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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Beweisen möchte dieser wohl der glücklichste seyn, obgleich sie alle nicht für physikalische Erklärungen gelten können, da sie nur den Endzweck, nicht die wirkende Ursache lehren, auch die Voraussetzung, auf die sie sich gründen, nicht anders, als durch die zu beweisenden Sätze selbst, bestätiget werden können.

Unter den mechanischen Erklärungen der Ursache der Brechung ist eine der ältesten diejenige, welche Hobbes, Barrow (Lectiones opticae, Lond. 1674. 4.), Dechales (Mundus mathematicus, Lugd. 1690. fol.) und Rizzetti (Catoptr. et Dioptr. elementa, Venet. 1728. 8.) angenommen haben, und deren Erfindung Montucla dem P. Maignan (Perspectiva horaria, Romae 1648. fol.) zuschreibt. Man nimmt an, daß das Licht aus mehrern an einander hängenden länglichen Theilen bestehe, welche sich immer parallel mit einander fortbewegen. Stößt nun der Lichtstral schief gegen eine brechende Fläche, wo er mehr Widerstand findet, so wird der Theil a (Taf. IV. Fig. 73.) eher anstoßen und Widerstand leiden, als der zugehörige Theil A. Jener wird daher mit verminderter Geschwindigkeit fortgehen, indem A noch seine vorige Geschwindigkeit behält. Da aber beyde zusammenhängen, so werden sie (etwa wie die Räder eines umgelenkten Wagens) concentrische Bogen ab und AB beschreiben, deren Längen sich, wie die Geschwindigkeiten in beyden Mitteln, verhalten, bis A ebenfalls die brechende Fläche in B erreicht, eine gleiche Geschwindigkeit mit a erhält, und beyde von B und b aus wieder parallel und geradlinigt fortgehen können. Man sieht aus der Figur, daß sich der Stral, wenn der Uebergang aus dem dünnern Mittel ins dichtere geschieht, wo ab kleiner, als AB ist, nach dem Einfallslothe zu, im entgegengesetzten Falle aber von demselben ab lenken müsse. Allein, außer der willkührlich angenommenen Voraussetzung von der Beschaffenheit des Lichts, würde hieraus folgen, daß dichtere und stärker brechende Mittel dem Lichte mehr Widerstand entgegensetzten, und seine Geschwindigkeit verminderten, wovon sich eher das Gegentheil vermuthen läst.


Beweiſen moͤchte dieſer wohl der gluͤcklichſte ſeyn, obgleich ſie alle nicht fuͤr phyſikaliſche Erklaͤrungen gelten koͤnnen, da ſie nur den Endzweck, nicht die wirkende Urſache lehren, auch die Vorausſetzung, auf die ſie ſich gruͤnden, nicht anders, als durch die zu beweiſenden Saͤtze ſelbſt, beſtaͤtiget werden koͤnnen.

