Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
9. Auch wird hieraus begreiflich, wie die Abweichung unter einerley Meridiane an einem Orte östlich, am andern westlich seyn kan. So erklärt Halley den Zustand der Abweichungen für das Jahr 1700. Weil er aber auch auf die Veränderungen der Abweichung sehen, und also nothwendig eine Bewegung seiner magnetischen Pole annehmen muste, wobey die Fragen entstanden: ob sich alle vier Pole zugleich, ob sie sich um die Pole der Erde, und mit welcher Geschwindigkeit sie sich bewegten, so suchte er diese Fragen in einem andern Aufsatze (An account of the cause of the change of the variation of the magnetical needle, by Edm. Halley, in den Philos. Transact.num. 195. p. 563.) durch Folgendes zu beantworten. Der äußere Theil der Erde macht nach seiner Meynung nur eine Rinde aus, umschließt einen concentrischen kugelförmigen Kern, und der Raum zwischen beyden ist mit einer flüßigen Materie angefüllt. Kern und Rinde drehen sich zwar beyde täglich um ihre Axen, aber die Umdrehungszeit des Kerns ist von der Umdrehungszeit der Rinde um ein kleines Zeittheilchen unterschieden; dieser Unterschied wird nach oft wiederholter Umdrehung merklich, und die Stellen der Rinde treffen alsdann nicht mehr mit den vorigen Stellen des Kerns zusammen. Nimmt man nun an, beydes Rinde und Kern seyen Magnete mit zween Polen, so ändern fich freylich die Stellungen dieser vier Pole gegen einander, und wenn man, wie natürlich, die Pole der Rinde als die unbeweglichen betrachtet, so muß man alsdann den Polen des Kerns eine beständige Bewegung beylegen. Unter den Nordpolen ist der bewegliche der europäische,
9. Auch wird hieraus begreiflich, wie die Abweichung unter einerley Meridiane an einem Orte oͤſtlich, am andern weſtlich ſeyn kan. So erklaͤrt Halley den Zuſtand der Abweichungen fuͤr das Jahr 1700. Weil er aber auch auf die Veraͤnderungen der Abweichung ſehen, und alſo nothwendig eine Bewegung ſeiner magnetiſchen Pole annehmen muſte, wobey die Fragen entſtanden: ob ſich alle vier Pole zugleich, ob ſie ſich um die Pole der Erde, und mit welcher Geſchwindigkeit ſie ſich bewegten, ſo ſuchte er dieſe Fragen in einem andern Aufſatze (An account of the cauſe of the change of the variation of the magnetical needle, by Edm. Halley, in den Philoſ. Transact.num. 195. p. 563.) durch Folgendes zu beantworten. Der aͤußere Theil der Erde macht nach ſeiner Meynung nur eine Rinde aus, umſchließt einen concentriſchen kugelfoͤrmigen Kern, und der Raum zwiſchen beyden iſt mit einer fluͤßigen Materie angefuͤllt. Kern und Rinde drehen ſich zwar beyde taͤglich um ihre Axen, aber die Umdrehungszeit des Kerns iſt von der Umdrehungszeit der Rinde um ein kleines Zeittheilchen unterſchieden; dieſer Unterſchied wird nach oft wiederholter Umdrehung merklich, und die Stellen der Rinde treffen alsdann nicht mehr mit den vorigen Stellen des Kerns zuſammen. Nimmt man nun an, beydes Rinde und Kern ſeyen Magnete mit zween Polen, ſo aͤndern fich freylich die Stellungen dieſer vier Pole gegen einander, und wenn man, wie natuͤrlich, die Pole der Rinde als die unbeweglichen betrachtet, ſo muß man alsdann den Polen des Kerns eine beſtaͤndige Bewegung beylegen. Unter den Nordpolen iſt der bewegliche der europaͤiſche, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0041" xml:id="P.1.27" n="27"/><lb/> Wirkung des <hi rendition="#b">amerikaniſchen</hi> Suͤdpols, der dieſen Gegenden am naͤchſten liegt, und eigentlich eine große <hi rendition="#b">oͤſtliche</hi> Abweichung verurſachen ſollte, durch die entgegengeſetzten vereinten Wirkungen des <hi rendition="#b">amerikaniſchen</hi> Nordpols und des <hi rendition="#b">aſiatiſchen</hi> Suͤdpols geſchwaͤcht wird, der <hi rendition="#b">europaͤiſche</hi> Nordpol aber ohnehin beynahe in den Meridian dieſer Gegenden ſelbſt faͤllt.