Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Das Bley ist sehr leichtflüßig und schmelzt bey 540 Grad Wärme nach Fahrenheit, lange vorher, ehe es roth glühet. Sobald es geschmolzen ist, fängt es auch an, sich zu verkalken, und zeigt auf der Oberfläche eine graue Asche. Dieser graue Bleykalk wird durch eine fortgefetzte Verkalkung gelb, und heißt dann Bleygelb, Massicot (jaune de plomb), endlich ganz roth, in welchem Zustande er den Namen der Mennige (minium) bekömmt. Bey stärkerm Feuer schmelzt er alsdann fehr leicht zu einer gelblichen glasartigen Masse in einer schuppichten Gestalt, der Bleyglötte (lithargyrium, litharge). Noch stärker erhitzt verglaset er sich völlig, und bildet das Bleyglas (vitrum Saturni), eine im flüßigen Zustande so dünnflüssige und wirksame Masse, daß die dichtesten Schmelztiegel davon, wie von Wasser, durchdrungen und mit einer Glasur überzogen werden. Alle diese Kalke und Gläser sind sehr schwer, und behalten vielen brennbaren Stof bey sich, daher sie sich auch sehr leicht wieder zu Metall herstellen lassen. Das Bley nimmt bey der Verglasung alle erdichte Materien und Metalle, nur das Gold und Silber ausgenommen, an sich. Man bedient sich daher desselben zum Abtreiben des Silbers auf der Kapelle, wobey sich das Bley nebst den dem Silber beygemischten Metallen in eine Bleyglötte verwandelt, welche sich durch Schmelzung zwischen Kohlen wieder anfrischen, d. i. zu Bley wiederherstellen läßt. Das Bley läßt sich von allen Säuren auflösen. Die Bleyauflösung in Salpetersäure giebt behutsam abgeraucht den Bleysalpeter (Plumbum fulminans), der sich über dem Feuer leicht mit einem Knall entzündet. Aus eben dieser Auflösung schlägt die Vitriolsäure den Bleyvitriol, und die Salzsäure das Hornbley nieder. Auch die Pflanzensäuren lösen das Bley mit vieler Leichtigkeit auf. In den Dämpfen der Eßigsäure überzieht sich das Bley mit einem weißen Beschlag, dem Bleyweiß (cerussa, ceruse), welches Bergmann (Diss. de acido aereo, §. 17.) für
Das Bley iſt ſehr leichtfluͤßig und ſchmelzt bey 540 Grad Waͤrme nach Fahrenheit, lange vorher, ehe es roth gluͤhet. Sobald es geſchmolzen iſt, faͤngt es auch an, ſich zu verkalken, und zeigt auf der Oberflaͤche eine graue Aſche. Dieſer graue Bleykalk wird durch eine fortgefetzte Verkalkung gelb, und heißt dann Bleygelb, Maſſicot (jaune de plomb), endlich ganz roth, in welchem Zuſtande er den Namen der Mennige (minium) bekoͤmmt. Bey ſtaͤrkerm Feuer ſchmelzt er alsdann fehr leicht zu einer gelblichen glasartigen Maſſe in einer ſchuppichten Geſtalt, der Bleygloͤtte (lithargyrium, litharge). Noch ſtaͤrker erhitzt verglaſet er ſich voͤllig, und bildet das Bleyglas (vitrum Saturni), eine im fluͤßigen Zuſtande ſo duͤnnfluͤſſige und wirkſame Maſſe, daß die dichteſten Schmelztiegel davon, wie von Waſſer, durchdrungen und mit einer Glaſur uͤberzogen werden. Alle dieſe Kalke und Glaͤſer ſind ſehr ſchwer, und behalten vielen brennbaren Stof bey ſich, daher ſie ſich auch ſehr leicht wieder zu Metall herſtellen laſſen. Das Bley nimmt bey der Verglaſung alle erdichte Materien und Metalle, nur das Gold und Silber ausgenommen, an ſich. Man bedient ſich daher deſſelben zum Abtreiben des Silbers auf der Kapelle, wobey ſich das Bley nebſt den dem Silber beygemiſchten Metallen in eine Bleygloͤtte verwandelt, welche ſich durch Schmelzung zwiſchen Kohlen wieder anfriſchen, d. i. zu Bley wiederherſtellen laͤßt. Das Bley laͤßt ſich von allen