Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Der Unvollkommenheit der Sinne müssen die Werkzeuge zu Hülfe kommen. Diese verstärken entweder die Sinne, wie die Fernröhre und Vergrößerungsgläser, oder sie messen Größen ab, von welchen uns die Sinne nur dunkle und unbestimmte Begriffe geben, wie die Winkelmesser, Quadranten, Penduln, Uhren, Barometer, Thermometer u. s. w. Die Werkzeuge des Beobachters müssen so gut und vollkommen, als möglich, seyn; schlechte Werkzeuge widersprechen der Natur, und stürzen in desto gefährlichere Irrthümer, je mehr man ihnen trauet. Man muß daher seine Werkzeuge aufs genauste zu kennen, und den Gebrauch, den man von ihnen macht, nach dieser Kenntniß einzurichten suchen. Auch beschreiben gute Beobachter, um Vertrauen in ihre Wahrnehmungen einzuflößen, ihre Werkzeuge bis auf den kleinsten Umstand. Es ist aber unmöglich, selbst bey dem besten Werkzeuge die vollkommenste Schärfe zu erreichen, oder die gleiche Erscheinung mehrmal mit ebendemselben Werkzeuge auf völlig gleiche Art zu beobachten und abzumessen. Aus diesem Grunde ist es höchst nöthig, wenigstens die Grenzen der möglichen Fehler, und den Grad der Zuverlässigkeit, den man einem aus mehrern Beobachtungen gezognen Resultate zuschreiben kan, zu bestimmen. Lambert (Beyträge zum Gebrauche der Math. Th. I. Berlin, 1760. 8.) hat in dieser Absicht eine sehr scharfsinnige Theorie der Zuverlässigkeit der Beobachtungen und Versuche entworfen, und auf eine ziemliche Anzahl merkwürdiger Beyspiele angewendet. Da es endlich Beobachtungen giebt, die an verschiednen Orten mit ähnlichen Werkzeugen wiederholt werden müssen, so ist es sehr wichtig, solche Werkzeuge
Der Unvollkommenheit der Sinne muͤſſen die Werkzeuge zu Huͤlfe kommen. Dieſe verſtaͤrken entweder die Sinne, wie die Fernroͤhre und Vergroͤßerungsglaͤſer, oder ſie meſſen Groͤßen ab, von welchen uns die Sinne nur dunkle und unbeſtimmte Begriffe geben, wie die Winkelmeſſer, Quadranten, Penduln, Uhren, Barometer, Thermometer u. ſ. w. Die Werkzeuge des Beobachters muͤſſen ſo gut und vollkommen, als moͤglich, ſeyn; ſchlechte Werkzeuge widerſprechen der Natur, und ſtuͤrzen in deſto gefaͤhrlichere Irrthuͤmer, je mehr man ihnen trauet. Man muß daher ſeine Werkzeuge aufs genauſte zu kennen, und den Gebrauch, den man von ihnen macht, nach dieſer Kenntniß einzurichten ſuchen. Auch beſchreiben gute Beobachter, um Vertrauen in ihre Wahrnehmungen einzufloͤßen, ihre Werkzeuge bis auf den kleinſten Umſtand. Es iſt aber unmoͤglich, ſelbſt bey dem beſten Werkzeuge die vollkommenſte Schaͤrfe zu erreichen, oder die gleiche Erſcheinung mehrmal mit ebendemſelben Werkzeuge auf voͤllig gleiche Art zu beobachten und abzumeſſen. Aus dieſem Grunde iſt es hoͤchſt noͤthig, wenigſtens die Grenzen der moͤglichen Fehler, und den Grad der Zuverlaͤſſigkeit, den man einem aus mehrern Beobachtungen gezognen Reſultate zuſchreiben kan, zu beſtimmen. Lambert (Beytraͤge zum Gebrauche der Math. Th. I. Berlin, 1760. 8.) hat in dieſer Abſicht eine ſehr ſcharfſinnige Theorie der Zuverlaͤſſigkeit der Beobachtungen und Verſuche entworfen, und auf eine ziemliche Anzahl merkwuͤrdiger Beyſpiele angewendet. Da es endlich Beobachtungen giebt, die an verſchiednen Orten mit aͤhnlichen Werkzeugen wiederholt werden muͤſſen, ſo iſt es ſehr wichtig, ſolche Werkzeuge <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0307" xml:id="P.1.293" n="293"/><lb/> die er durch ihn erhaͤlt, richtig urtheilen ſoll. Noch mehr Staͤrke erhaͤlt das Zeugniß der Sinne, wenn mehrere Perſonen zugleich das Nemliche beobachten. Viele Stoffe laſſen ſich auch durch mehrere Sinne empfinden, ſo wie z. B. die Elektricitaͤt auf Geſicht, Gehoͤr, Gefuͤhl und Geruch zugleich wirken kan. Die meiſten und wichtigſten Beobachtungen aber werden allerdings durch das Geſicht angeſtellt.