Unter den mechaniſchen Erklaͤrungen der Urſache der Brechung iſt eine der aͤlteſten diejenige, welche Hobbes, Barrow (Lectiones opticae, Lond. 1674. 4.), Dechales (Mundus mathematicus, Lugd. 1690. fol.) und Rizzetti (Catoptr. et Dioptr. elementa, Venet. 1728. 8.) angenommen haben, und deren Erfindung Montucla dem P. Maignan (Perſpectiva horaria, Romae 1648. fol.) zuſchreibt. Man nimmt an, daß das Licht aus mehrern an einander haͤngenden laͤnglichen Theilen beſtehe, welche ſich immer parallel mit einander fortbewegen. Stoͤßt nun der Lichtſtral ſchief gegen eine brechende Flaͤche, wo er mehr Widerſtand findet, ſo wird der Theil a (Taf. IV. Fig. 73.) eher anſtoßen und Widerſtand leiden, als der zugehoͤrige Theil A. Jener wird daher mit verminderter Geſchwindigkeit fortgehen, indem A noch ſeine vorige Geſchwindigkeit behaͤlt. Da aber beyde zuſammenhaͤngen, ſo werden ſie (etwa wie die Raͤder eines umgelenkten Wagens) concentriſche Bogen ab und AB beſchreiben, deren Laͤngen ſich, wie die Geſchwindigkeiten in beyden Mitteln, verhalten, bis A ebenfalls die brechende Flaͤche in B erreicht, eine gleiche Geſchwindigkeit mit a erhaͤlt, und beyde von B und b aus wieder parallel und geradlinigt fortgehen koͤnnen. Man ſieht aus der Figur, daß ſich der Stral, wenn der Uebergang aus dem duͤnnern Mittel ins dichtere geſchieht, wo ab kleiner, als AB iſt, nach dem Einfallslothe zu, im entgegengeſetzten Falle aber von demſelben ab lenken muͤſſe. Allein, außer der willkuͤhrlich angenommenen Vorausſetzung von der Beſchaffenheit des Lichts, wuͤrde hieraus folgen, daß dichtere und ſtaͤrker brechende Mittel dem Lichte mehr Widerſtand entgegenſetzten, und ſeine Geſchwindigkeit verminderten, wovon ſich eher das Gegentheil vermuthen laͤſt.

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[422/0436] Beweiſen moͤchte dieſer wohl der gluͤcklichſte ſeyn, obgleich ſie alle nicht fuͤr phyſikaliſche Erklaͤrungen gelten koͤnnen, da ſie nur den Endzweck, nicht die wirkende Urſache lehren, auch die Vorausſetzung, auf die ſie ſich gruͤnden, nicht anders, als durch die zu beweiſenden Saͤtze ſelbſt, beſtaͤtiget werden koͤnnen. Unter den mechaniſchen Erklaͤrungen der Urſache der Brechung iſt eine der aͤlteſten diejenige, welche Hobbes, Barrow (Lectiones opticae, Lond. 1674. 4.), Dechales (Mundus mathematicus, Lugd. 1690. fol.) und Rizzetti (Catoptr. et Dioptr. elementa, Venet. 1728. 8.) angenommen haben, und deren Erfindung Montucla dem P. Maignan (Perſpectiva horaria, Romae 1648. fol.) zuſchreibt. Man nimmt an, daß das Licht aus mehrern an einander haͤngenden laͤnglichen Theilen beſtehe, welche ſich immer parallel mit einander fortbewegen. Stoͤßt nun der Lichtſtral ſchief gegen eine brechende Flaͤche, wo er mehr Widerſtand findet, ſo wird der Theil a (Taf. IV. Fig. 73.) eher anſtoßen und Widerſtand leiden, als der zugehoͤrige Theil A. Jener wird daher mit verminderter Geſchwindigkeit fortgehen, indem A noch ſeine vorige Geſchwindigkeit behaͤlt. Da aber beyde zuſammenhaͤngen, ſo werden ſie (etwa wie die Raͤder eines umgelenkten Wagens) concentriſche Bogen ab und AB beſchreiben, deren Laͤngen ſich, wie die Geſchwindigkeiten in beyden Mitteln, verhalten, bis A ebenfalls die brechende Flaͤche in B erreicht, eine gleiche Geſchwindigkeit mit a erhaͤlt, und beyde von B und b aus wieder parallel und geradlinigt fortgehen koͤnnen. Man ſieht aus der Figur, daß ſich der Stral, wenn der Uebergang aus dem duͤnnern Mittel ins dichtere geſchieht, wo ab kleiner, als AB iſt, nach dem Einfallslothe zu, im entgegengeſetzten Falle aber von demſelben ab lenken muͤſſe. Allein, außer der willkuͤhrlich angenommenen Vorausſetzung von der Beſchaffenheit des Lichts, wuͤrde hieraus folgen, daß dichtere und ſtaͤrker brechende Mittel dem Lichte mehr Widerſtand entgegenſetzten, und ſeine Geſchwindigkeit verminderten, wovon ſich eher das Gegentheil vermuthen laͤſt.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/436>, abgerufen am 24.11.2024.