hinzu, sey die Brechung des Lichts ziemlich ähnlich. Er beruft sich auf die Beugung der Lichtstralen (s. Beugung), wobey sich diejenigen Stralen krümmen, die am Rande eines Messers vorbeygehen; krümmen sich diese, sagt er, so müssen sich auch die, die das Messer selbst treffen, krümmen, noch ehe sie es erreichen; und eben so steht es mit den Lichtstralen, welche auf Glas fallen. Die Brechung geschieht also nicht im Einfallspunkte, sondern nach und nach durch eine stetige Krümmung der Stralen, die zum Theil in der Luft vorgeht, noch ehe sie das Glas erreichen, zum Theil vielleicht noch im Glase, nach dem sie schon in dasselbe eingetreten sind, fortdauert. Er behauptet übrigens blos, daß die Fortpflanzung des Lichts dem Fortgange der Körper ähnlich sey, ohne sich auf die Natur des Lichts einzulassen, de natura radiorum (utrum sint corpora necne) nihil omnino disputans, sed trajectorias corporum trajectoriis radiorum persimiles solummodo determinans.
Man hat sich also Newtons Grundsätzen gemäß das, was bey der Brechung vorgeht, so vorzustellen. Ein Lichtsiral EF fällt, wie Taf. V. Fig. 74., schief auf Glas, das ihn stärker, als die Luft, anzieht. Sobald er an die Linie ab kömmt, bey der die Wirkung des Glases auf ihn anfängt, ändert diese seine Richtung, wie die Schwere die Richtung geworfener Körper ändert; er beschreibt eine krumme Linie, die gegen das Glas zu hohl ist. Selbst im Glase bleibt sein Weg FG noch so lange krummlinigt, bis er in G kömmt, wo die Wirkung des äußern Mittels auf ihn ganz aufhört, oder wo ihn blos Wirkungskreise des Glases von allen Seiten her umringen. Dann heben sich die Anziehungen von allen Seiten auf, und er geht nun nach der Tangente der beschriebenen krummen Linie FG geradlinigt fort, bis nach H, wo die Wirkungskreise des Glases von außen her aufhören, und Wirkungskreise der Luft an ihre Stelle treten. Hier wird er stärker nach der innern Seite, als nach der äußern gezogen, und beschreibt aufs neue eine krumme Linie, deren Beschaffenheit der Anblick der Figur deutlich darstellt. Ist bey der Annäherung
hinzu, ſey die Brechung des Lichts ziemlich aͤhnlich. Er beruft ſich auf die Beugung der Lichtſtralen (ſ. Beugung), wobey ſich diejenigen Stralen kruͤmmen, die am Rande eines Meſſers vorbeygehen; kruͤmmen ſich dieſe, ſagt er, ſo muͤſſen ſich auch die, die das Meſſer ſelbſt treffen, kruͤmmen, noch ehe ſie es erreichen; und eben ſo ſteht es mit den Lichtſtralen, welche auf Glas fallen. Die Brechung geſchieht alſo nicht im Einfallspunkte, ſondern nach und nach durch eine ſtetige Kruͤmmung der Stralen, die zum Theil in der Luft vorgeht, noch ehe ſie das Glas erreichen, zum Theil vielleicht noch im Glaſe, nach dem ſie ſchon in daſſelbe eingetreten ſind, fortdauert. Er behauptet uͤbrigens blos, daß die Fortpflanzung des Lichts dem Fortgange der Koͤrper aͤhnlich ſey, ohne ſich auf die Natur des Lichts einzulaſſen, de natura radiorum (utrum ſint corpora necne) nihil omnino diſputans, ſed trajectorias corporum trajectoriis radiorum perſimiles ſolummodo determinans.
Man hat ſich alſo Newtons Grundſaͤtzen gemaͤß das, was bey der Brechung vorgeht, ſo vorzuſtellen. Ein Lichtſiral EF faͤllt, wie Taf. V. Fig. 74., ſchief auf Glas, das ihn ſtaͤrker, als die Luft, anzieht. Sobald er an die Linie ab koͤmmt, bey der die Wirkung des Glaſes auf ihn anfaͤngt, aͤndert dieſe ſeine Richtung, wie die Schwere die Richtung geworfener Koͤrper aͤndert; er beſchreibt eine krumme Linie, die gegen das Glas zu hohl iſt. Selbſt im Glaſe bleibt ſein Weg FG noch ſo lange krummlinigt, bis er in G koͤmmt, wo die Wirkung des aͤußern Mittels auf ihn ganz aufhoͤrt, oder wo ihn blos Wirkungskreiſe des Glaſes von allen Seiten her umringen. Dann heben ſich die Anziehungen von allen Seiten auf, und er geht nun nach der Tangente der beſchriebenen krummen Linie FG geradlinigt fort, bis nach H, wo die Wirkungskreiſe des Glaſes von außen her aufhoͤren, und Wirkungskreiſe der Luft an ihre Stelle treten. Hier wird er ſtaͤrker nach der innern Seite, als nach der aͤußern gezogen, und beſchreibt aufs neue eine krumme Linie, deren Beſchaffenheit der Anblick der Figur deutlich darſtellt. Iſt bey der Annaͤherung
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0440"xml:id="P.1.426"n="426"/><lb/>