</p> <p>Der Unvollkommenheit der Sinne muͤſſen die <hi rendition="#b">Werkzeuge</hi> zu Huͤlfe kommen. Dieſe verſtaͤrken entweder die Sinne, wie die Fernroͤhre und Vergroͤßerungsglaͤſer, oder ſie meſſen Groͤßen ab, von welchen uns die Sinne nur dunkle und unbeſtimmte Begriffe geben, wie die Winkelmeſſer, Quadranten, Penduln, Uhren, Barometer, Thermometer u. ſ. w. Die Werkzeuge des Beobachters muͤſſen ſo gut und vollkommen, als moͤglich, ſeyn; ſchlechte Werkzeuge widerſprechen der Natur, und ſtuͤrzen in deſto gefaͤhrlichere Irrthuͤmer, je mehr man ihnen trauet. Man muß daher ſeine Werkzeuge aufs genauſte zu kennen, und den Gebrauch, den man von ihnen macht, nach dieſer Kenntniß einzurichten ſuchen. Auch beſchreiben gute Beobachter, um Vertrauen in ihre Wahrnehmungen einzufloͤßen, ihre Werkzeuge bis auf den kleinſten Umſtand. Es iſt aber unmoͤglich, ſelbſt bey dem beſten Werkzeuge die vollkommenſte Schaͤrfe zu erreichen, oder die gleiche Erſcheinung mehrmal mit ebendemſelben Werkzeuge auf voͤllig gleiche Art zu beobachten und abzumeſſen. Aus dieſem Grunde iſt es hoͤchſt noͤthig, wenigſtens die Grenzen der moͤglichen Fehler, und den Grad der Zuverlaͤſſigkeit, den man einem aus mehrern Beobachtungen gezognen Reſultate zuſchreiben kan, zu beſtimmen. <hi rendition="#b">Lambert</hi> (Beytraͤge zum Gebrauche der Math. Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> Berlin, 1760. 8.) hat in dieſer Abſicht eine ſehr ſcharfſinnige <hi rendition="#b">Theorie der Zuverlaͤſſigkeit der Beobachtungen und Verſuche</hi> entworfen, und auf eine ziemliche Anzahl merkwuͤrdiger Beyſpiele angewendet. Da es endlich Beobachtungen giebt, die an verſchiednen Orten mit aͤhnlichen Werkzeugen wiederholt werden muͤſſen, ſo iſt es ſehr wichtig, ſolche Werkzeuge<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [293/0307]
die er durch ihn erhaͤlt, richtig urtheilen ſoll. Noch mehr Staͤrke erhaͤlt das Zeugniß der Sinne, wenn mehrere Perſonen zugleich das Nemliche beobachten. Viele Stoffe laſſen ſich auch durch mehrere Sinne empfinden, ſo wie z. B. die Elektricitaͤt auf Geſicht, Gehoͤr, Gefuͤhl und Geruch zugleich wirken kan. Die meiſten und wichtigſten Beobachtungen aber werden allerdings durch das Geſicht angeſtellt.
Der Unvollkommenheit der Sinne muͤſſen die Werkzeuge zu Huͤlfe kommen. Dieſe verſtaͤrken entweder die Sinne, wie die Fernroͤhre und Vergroͤßerungsglaͤſer, oder ſie meſſen Groͤßen ab, von welchen uns die Sinne nur dunkle und unbeſtimmte Begriffe geben, wie die Winkelmeſſer, Quadranten, Penduln, Uhren, Barometer, Thermometer u. ſ. w. Die Werkzeuge des Beobachters muͤſſen ſo gut und vollkommen, als moͤglich, ſeyn; ſchlechte Werkzeuge widerſprechen der Natur, und ſtuͤrzen in deſto gefaͤhrlichere Irrthuͤmer, je mehr man ihnen trauet. Man muß daher ſeine Werkzeuge aufs genauſte zu kennen, und den Gebrauch, den man von ihnen macht, nach dieſer Kenntniß einzurichten ſuchen. Auch beſchreiben gute Beobachter, um Vertrauen in ihre Wahrnehmungen einzufloͤßen, ihre Werkzeuge bis auf den kleinſten Umſtand. Es iſt aber unmoͤglich, ſelbſt bey dem beſten Werkzeuge die vollkommenſte Schaͤrfe zu erreichen, oder die gleiche Erſcheinung mehrmal mit ebendemſelben Werkzeuge auf voͤllig gleiche Art zu beobachten und abzumeſſen. Aus dieſem Grunde iſt es hoͤchſt noͤthig, wenigſtens die Grenzen der moͤglichen Fehler, und den Grad der Zuverlaͤſſigkeit, den man einem aus mehrern Beobachtungen gezognen Reſultate zuſchreiben kan, zu beſtimmen. Lambert (Beytraͤge zum Gebrauche der Math. Th. I. Berlin, 1760. 8.) hat in dieſer Abſicht eine ſehr ſcharfſinnige Theorie der Zuverlaͤſſigkeit der Beobachtungen und Verſuche entworfen, und auf eine ziemliche Anzahl merkwuͤrdiger Beyſpiele angewendet. Da es endlich Beobachtungen giebt, die an verſchiednen Orten mit aͤhnlichen Werkzeugen wiederholt werden muͤſſen, ſo iſt es ſehr wichtig, ſolche Werkzeuge
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