Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Hiebey stehen nun nach den angeführten Sätzen (Princip. L. I. prop. 94.) für eben dieselben Mittel, z. B. Luft und Glas, die Sinus des Einfalls- und Brechungswinkels stets in einerley Verhältnisse, und die Geschwindigkeiten in beyden Mitteln verhalten sich umgekehrt, wie diese Sinus. Clairaut (Mem. de Paris 1738.) hat für die kleinen Curven, welche der Stral bey der Brechung beschreibt, einen allgemeinen Ausdruck gesucht, der alle Fälle begreift, wo sich die Anziehung wie irgend eine Potenz der Entfernung verhält. Er findet aus demselben das Verhältniß der Sinus der Neigungswinkel des ersten und letzten Elements dieser Curven, und es zeigt sich, daß dieses Verhältniß nicht von der Größe des Einfallswinkels abhänge, sondern blos auf die Geschwindigkeit des einfallenden Strals, auf das Gesetz der Anziehung, und auf die Dichte der Mittel ankomme. Es ist daher entschieden, daß im System der Anziehung, ihr Gesetz sey auch welches es wolle, das Brechungsverhältniß des Lichts bey einerley Mitteln immer dasselbe bleibe. Die Anziehung der Körper gegen das Licht ist, als Phänomen betrachtet, durch die Versuche über die Beugung der Lichtstralen, unläugbar erwiesen. Was sie sey, oder durch welchen Mechanismus sie bewirkt werde, ist hiebey nicht die Frage (s. Attraction). Auch ist ihre Stärke undihr Gesetz unbekannt; wir können nur so viel behaupten, daß sie weit stärker als die Schwere seyn, und im umgekehrten Verhältnisse einer höhern, als der zweyten, Potenz der Entfernung stehen müsse. Dies vorausgesetzt, erklärt Newtons Theorie die Ursache und das Gesetz der Brechung so vollkommen, und stimmt mit der Erfahrung und in sich selbst so wohl überein, daß ihr nicht leicht ein Kenner der ächten Physik und Geometrie seinen Beyfall versagen wird. Smith (Lehrbegr. der Optik S. 441.) bemerkt, daß alle Theorien, außer Newtons, annehmen, das Licht
Hiebey ſtehen nun nach den angefuͤhrten Saͤtzen (Princip. L. I. prop. 94.) fuͤr eben dieſelben Mittel, z. B. Luft und Glas, die Sinus des Einfalls- und Brechungswinkels ſtets in einerley Verhaͤltniſſe, und die Geſchwindigkeiten in beyden Mitteln verhalten ſich umgekehrt, wie dieſe Sinus. Clairaut (Mém. de Paris 1738.) hat fuͤr die kleinen Curven, welche der Stral bey der Brechung beſchreibt, einen allgemeinen Ausdruck geſucht, der alle Faͤlle begreift, wo ſich die Anziehung wie irgend eine Potenz der Entfernung verhaͤlt. Er findet aus demſelben das Verhaͤltniß der Sinus der Neigungswinkel des erſten und letzten Elements dieſer Curven, und es zeigt ſich, daß dieſes Verhaͤltniß nicht von der Groͤße des Einfallswinkels abhaͤnge, ſondern blos auf die Geſchwindigkeit des einfallenden Strals, auf das Geſetz der Anziehung, und auf die Dichte der Mittel ankomme. Es iſt daher entſchieden, daß im Syſtem der Anziehung, ihr Geſetz ſey auch welches es wolle, das Brechungsverhaͤltniß des Lichts bey einerley Mitteln immer daſſelbe bleibe. Die Anziehung der Koͤrper gegen das Licht iſt, als Phaͤnomen betrachtet, durch die Verſuche uͤber die Beugung der Lichtſtralen, unlaͤugbar erwieſen. Was ſie ſey, oder durch welchen Mechanismus ſie bewirkt werde, iſt hiebey nicht die Frage (ſ. Attraction). Auch iſt ihre Staͤrke undihr Geſetz unbekannt; wir koͤnnen nur ſo viel behaupten, daß ſie weit ſtaͤrker als die Schwere ſeyn, und im umgekehrten Verhaͤltniſſe einer hoͤhern, als der zweyten, Potenz der Entfernung ſtehen muͤſſe. Dies vorausgeſetzt, erklaͤrt Newtons Theorie die Urſache und das Geſetz der Brechung ſo vollkommen, und ſtimmt mit der Erfahrung und in ſich ſelbſt ſo wohl uͤberein, daß ihr nicht leicht ein Kenner der aͤchten Phyſik und Geometrie ſeinen Beyfall verſagen wird. Smith (Lehrbegr. der Optik S. 441.) bemerkt, daß alle Theorien, außer Newtons, annehmen, das Licht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0441" xml:id="P.1.427" n="427"/><lb/> an die untere Glasflaͤche der Einfallswinkel <hi rendition="#aq">x</hi> ſo groß, daß die krumme Linie ſchon mit der Glasflaͤche parallel wird, ehe der Stral noch dieſe Flaͤche erreicht, ſo geht das, was ſonſt Brechung war, jetzt ganz in Zuruͤckwerfung uͤber.</p> <p>Hiebey ſtehen nun nach den angefuͤhrten Saͤtzen <hi rendition="#aq">(Princip. L. I. prop. 94.)