</p> <p>9. Auch wird hieraus begreiflich, wie die Abweichung unter einerley Meridiane an einem Orte <hi rendition="#b">oͤſtlich,</hi> am andern <hi rendition="#b">weſtlich</hi> ſeyn kan.</p> <p>So erklaͤrt <hi rendition="#b">Halley</hi> den Zuſtand der Abweichungen fuͤr das Jahr 1700. Weil er aber auch auf die <hi rendition="#b">Veraͤnderungen</hi> der Abweichung ſehen, und alſo nothwendig eine Bewegung ſeiner magnetiſchen Pole annehmen muſte, wobey die Fragen entſtanden: ob ſich alle vier Pole zugleich, ob ſie ſich um die Pole der Erde, und mit welcher Geſchwindigkeit ſie ſich bewegten, ſo ſuchte er dieſe Fragen in einem andern Aufſatze (<hi rendition="#aq">An account of the cauſe of the change of the variation of the magnetical needle, by <hi rendition="#i">Edm. Halley,</hi></hi> in den <hi rendition="#aq">Philoſ. Transact.num. 195. p. 563.</hi>) durch Folgendes zu beantworten.</p> <p>Der aͤußere Theil der Erde macht nach ſeiner Meynung nur eine <hi rendition="#b">Rinde</hi> aus, umſchließt einen concentriſchen kugelfoͤrmigen <hi rendition="#b">Kern,</hi> und der Raum zwiſchen beyden iſt mit einer fluͤßigen Materie angefuͤllt. Kern und Rinde drehen ſich zwar beyde taͤglich um ihre Axen, aber die Umdrehungszeit des Kerns iſt von der Umdrehungszeit der Rinde um ein kleines Zeittheilchen unterſchieden; dieſer Unterſchied wird nach oft wiederholter Umdrehung merklich, und die Stellen der Rinde treffen alsdann nicht mehr mit den vorigen Stellen des Kerns zuſammen.</p> <p>Nimmt man nun an, beydes Rinde und Kern ſeyen Magnete mit zween Polen, ſo aͤndern fich freylich die Stellungen dieſer vier Pole gegen einander, und wenn man, wie natuͤrlich, die Pole der Rinde als die <hi rendition="#b">unbeweglichen</hi> betrachtet, ſo muß man alsdann den Polen des Kerns eine beſtaͤndige <hi rendition="#b">Bewegung</hi> beylegen. Unter den Nordpolen iſt der bewegliche der <hi rendition="#b">europaͤiſche,</hi><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0041]
Wirkung des amerikaniſchen Suͤdpols, der dieſen Gegenden am naͤchſten liegt, und eigentlich eine große oͤſtliche Abweichung verurſachen ſollte, durch die entgegengeſetzten vereinten Wirkungen des amerikaniſchen Nordpols und des aſiatiſchen Suͤdpols geſchwaͤcht wird, der europaͤiſche Nordpol aber ohnehin beynahe in den Meridian dieſer Gegenden ſelbſt faͤllt.
9. Auch wird hieraus begreiflich, wie die Abweichung unter einerley Meridiane an einem Orte oͤſtlich, am andern weſtlich ſeyn kan.
So erklaͤrt Halley den Zuſtand der Abweichungen fuͤr das Jahr 1700. Weil er aber auch auf die Veraͤnderungen der Abweichung ſehen, und alſo nothwendig eine Bewegung ſeiner magnetiſchen Pole annehmen muſte, wobey die Fragen entſtanden: ob ſich alle vier Pole zugleich, ob ſie ſich um die Pole der Erde, und mit welcher Geſchwindigkeit ſie ſich bewegten, ſo ſuchte er dieſe Fragen in einem andern Aufſatze (An account of the cauſe of the change of the variation of the magnetical needle, by Edm. Halley, in den Philoſ. Transact.num. 195. p. 563.) durch Folgendes zu beantworten.
Der aͤußere Theil der Erde macht nach ſeiner Meynung nur eine Rinde aus, umſchließt einen concentriſchen kugelfoͤrmigen Kern, und der Raum zwiſchen beyden iſt mit einer fluͤßigen Materie angefuͤllt. Kern und Rinde drehen ſich zwar beyde taͤglich um ihre Axen, aber die Umdrehungszeit des Kerns iſt von der Umdrehungszeit der Rinde um ein kleines Zeittheilchen unterſchieden; dieſer Unterſchied wird nach oft wiederholter Umdrehung merklich, und die Stellen der Rinde treffen alsdann nicht mehr mit den vorigen Stellen des Kerns zuſammen.
Nimmt man nun an, beydes Rinde und Kern ſeyen Magnete mit zween Polen, ſo aͤndern fich freylich die Stellungen dieſer vier Pole gegen einander, und wenn man, wie natuͤrlich, die Pole der Rinde als die unbeweglichen betrachtet, ſo muß man alsdann den Polen des Kerns eine beſtaͤndige Bewegung beylegen. Unter den Nordpolen iſt der bewegliche der europaͤiſche,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |