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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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die auffallenden Sonnenstralen in einen engen Raum vereiniget, wo sie auf die Körper, wie das heftigste Feuer, wirken. Gemeiniglich bedient man sich dazu solcher Linsen, welche auf beyden Seiten erhaben sind, weil diese wegen ihrer kürzern Brennweite die Stralen am stärksten concentriren, s. Brennraum, obgleich das Planconvex und der Meniskus ebenfalls als Brenngläser wirken, s. Linsengläser.

Im Brennraume eines solchen Glases gerathen entzündbare feste Körper in Flamme, andere schmelzen, werden verkalcht und verglaset, und diese Wirkungen erfolgen desto heftiger und schneller, je größer die Oerfläche des Glases und je kleiner zugleich sein Brennraum ist. Flüssige Materien, z. B. Weingeist, hat man bisher durch Brenngläser noch nicht entzünden können; Zunder oder Schwamm zu entbrennen, sind schon die gemeinsten Glaslinsen vermögend; die Versuche mit größern Brenngläsern aber haben für die Physik und Chymie einen weit ausgebreitetern Nutzen.

Wenn die Brenngläser ihre gehörige Wirkung thun sollen, so müssen sie den Sonnenstralen senkrecht entgegengestellt werden. Man kan sich hievon versichern, wenn das im Brennraume entstehende Sonnenbild vollkommen kreisrund ist. Um die Wirkung noch mehr zu verstärken, setzt man zwischen das Brennglas und den Brennraum, noch ein zweytes Linsenglas von einer kürzern Brennweite mit dem ersten parallel, wodurch die schon convergirenden Sonnenstralen noch weit mehr zusammengelenkt und in einen viel engern Raum vereiniget werden. Man nennt diese zweyte Linse das Collectivglas; Tschirnhausen beschreibt diese Einrichtung (Acta erudit. Lipsiens. 1691. p. 520.).

Aus einer Stelle des Aristophanes (Nub. Act. II. Sc. 1.) schließt de la Hire (Mem. de Paris 1708.), daß der Gebrauch der Brenngläser schon in Athen bekannt gewesen sey. Strepsiades trägt daselbst ein neues Mittel vor, sich von seinen Schulden zu befreyen. Er wolle, sagt er, den schönen durchsichtigen Stein nehmen, mit dem


die auffallenden Sonnenſtralen in einen engen Raum vereiniget, wo ſie auf die Koͤrper, wie das heftigſte Feuer, wirken. Gemeiniglich bedient man ſich dazu ſolcher Linſen, welche auf beyden Seiten erhaben ſind, weil dieſe wegen ihrer kuͤrzern Brennweite die Stralen am ſtaͤrkſten concentriren, ſ. Brennraum, obgleich das Planconvex und der Meniskus ebenfalls als Brennglaͤſer wirken, ſ. Linſenglaͤſer.

Im Brennraume eines ſolchen Glaſes gerathen entzuͤndbare feſte Koͤrper in Flamme, andere ſchmelzen, werden verkalcht und verglaſet, und dieſe Wirkungen erfolgen deſto heftiger und ſchneller, je groͤßer die Oerflaͤche des Glaſes und je kleiner zugleich ſein Brennraum iſt. Fluͤſſige Materien, z. B. Weingeiſt, hat man bisher durch Brennglaͤſer noch nicht entzuͤnden koͤnnen; Zunder oder Schwamm zu entbrennen, ſind ſchon die gemeinſten Glaslinſen vermoͤgend; die Verſuche mit groͤßern Brennglaͤſern aber haben fuͤr die Phyſik und Chymie einen weit ausgebreitetern Nutzen.

