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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Nimmt hiebey die Geschwindigkeit so zu, daß sie in gleichen Zeiträumen gleiche Zusätze erhält, so heißt die Beschleunigung gleichförmig (uniformis, aequabilis); sind aber die in gleichen Zeiträumen erhaltenen Vermehrungen der Geschwindigkeit ungleich, so ist dies eine ungleichförmige Beschleunigung (difformis, inaequabilis). Die Retardation oder Verminderung der Geschwindigkeit kan als negative Beschleunigung angesehen werden.

Seitdem nach Galilei Entdeckungen der Gesetze fallender Körper die höhere Mechanik entwickelt und ausgebildet worden ist, hat man die Beschleunigungen der Bewegung durchgängig als Wirkungen der Kräfte angesehen, welche die Bewegung selbst hervorbringen oder ändern. Die höhere Mechanik nimmt hierüber folgende mit den Erfahrungen übereinstimmende Grundsätze an.

1. Einmal entstandene Bewegungen dauern, auch ohne weiteres Zuthun einer Kraft, fort, und behalten ihre vorige Richtung und Geschwindigkeit, ohne Beschleunigung, s. Trägheit.

2. Kömmt aberzu einer einmal entstandnen Bewegung in jedem Zeittheile eine neue Wirkung einer Kraft hinzu, so entsteht Beschleunigung, wenn diese Kraft ganz oder zum Theil nach der Richtung der Bewegung selbst, Retardation, wenn sie ganz oder zum Theil nach der entgegengesetzten Richtung wirkt.

3. Sind diese neuen, mit jedem Zeittheile hinzukommenden, Wirkungen der Kraft stets gleich groß, so entsteht gleichförmige, sind sie ungleich, ungleichförmige Beschleunigung oder Retardation.

Absolute unveränderliche Kräfte, d. h. solche, die in bewegte Körper, wie in ruhende, unaufhörlich und immer gleich stark, auch immer nach einerley Richtung wirken, müssen daher die Bewegungen, die sie hervorbringen, auch gleichförmig beschleunigen. Denn ihre erste Wirkung ist die Hervorbringung der Bewegung, zu welcher ihre folgenden Wirkungen in jedem Zeittheile gleich starke Vermehrungen der Geschwindigkeit nach eben derselben


Nimmt hiebey die Geſchwindigkeit ſo zu, daß ſie in gleichen Zeitraͤumen gleiche Zuſaͤtze erhaͤlt, ſo heißt die Beſchleunigung gleichfoͤrmig (uniformis, aequabilis); ſind aber die in gleichen Zeitraͤumen erhaltenen Vermehrungen der Geſchwindigkeit ungleich, ſo iſt dies eine ungleichfoͤrmige Beſchleunigung (difformis, inaequabilis). Die Retardation oder Verminderung der Geſchwindigkeit kan als negative Beſchleunigung angeſehen werden.

Seitdem nach Galilei Entdeckungen der Geſetze fallender Koͤrper die hoͤhere Mechanik entwickelt und ausgebildet worden iſt, hat man die Beſchleunigungen der Bewegung durchgaͤngig als Wirkungen der Kraͤfte angeſehen, welche die Bewegung ſelbſt hervorbringen oder aͤndern. Die hoͤhere Mechanik nimmt hieruͤber folgende mit den Erfahrungen uͤbereinſtimmende Grundſaͤtze an.

1. Einmal entſtandene Bewegungen dauern, auch ohne weiteres Zuthun einer Kraft, fort, und behalten ihre vorige Richtung und Geſchwindigkeit, ohne Beſchleunigung, ſ. Traͤgheit.

2. Koͤmmt aberzu einer einmal entſtandnen Bewegung in jedem Zeittheile eine neue Wirkung einer Kraft hinzu, ſo entſteht Beſchleunigung, wenn dieſe Kraft ganz oder zum Theil nach der Richtung der Bewegung ſelbſt, Retardation, wenn ſie ganz oder zum Theil nach der entgegengeſetzten Richtung wirkt.

3. Sind dieſe neuen, mit jedem Zeittheile hinzukommenden, Wirkungen der Kraft ſtets gleich groß, ſo entſteht gleichfoͤrmige, ſind ſie ungleich, ungleichfoͤrmige Beſchleunigung oder Retardation.

Abſolute unveraͤnderliche Kraͤfte, d. h. ſolche, die in bewegte Koͤrper, wie in ruhende, unaufhoͤrlich und immer gleich ſtark, auch immer nach einerley Richtung wirken, muͤſſen daher die Bewegungen, die ſie hervorbringen, auch gleichfoͤrmig beſchleunigen. Denn ihre erſte Wirkung iſt die Hervorbringung der Bewegung, zu welcher ihre folgenden Wirkungen in jedem Zeittheile gleich ſtarke Vermehrungen der Geſchwindigkeit nach eben derſelben

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[313/0327] Nimmt hiebey die Geſchwindigkeit ſo zu, daß ſie in gleichen Zeitraͤumen gleiche Zuſaͤtze erhaͤlt, ſo heißt die Beſchleunigung gleichfoͤrmig (uniformis, aequabilis); ſind aber die in gleichen Zeitraͤumen erhaltenen Vermehrungen der Geſchwindigkeit ungleich, ſo iſt dies eine ungleichfoͤrmige Beſchleunigung (difformis, inaequabilis). Die Retardation oder Verminderung der Geſchwindigkeit kan als negative Beſchleunigung angeſehen werden. Seitdem nach Galilei Entdeckungen der Geſetze fallender Koͤrper die hoͤhere Mechanik entwickelt und ausgebildet worden iſt, hat man die Beſchleunigungen der Bewegung durchgaͤngig als Wirkungen der Kraͤfte angeſehen, welche die Bewegung ſelbſt hervorbringen oder aͤndern. Die hoͤhere Mechanik nimmt hieruͤber folgende mit den Erfahrungen uͤbereinſtimmende Grundſaͤtze an. 1. Einmal entſtandene Bewegungen dauern, auch ohne weiteres Zuthun einer Kraft, fort, und behalten ihre vorige Richtung und Geſchwindigkeit, ohne Beſchleunigung, ſ. Traͤgheit. 2. Koͤmmt aberzu einer einmal entſtandnen Bewegung in jedem Zeittheile eine neue Wirkung einer Kraft hinzu, ſo entſteht Beſchleunigung, wenn dieſe Kraft ganz oder zum Theil nach der Richtung der Bewegung ſelbſt, Retardation, wenn ſie ganz oder zum Theil nach der entgegengeſetzten Richtung wirkt. 3. Sind dieſe neuen, mit jedem Zeittheile hinzukommenden, Wirkungen der Kraft ſtets gleich groß, ſo entſteht gleichfoͤrmige, ſind ſie ungleich, ungleichfoͤrmige Beſchleunigung oder Retardation. Abſolute unveraͤnderliche Kraͤfte, d. h. ſolche, die in bewegte Koͤrper, wie in ruhende, unaufhoͤrlich und immer gleich ſtark, auch immer nach einerley Richtung wirken, muͤſſen daher die Bewegungen, die ſie hervorbringen, auch gleichfoͤrmig beſchleunigen. Denn ihre erſte Wirkung iſt die Hervorbringung der Bewegung, zu welcher ihre folgenden Wirkungen in jedem Zeittheile gleich ſtarke Vermehrungen der Geſchwindigkeit nach eben derſelben

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/327>, abgerufen am 25.11.2024.