Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Die Ursache dieses Phänomens ist so zu erklären. Als die Kugel noch ganz mit Luft umgeben war, litten alle Theile ihrer Vorderfläche nop gleichen Widerstand. Sobald sie aber das Wasser berührt, widersteht dasselbe dem Punkte r mehr, als der auf der andern Seite gleich weit von o entfernte Punkt, der sich noch in der Luft befindet, Widerstand leidet. So wird während des Eintauchens der Kugel die Seite op immer an mehr Punkten vom Wasser berührt, als die Seite on, daher der Widerstand immer an jener Seite stärker bleibt, als an dieser, und also die Bewegung natürlich von der Seite op, oder von dem Perpendikel AB, der durch diese Seite geht, ablenken muß. Diese Ablenkung geschieht nach und nach in einer krummen Linie, bis sich endlich die vorangehende Halbkugel ganz eingesenkt hat, worauf die Bewegung wieder geradlinigt wird. Aehnliche Betrachtungen zeigen, daß die Ablenkung auf die entgegengesetzte Seite fällt, wenn der Körper in ein weniger widerstehendes Mittel übergeht, und daß gar keine Brechung statt findet, wenn er nach dem Perpendikel AB selbst auffällt. Die Dynamik lehrt, daß die Größe und das Verhältniß dieser Ablenkung von der Größe und dem Gesetze des Widerstands, ingleichen von der Geschwindigkeit, Gestalt und Masse des bewegten Körpers abhange. Das Licht verhält sich, wie der folgende Artikel zeigt, ganz anders. Es geht im dichtern Mittel auf den Perpendikel zu, im dünnern von ihm ab. Schon dies leitet auf die Vermuthung, daß die Brechung des
Die Urſache dieſes Phaͤnomens iſt ſo zu erklaͤren. Als die Kugel noch ganz mit Luft umgeben war, litten alle Theile ihrer Vorderflaͤche nop gleichen Widerſtand. Sobald ſie aber das Waſſer beruͤhrt, widerſteht daſſelbe dem Punkte r mehr, als der auf der andern Seite gleich weit von o entfernte Punkt, der ſich noch in der Luft befindet, Widerſtand leidet. So wird waͤhrend des Eintauchens der Kugel die Seite op immer an mehr Punkten vom Waſſer beruͤhrt, als die Seite on, daher der Widerſtand immer an jener Seite ſtaͤrker bleibt, als an dieſer, und alſo die Bewegung natuͤrlich von der Seite op, oder von dem Perpendikel AB, der durch dieſe Seite geht, ablenken muß. Dieſe Ablenkung geſchieht nach und nach in einer krummen Linie, bis ſich endlich die vorangehende Halbkugel ganz eingeſenkt hat, worauf die Bewegung wieder geradlinigt wird. Aehnliche Betrachtungen zeigen, daß die Ablenkung auf die entgegengeſetzte Seite faͤllt, wenn der Koͤrper in ein weniger widerſtehendes Mittel uͤbergeht, und daß gar keine Brechung ſtatt findet, wenn er nach dem Perpendikel AB ſelbſt auffaͤllt. Die Dynamik lehrt, daß die Groͤße und das Verhaͤltniß dieſer Ablenkung von der Groͤße und dem Geſetze des Widerſtands, ingleichen von der Geſchwindigkeit, Geſtalt und Maſſe des bewegten Koͤrpers abhange. Das Licht verhaͤlt ſich, wie der folgende Artikel zeigt, ganz anders. Es geht im dichtern Mittel auf den Perpendikel zu, im duͤnnern von ihm ab. Schon dies leitet auf die Vermuthung, daß die Brechung des <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0425" xml:id="P.1.411" n="411"/><lb/> Mittel auf den Perpendikel zu gelenkt werden. So wird die nach der Richtung <hi rendition="#aq">mq</hi> (Taf. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Fig. 70.) auf die Waſſerflaͤche <hi rendition="#aq">ST</hi> treffende Kugel <hi rendition="#aq">M</hi> im Waſſer die Richtung <hi rendition="#aq">Mt</hi> annehmen, welche von dem Perpendikel auf die Waſſerflaͤche, oder von <hi rendition="#aq">AB,</hi> mehr, als die vorige Richtung <hi rendition="#aq">Mq</hi> abweicht. Gienge aber die Kugel aus dem Waſſer in Luft uͤber, ſo wuͤrde ſie ihre Richtung auf eine entgegengeſetzte Art aͤndern, z. B. in der Luft nach <hi rendition="#aq">Mm</hi> gehen, wenn ſie zuvor im Waſſer nach <hi rendition="#aq">tM</hi> gegangen waͤre; ſie wuͤrde mehr nach dem Perpendikel <hi rendition="#aq">BA</hi> zu gelenkt werden.