Saͤuren aufloͤſen. Die Bleyaufloͤſung in Salpeterſaͤure giebt behutſam abgeraucht den Bleyſalpeter (Plumbum fulminans), der ſich uͤber dem Feuer leicht mit einem Knall entzuͤndet. Aus eben dieſer Aufloͤſung ſchlaͤgt die Vitriolſaͤure den Bleyvitriol, und die Salzſaͤure das Hornbley nieder. Auch die Pflanzenſaͤuren loͤſen das Bley mit vieler Leichtigkeit auf. In den Daͤmpfen der Eßigſaͤure uͤberzieht ſich das Bley mit einem weißen Beſchlag, dem Bleyweiß (ceruſſa, ceruſe), welches Bergmann (Diſſ. de acido aëreo, §. 17.) fuͤr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0379" xml:id="P.1.365" n="365"/><lb/> 11,386mal groͤßer, als die des reinen Waſſers, ſo daß ein pariſer Cubikſchuh davon etwa 828 Pfund wiegt.</p> <p>Das Bley iſt ſehr leichtfluͤßig und ſchmelzt bey 540 Grad Waͤrme nach Fahrenheit, lange vorher, ehe es roth gluͤhet. Sobald es geſchmolzen iſt, faͤngt es auch an, ſich zu verkalken, und zeigt auf der Oberflaͤche eine graue Aſche. Dieſer graue <hi rendition="#b">Bleykalk</hi> wird durch eine fortgefetzte Verkalkung gelb, und heißt dann <hi rendition="#b">Bleygelb, Maſſicot</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">jaune de plomb</hi>),</hi> endlich ganz roth, in welchem Zuſtande er den Namen der <hi rendition="#b">Mennige</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">minium</hi>)</hi> bekoͤmmt. Bey ſtaͤrkerm Feuer ſchmelzt er alsdann fehr leicht zu einer gelblichen glasartigen Maſſe in einer ſchuppichten Geſtalt, der <hi rendition="#b">Bleygloͤtte</hi> <hi rendition="#aq">(lithargyrium, <hi rendition="#i">litharge</hi>).</hi> Noch ſtaͤrker erhitzt verglaſet er ſich voͤllig, und bildet das <hi rendition="#b">Bleyglas</hi> <hi rendition="#aq">(vitrum Saturni),</hi> eine im fluͤßigen Zuſtande ſo duͤnnfluͤſſige und wirkſame Maſſe, daß die dichteſten Schmelztiegel davon, wie von Waſſer, durchdrungen und mit einer Glaſur uͤberzogen werden. Alle dieſe Kalke und Glaͤſer ſind ſehr ſchwer, und behalten vielen brennbaren Stof bey ſich, daher ſie ſich auch ſehr leicht wieder zu Metall herſtellen laſſen. Das Bley nimmt bey der Verglaſung alle erdichte Materien und Metalle, nur das Gold und Silber ausgenommen, an ſich. Man bedient ſich daher deſſelben zum Abtreiben des Silbers auf der Kapelle, wobey ſich das Bley nebſt den dem Silber beygemiſchten Metallen in eine Bleygloͤtte verwandelt, welche ſich durch Schmelzung zwiſchen Kohlen wieder <hi rendition="#b">anfriſchen,</hi> d. i. zu Bley wiederherſtellen laͤßt.</p> <p>Das Bley laͤßt ſich von allen Saͤuren aufloͤſen. Die Bleyaufloͤſung in Salpeterſaͤure giebt behutſam abgeraucht den <hi rendition="#b">Bleyſalpeter</hi> <hi rendition="#aq">(Plumbum fulminans),</hi> der ſich uͤber dem Feuer leicht mit einem Knall entzuͤndet. Aus eben dieſer Aufloͤſung ſchlaͤgt die Vitriolſaͤure den <hi rendition="#b">Bleyvitriol,</hi> und die Salzſaͤure das <hi rendition="#b">Hornbley</hi> nieder. Auch die Pflanzenſaͤuren loͤſen das Bley mit vieler Leichtigkeit auf. In den Daͤmpfen der Eßigſaͤure uͤberzieht ſich das Bley mit einem weißen Beſchlag, dem <hi rendition="#b">Bleyweiß</hi> <hi rendition="#aq">(ceruſſa, <hi rendition="#i">ceruſe</hi>),</hi> welches <hi rendition="#b">Bergmann</hi> <hi rendition="#aq">(Diſſ. de acido aëreo, §. 17.)</hi> fuͤr<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [365/0379]
11,386mal groͤßer, als die des reinen Waſſers, ſo daß ein pariſer Cubikſchuh davon etwa 828 Pfund wiegt.