</hi> fuͤr eben dieſelben Mittel, z. B. Luft und Glas, die Sinus des Einfalls- und Brechungswinkels ſtets in einerley Verhaͤltniſſe, und die Geſchwindigkeiten in beyden Mitteln verhalten ſich umgekehrt, wie dieſe Sinus. <hi rendition="#b">Clairaut</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris 1738.)</hi> hat fuͤr die kleinen Curven, welche der Stral bey der Brechung beſchreibt, einen allgemeinen Ausdruck geſucht, der alle Faͤlle begreift, wo ſich die Anziehung wie irgend eine Potenz der Entfernung verhaͤlt. Er findet aus demſelben das Verhaͤltniß der Sinus der Neigungswinkel des erſten und letzten Elements dieſer Curven, und es zeigt ſich, daß dieſes Verhaͤltniß nicht von der Groͤße des Einfallswinkels abhaͤnge, ſondern blos auf die Geſchwindigkeit des einfallenden Strals, auf das Geſetz der Anziehung, und auf die Dichte der Mittel ankomme. Es iſt daher entſchieden, daß im Syſtem der Anziehung, ihr Geſetz ſey auch welches es wolle, das Brechungsverhaͤltniß des Lichts bey einerley Mitteln immer <hi rendition="#b">daſſelbe</hi> bleibe.</p> <p>Die <hi rendition="#b">Anziehung</hi> der Koͤrper gegen das Licht iſt, als Phaͤnomen betrachtet, durch die Verſuche uͤber die Beugung der Lichtſtralen, unlaͤugbar erwieſen. Was ſie ſey, oder durch welchen Mechanismus ſie bewirkt werde, iſt hiebey nicht die Frage (<hi rendition="#b">ſ. Attraction</hi>). Auch iſt ihre Staͤrke undihr Geſetz unbekannt; wir koͤnnen nur ſo viel behaupten, daß ſie weit ſtaͤrker als die Schwere ſeyn, und im umgekehrten Verhaͤltniſſe einer hoͤhern, als der zweyten, Potenz der Entfernung ſtehen muͤſſe. Dies vorausgeſetzt, erklaͤrt <hi rendition="#b">Newtons</hi> Theorie die Urſache und das Geſetz der Brechung ſo vollkommen, und ſtimmt mit der Erfahrung und in ſich ſelbſt ſo wohl uͤberein, daß ihr nicht leicht ein Kenner der aͤchten Phyſik und Geometrie ſeinen Beyfall verſagen wird.</p> <p><hi rendition="#b">Smith</hi> (Lehrbegr. der Optik S. 441.) bemerkt, daß alle Theorien, außer <hi rendition="#b">Newtons,</hi> annehmen, das Licht<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [427/0441]
an die untere Glasflaͤche der Einfallswinkel x ſo groß, daß die krumme Linie ſchon mit der Glasflaͤche parallel wird, ehe der Stral noch dieſe Flaͤche erreicht, ſo geht das, was ſonſt Brechung war, jetzt ganz in Zuruͤckwerfung uͤber.
Hiebey ſtehen nun nach den angefuͤhrten Saͤtzen (Princip. L. I. prop. 94.) fuͤr eben dieſelben Mittel, z. B. Luft und Glas, die Sinus des Einfalls- und Brechungswinkels ſtets in einerley Verhaͤltniſſe, und die Geſchwindigkeiten in beyden Mitteln verhalten ſich umgekehrt, wie dieſe Sinus. Clairaut (Mém. de Paris 1738.) hat fuͤr die kleinen Curven, welche der Stral bey der Brechung beſchreibt, einen allgemeinen Ausdruck geſucht, der alle Faͤlle begreift, wo ſich die Anziehung wie irgend eine Potenz der Entfernung verhaͤlt. Er findet aus demſelben das Verhaͤltniß der Sinus der Neigungswinkel des erſten und letzten Elements dieſer Curven, und es zeigt ſich, daß dieſes Verhaͤltniß nicht von der Groͤße des Einfallswinkels abhaͤnge, ſondern blos auf die Geſchwindigkeit des einfallenden Strals, auf das Geſetz der Anziehung, und auf die Dichte der Mittel ankomme. Es iſt daher entſchieden, daß im Syſtem der Anziehung, ihr Geſetz ſey auch welches es wolle, das Brechungsverhaͤltniß des Lichts bey einerley Mitteln immer daſſelbe bleibe.
Die Anziehung der Koͤrper gegen das Licht iſt, als Phaͤnomen betrachtet, durch die Verſuche uͤber die Beugung der Lichtſtralen, unlaͤugbar erwieſen. Was ſie ſey, oder durch welchen Mechanismus ſie bewirkt werde, iſt hiebey nicht die Frage (ſ. Attraction). Auch iſt ihre Staͤrke undihr Geſetz unbekannt; wir koͤnnen nur ſo viel behaupten, daß ſie weit ſtaͤrker als die Schwere ſeyn, und im umgekehrten Verhaͤltniſſe einer hoͤhern, als der zweyten, Potenz der Entfernung ſtehen muͤſſe. Dies vorausgeſetzt, erklaͤrt Newtons Theorie die Urſache und das Geſetz der Brechung ſo vollkommen, und ſtimmt mit der Erfahrung und in ſich ſelbſt ſo wohl uͤberein, daß ihr nicht leicht ein Kenner der aͤchten Phyſik und Geometrie ſeinen Beyfall verſagen wird.
Smith (Lehrbegr. der Optik S. 441.) bemerkt, daß alle Theorien, außer Newtons, annehmen, das Licht
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