Wenn die Brennglaͤſer ihre gehoͤrige Wirkung thun ſollen, ſo muͤſſen ſie den Sonnenſtralen ſenkrecht entgegengeſtellt werden. Man kan ſich hievon verſichern, wenn das im Brennraume entſtehende Sonnenbild vollkommen kreisrund iſt. Um die Wirkung noch mehr zu verſtaͤrken, ſetzt man zwiſchen das Brennglas und den Brennraum, noch ein zweytes Linſenglas von einer kuͤrzern Brennweite mit dem erſten parallel, wodurch die ſchon convergirenden Sonnenſtralen noch weit mehr zuſammengelenkt und in einen viel engern Raum vereiniget werden. Man nennt dieſe zweyte Linſe das Collectivglas; Tſchirnhauſen beſchreibt dieſe Einrichtung (Acta erudit. Lipſienſ. 1691. p. 520.).

Aus einer Stelle des Ariſtophanes (Nub. Act. II. Sc. 1.) ſchließt de la Hire (Mém. de Paris 1708.), daß der Gebrauch der Brennglaͤſer ſchon in Athen bekannt geweſen ſey. Strepſiades traͤgt daſelbſt ein neues Mittel vor, ſich von ſeinen Schulden zu befreyen. Er wolle, ſagt er, den ſchoͤnen durchſichtigen Stein nehmen, mit dem

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[441/0455] die auffallenden Sonnenſtralen in einen engen Raum vereiniget, wo ſie auf die Koͤrper, wie das heftigſte Feuer, wirken. Gemeiniglich bedient man ſich dazu ſolcher Linſen, welche auf beyden Seiten erhaben ſind, weil dieſe wegen ihrer kuͤrzern Brennweite die Stralen am ſtaͤrkſten concentriren, ſ. Brennraum, obgleich das Planconvex und der Meniskus ebenfalls als Brennglaͤſer wirken, ſ. Linſenglaͤſer. Im Brennraume eines ſolchen Glaſes gerathen entzuͤndbare feſte Koͤrper in Flamme, andere ſchmelzen, werden verkalcht und verglaſet, und dieſe Wirkungen erfolgen deſto heftiger und ſchneller, je groͤßer die Oerflaͤche des Glaſes und je kleiner zugleich ſein Brennraum iſt. Fluͤſſige Materien, z. B. Weingeiſt, hat man bisher durch Brennglaͤſer noch nicht entzuͤnden koͤnnen; Zunder oder Schwamm zu entbrennen, ſind ſchon die gemeinſten Glaslinſen vermoͤgend; die Verſuche mit groͤßern Brennglaͤſern aber haben fuͤr die Phyſik und Chymie einen weit ausgebreitetern Nutzen. Wenn die Brennglaͤſer ihre gehoͤrige Wirkung thun ſollen, ſo muͤſſen ſie den Sonnenſtralen ſenkrecht entgegengeſtellt werden. Man kan ſich hievon verſichern, wenn das im Brennraume entſtehende Sonnenbild vollkommen kreisrund iſt. Um die Wirkung noch mehr zu verſtaͤrken, ſetzt man zwiſchen das Brennglas und den Brennraum, noch ein zweytes Linſenglas von einer kuͤrzern Brennweite mit dem erſten parallel, wodurch die ſchon convergirenden Sonnenſtralen noch weit mehr zuſammengelenkt und in einen viel engern Raum vereiniget werden. Man nennt dieſe zweyte Linſe das Collectivglas; Tſchirnhauſen beſchreibt dieſe Einrichtung (Acta erudit. Lipſienſ. 1691. p. 520.). Aus einer Stelle des Ariſtophanes (Nub. Act. II. Sc. 1.) ſchließt de la Hire (Mém. de Paris 1708.), daß der Gebrauch der Brennglaͤſer ſchon in Athen bekannt geweſen ſey. Strepſiades traͤgt daſelbſt ein neues Mittel vor, ſich von ſeinen Schulden zu befreyen. Er wolle, ſagt er, den ſchoͤnen durchſichtigen Stein nehmen, mit dem

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/455>, abgerufen am 26.06.2024.