Das Bley iſt ſehr leichtfluͤßig und ſchmelzt bey 540 Grad Waͤrme nach Fahrenheit, lange vorher, ehe es roth gluͤhet. Sobald es geſchmolzen iſt, faͤngt es auch an, ſich zu verkalken, und zeigt auf der Oberflaͤche eine graue Aſche. Dieſer graue Bleykalk wird durch eine fortgefetzte Verkalkung gelb, und heißt dann Bleygelb, Maſſicot (jaune de plomb), endlich ganz roth, in welchem Zuſtande er den Namen der Mennige (minium) bekoͤmmt. Bey ſtaͤrkerm Feuer ſchmelzt er alsdann fehr leicht zu einer gelblichen glasartigen Maſſe in einer ſchuppichten Geſtalt, der Bleygloͤtte (lithargyrium, litharge). Noch ſtaͤrker erhitzt verglaſet er ſich voͤllig, und bildet das Bleyglas (vitrum Saturni), eine im fluͤßigen Zuſtande ſo duͤnnfluͤſſige und wirkſame Maſſe, daß die dichteſten Schmelztiegel davon, wie von Waſſer, durchdrungen und mit einer Glaſur uͤberzogen werden. Alle dieſe Kalke und Glaͤſer ſind ſehr ſchwer, und behalten vielen brennbaren Stof bey ſich, daher ſie ſich auch ſehr leicht wieder zu Metall herſtellen laſſen. Das Bley nimmt bey der Verglaſung alle erdichte Materien und Metalle, nur das Gold und Silber ausgenommen, an ſich. Man bedient ſich daher deſſelben zum Abtreiben des Silbers auf der Kapelle, wobey ſich das Bley nebſt den dem Silber beygemiſchten Metallen in eine Bleygloͤtte verwandelt, welche ſich durch Schmelzung zwiſchen Kohlen wieder anfriſchen, d. i. zu Bley wiederherſtellen laͤßt.
Das Bley laͤßt ſich von allen Saͤuren aufloͤſen. Die Bleyaufloͤſung in Salpeterſaͤure giebt behutſam abgeraucht den Bleyſalpeter (Plumbum fulminans), der ſich uͤber dem Feuer leicht mit einem Knall entzuͤndet. Aus eben dieſer Aufloͤſung ſchlaͤgt die Vitriolſaͤure den Bleyvitriol, und die Salzſaͤure das Hornbley nieder. Auch die Pflanzenſaͤuren loͤſen das Bley mit vieler Leichtigkeit auf. In den Daͤmpfen der Eßigſaͤure uͤberzieht ſich das Bley mit einem weißen Beſchlag, dem Bleyweiß (ceruſſa, ceruſe), welches Bergmann (Diſſ. de acido aëreo, §. 17.) fuͤr
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