hinzu, ſey die Brechung des Lichts ziemlich aͤhnlich. Er beruft ſich auf die Beugung der Lichtſtralen (<hirendition="#b">ſ. Beugung</hi>), wobey ſich diejenigen Stralen kruͤmmen, die am Rande eines Meſſers vorbeygehen; kruͤmmen ſich dieſe, ſagt er, ſo muͤſſen ſich auch die, die das Meſſer ſelbſt treffen, kruͤmmen, noch ehe ſie es erreichen; und eben ſo ſteht es mit den Lichtſtralen, welche auf Glas fallen. Die Brechung geſchieht alſo nicht im Einfallspunkte, ſondern nach und nach durch eine ſtetige Kruͤmmung der Stralen, die zum Theil in der Luft vorgeht, noch ehe ſie das Glas erreichen, zum Theil vielleicht noch im Glaſe, nach dem ſie ſchon in daſſelbe eingetreten ſind, fortdauert. Er behauptet uͤbrigens blos, daß die Fortpflanzung des Lichts dem Fortgange der Koͤrper <hirendition="#b">aͤhnlich</hi>ſey, ohne ſich auf die Natur des Lichts einzulaſſen, <hirendition="#aq">de natura radiorum (utrum ſint corpora necne) nihil omnino diſputans, ſed trajectorias corporum trajectoriis radiorum perſimiles ſolummodo determinans.</hi></p><p>Man hat ſich alſo <hirendition="#b">Newtons</hi> Grundſaͤtzen gemaͤß das, was bey der Brechung vorgeht, ſo vorzuſtellen. Ein Lichtſiral <hirendition="#aq">EF</hi> faͤllt, wie Taf. <hirendition="#aq">V.</hi> Fig. 74., ſchief auf Glas, das ihn ſtaͤrker, als die Luft, anzieht. Sobald er an die Linie <hirendition="#aq">ab</hi> koͤmmt, bey der die Wirkung des Glaſes auf ihn anfaͤngt, aͤndert dieſe ſeine Richtung, wie die Schwere die Richtung geworfener Koͤrper aͤndert; er beſchreibt eine krumme Linie, die gegen das Glas zu hohl iſt. Selbſt im Glaſe bleibt ſein Weg <hirendition="#aq">FG</hi> noch ſo lange krummlinigt, bis er in <hirendition="#aq">G</hi> koͤmmt, wo die Wirkung des aͤußern Mittels auf ihn ganz aufhoͤrt, oder wo ihn blos Wirkungskreiſe des Glaſes von allen Seiten her umringen. Dann heben ſich die Anziehungen von allen Seiten auf, und er geht nun nach der Tangente der beſchriebenen krummen Linie <hirendition="#aq">FG</hi> geradlinigt fort, bis nach <hirendition="#aq">H,</hi> wo die Wirkungskreiſe des Glaſes von außen her aufhoͤren, und Wirkungskreiſe der Luft an ihre Stelle treten. Hier wird er ſtaͤrker nach der innern Seite, als nach der aͤußern gezogen, und beſchreibt aufs neue eine krumme Linie, deren Beſchaffenheit der Anblick der Figur deutlich darſtellt. Iſt bey der Annaͤherung<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[426/0440]
hinzu, ſey die Brechung des Lichts ziemlich aͤhnlich. Er beruft ſich auf die Beugung der Lichtſtralen (ſ. Beugung), wobey ſich diejenigen Stralen kruͤmmen, die am Rande eines Meſſers vorbeygehen; kruͤmmen ſich dieſe, ſagt er, ſo muͤſſen ſich auch die, die das Meſſer ſelbſt treffen, kruͤmmen, noch ehe ſie es erreichen; und eben ſo ſteht es mit den Lichtſtralen, welche auf Glas fallen. Die Brechung geſchieht alſo nicht im Einfallspunkte, ſondern nach und nach durch eine ſtetige Kruͤmmung der Stralen, die zum Theil in der Luft vorgeht, noch ehe ſie das Glas erreichen, zum Theil vielleicht noch im Glaſe, nach dem ſie ſchon in daſſelbe eingetreten ſind, fortdauert. Er behauptet uͤbrigens blos, daß die Fortpflanzung des Lichts dem Fortgange der Koͤrper aͤhnlich ſey, ohne ſich auf die Natur des Lichts einzulaſſen, de natura radiorum (utrum ſint corpora necne) nihil omnino diſputans, ſed trajectorias corporum trajectoriis radiorum perſimiles ſolummodo determinans.
Man hat ſich alſo Newtons Grundſaͤtzen gemaͤß das, was bey der Brechung vorgeht, ſo vorzuſtellen. Ein Lichtſiral EF faͤllt, wie Taf. V. Fig. 74., ſchief auf Glas, das ihn ſtaͤrker, als die Luft, anzieht. Sobald er an die Linie ab koͤmmt, bey der die Wirkung des Glaſes auf ihn anfaͤngt, aͤndert dieſe ſeine Richtung, wie die Schwere die Richtung geworfener Koͤrper aͤndert; er beſchreibt eine krumme Linie, die gegen das Glas zu hohl iſt. Selbſt im Glaſe bleibt ſein Weg FG noch ſo lange krummlinigt, bis er in G koͤmmt, wo die Wirkung des aͤußern Mittels auf ihn ganz aufhoͤrt, oder wo ihn blos Wirkungskreiſe des Glaſes von allen Seiten her umringen. Dann heben ſich die Anziehungen von allen Seiten auf, und er geht nun nach der Tangente der beſchriebenen krummen Linie FG geradlinigt fort, bis nach H, wo die Wirkungskreiſe des Glaſes von außen her aufhoͤren, und Wirkungskreiſe der Luft an ihre Stelle treten. Hier wird er ſtaͤrker nach der innern Seite, als nach der aͤußern gezogen, und beſchreibt aufs neue eine krumme Linie, deren Beſchaffenheit der Anblick der Figur deutlich darſtellt. Iſt bey der Annaͤherung
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/440>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.