</p> <p>Die Urſache dieſes Phaͤnomens iſt ſo zu erklaͤren. Als die Kugel noch ganz mit Luft umgeben war, litten alle Theile ihrer Vorderflaͤche <hi rendition="#aq">nop</hi> gleichen Widerſtand. Sobald ſie aber das Waſſer beruͤhrt, widerſteht daſſelbe dem Punkte <hi rendition="#aq">r</hi> mehr, als der auf der andern Seite gleich weit von <hi rendition="#aq">o</hi> entfernte Punkt, der ſich noch in der Luft befindet, Widerſtand leidet. So wird waͤhrend des Eintauchens der Kugel die Seite <hi rendition="#aq">op</hi> immer an mehr Punkten vom Waſſer beruͤhrt, als die Seite <hi rendition="#aq">on,</hi> daher der Widerſtand immer an jener Seite ſtaͤrker bleibt, als an dieſer, und alſo die Bewegung natuͤrlich von der Seite <hi rendition="#aq">op,</hi> oder von dem Perpendikel <hi rendition="#aq">AB,</hi> der durch dieſe Seite geht, ablenken muß. Dieſe Ablenkung geſchieht nach und nach in einer krummen Linie, bis ſich endlich die vorangehende Halbkugel ganz eingeſenkt hat, worauf die Bewegung wieder geradlinigt wird. Aehnliche Betrachtungen zeigen, daß die Ablenkung auf die entgegengeſetzte Seite faͤllt, wenn der Koͤrper in ein weniger widerſtehendes Mittel uͤbergeht, und daß gar keine Brechung ſtatt findet, wenn er nach dem Perpendikel <hi rendition="#aq">AB</hi> ſelbſt auffaͤllt. Die Dynamik lehrt, daß die Groͤße und das Verhaͤltniß dieſer Ablenkung von der Groͤße und dem Geſetze des Widerſtands, ingleichen von der Geſchwindigkeit, Geſtalt und Maſſe des bewegten Koͤrpers abhange. Das Licht verhaͤlt ſich, wie der folgende Artikel zeigt, ganz anders. Es geht im dichtern Mittel auf den Perpendikel zu, im duͤnnern von ihm ab. Schon dies leitet auf die Vermuthung, daß die Brechung des<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [411/0425]
Mittel auf den Perpendikel zu gelenkt werden. So wird die nach der Richtung mq (Taf. IV. Fig. 70.) auf die Waſſerflaͤche ST treffende Kugel M im Waſſer die Richtung Mt annehmen, welche von dem Perpendikel auf die Waſſerflaͤche, oder von AB, mehr, als die vorige Richtung Mq abweicht. Gienge aber die Kugel aus dem Waſſer in Luft uͤber, ſo wuͤrde ſie ihre Richtung auf eine entgegengeſetzte Art aͤndern, z. B. in der Luft nach Mm gehen, wenn ſie zuvor im Waſſer nach tM gegangen waͤre; ſie wuͤrde mehr nach dem Perpendikel BA zu gelenkt werden.
Die Urſache dieſes Phaͤnomens iſt ſo zu erklaͤren. Als die Kugel noch ganz mit Luft umgeben war, litten alle Theile ihrer Vorderflaͤche nop gleichen Widerſtand. Sobald ſie aber das Waſſer beruͤhrt, widerſteht daſſelbe dem Punkte r mehr, als der auf der andern Seite gleich weit von o entfernte Punkt, der ſich noch in der Luft befindet, Widerſtand leidet. So wird waͤhrend des Eintauchens der Kugel die Seite op immer an mehr Punkten vom Waſſer beruͤhrt, als die Seite on, daher der Widerſtand immer an jener Seite ſtaͤrker bleibt, als an dieſer, und alſo die Bewegung natuͤrlich von der Seite op, oder von dem Perpendikel AB, der durch dieſe Seite geht, ablenken muß. Dieſe Ablenkung geſchieht nach und nach in einer krummen Linie, bis ſich endlich die vorangehende Halbkugel ganz eingeſenkt hat, worauf die Bewegung wieder geradlinigt wird. Aehnliche Betrachtungen zeigen, daß die Ablenkung auf die entgegengeſetzte Seite faͤllt, wenn der Koͤrper in ein weniger widerſtehendes Mittel uͤbergeht, und daß gar keine Brechung ſtatt findet, wenn er nach dem Perpendikel AB ſelbſt auffaͤllt. Die Dynamik lehrt, daß die Groͤße und das Verhaͤltniß dieſer Ablenkung von der Groͤße und dem Geſetze des Widerſtands, ingleichen von der Geſchwindigkeit, Geſtalt und Maſſe des bewegten Koͤrpers abhange. Das Licht verhaͤlt ſich, wie der folgende Artikel zeigt, ganz anders. Es geht im dichtern Mittel auf den Perpendikel zu, im duͤnnern von ihm ab. Schon dies leitet auf die Vermuthung, daß die Brechung des
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