beſſer haͤtte haben koͤnnen. Tartalea hatte bereits 1537 entdeckt, daß der ſchiefe Schuß unter einem Winkel von 45° der weitſte, und kein Theil der Bahn geradlinigt ſey. Den erſten Umſtand fuͤhrt auch Schwenter, aber mit einer ganz unverſtaͤndlichen Erklaͤrung, an. Nach Galilei Entdeckungen (Diſcorſie dimoſtrazione matematiche. Leid. 1638. Giornata 4.) ward die paraboliſche Theorie durch den P. Merſenne und Torricelli bald entwickelt; man verfielaber in den Fehler, ſich zu uͤberreden, daß der Widerſtand der Luft unbetraͤchtlich, und alſo dieſe Theorie allein hinreichend ſey. Sie iſt von Blondel (l' Art de jetter les bombes. Paris 1683. 4. Blondels Kunſt, Bomben zu werfen, Sulzbach 1686.), dem Grafen v. Herberſtein (Amari a Lapide artis technicae via plana. Stettin 1736.) und Belidor (Le bombardier françois. Paris 1740. 4.) vorgetragen, und von Maupertuis (Baliſtique arithmetique, in Mém. de l' acad. des ſc. 1732.) in kurze Formeln zuſammengefaſſet worden. Belidor hat ſie mit Erfahrungen verglichen, und will die Abweichungen unbetraͤchtlich gefunden haben. Robins (New principles of gunnery. London 1742. Neue Grundſaͤtze der Artillerie, aus dem Engl. von Leonh. Euler, mit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |