von den neuern Chymisten verworfen, und mit einem andern, welches die abführende Röhre umgiebt, vertauscht worden. Man hat nemlich bemerkt, daß die Destillation langsam oder gar nicht von statten geht, wenn in dem Helme ein zu starker Grad der Kälte herrscht. Fontana(Journal de physique 1779. Janv. p. 22.) zeigt durch zahlreiche und sehr weit getriebne Versuche, daß unter den Umständen, die auf den ersten Blick die günstigsten scheinen sollten, wenn nemlich bey einem langen, engen und wohlverschloßnen Halse die Blase aufs stärkste erhitzt und der Helm oder auch die Vorlage aufs stärkste erkältet ist, gar keine Destillation erfolge. Man pflegt daher das Kühlgefäß erst an die abführende Röhre zu legen, die man, um ihr mehr Länge zu geben, schraubenförmig umwindet, mit einem Gefäße, das kaltes Wasser enthält, umringet, und an ihr Ende die Vorlage anbringt, in welcher die destillirte Flüßigkeit gesammlet werden soll. So werden die entstandnen Dämpfe mehr nach und nach abgegekühlt, und vollkommner verdichtet, als durch die starke Erkältung des Helmes selbst, welche einen bleibenden Druck der eingeschloßnen elastischen Materie gegen die Oberfläche der Materie im Kolben verursachet, und durch diesen Druck der Verdampfunghinderlich ist. Man nennt diese Destillation die aufwärts gehende(Destillatio per adscensum), und bedient sich derselben, um die wesentlichen Oele, die sogenannten Spiritus rectores, den Weingeist rc. abzuziehen. Bey Materien, welche die Metalle angreifen, muß man sich gläserner Brennzeuge bedienen.
Wenn die flüchtigen Theile zusammengesetzter Substanzen nur bey einem hohen die Siedhitze des Wassers weit übertreffenden Grade der Wärme übergehen, so muß man sich der Retorten bedienen. Diese sind Gefäße in Gestalt der Flaschen mit einem langen und so herab gekrümmten Halse, daß derselbe mit der Axe des Bauchs ohngefähr einen Winkel von 60° macht. Man bereitet sie aus Glas, aus Thon oder Steinzeug, und aus Eisen, nach Beschaffenheit der zu destillirenden Materien und der Stärke des Feuers. Statt der eisernen haben schon Hales,
von den neuern Chymiſten verworfen, und mit einem andern, welches die abfuͤhrende Roͤhre umgiebt, vertauſcht worden. Man hat nemlich bemerkt, daß die Deſtillation langſam oder gar nicht von ſtatten geht, wenn in dem Helme ein zu ſtarker Grad der Kaͤlte herrſcht. Fontana(Journal de phyſique 1779. Janv. p. 22.) zeigt durch zahlreiche und ſehr weit getriebne Verſuche, daß unter den Umſtaͤnden, die auf den erſten Blick die guͤnſtigſten ſcheinen ſollten, wenn nemlich bey einem langen, engen und wohlverſchloßnen Halſe die Blaſe aufs ſtaͤrkſte erhitzt und der Helm oder auch die Vorlage aufs ſtaͤrkſte erkaͤltet iſt, gar keine Deſtillation erfolge. Man pflegt daher das Kuͤhlgefaͤß erſt an die abfuͤhrende Roͤhre zu legen, die man, um ihr mehr Laͤnge zu geben, ſchraubenfoͤrmig umwindet, mit einem Gefaͤße, das kaltes Waſſer enthaͤlt, umringet, und an ihr Ende die Vorlage anbringt, in welcher die deſtillirte Fluͤßigkeit geſammlet werden ſoll. So werden die entſtandnen Daͤmpfe mehr nach und nach abgegekuͤhlt, und vollkommner verdichtet, als durch die ſtarke Erkaͤltung des Helmes ſelbſt, welche einen bleibenden Druck der eingeſchloßnen elaſtiſchen Materie gegen die Oberflaͤche der Materie im Kolben verurſachet, und durch dieſen Druck der Verdampfunghinderlich iſt. Man nennt dieſe Deſtillation die aufwaͤrts gehende(Deſtillatio per adſcenſum), und bedient ſich derſelben, um die weſentlichen Oele, die ſogenannten Spiritus rectores, den Weingeiſt rc. abzuziehen. Bey Materien, welche die Metalle angreifen, muß man ſich glaͤſerner Brennzeuge bedienen.
Wenn die fluͤchtigen Theile zuſammengeſetzter Subſtanzen nur bey einem hohen die Siedhitze des Waſſers weit uͤbertreffenden Grade der Waͤrme uͤbergehen, ſo muß man ſich der Retorten bedienen. Dieſe ſind Gefaͤße in Geſtalt der Flaſchen mit einem langen und ſo herab gekruͤmmten Halſe, daß derſelbe mit der Axe des Bauchs ohngefaͤhr einen Winkel von 60° macht. Man bereitet ſie aus Glas, aus Thon oder Steinzeug, und aus Eiſen, nach Beſchaffenheit der zu deſtillirenden Materien und der Staͤrke des Feuers. Statt der eiſernen haben ſchon Hales,
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von den neuern Chymiſten verworfen, und mit einem andern, welches die abfuͤhrende Roͤhre umgiebt, vertauſcht worden. Man hat nemlich bemerkt, daß die Deſtillation langſam oder gar nicht von ſtatten geht, wenn in dem Helme ein zu ſtarker Grad der Kaͤlte herrſcht. Fontana (Journal de phyſique 1779. Janv. p. 22.) zeigt durch zahlreiche und ſehr weit getriebne Verſuche, daß unter den Umſtaͤnden, die auf den erſten Blick die guͤnſtigſten ſcheinen ſollten, wenn nemlich bey einem langen, engen und wohlverſchloßnen Halſe die Blaſe aufs ſtaͤrkſte erhitzt und der Helm oder auch die Vorlage aufs ſtaͤrkſte erkaͤltet iſt, gar keine Deſtillation erfolge. Man pflegt daher das Kuͤhlgefaͤß erſt an die abfuͤhrende Roͤhre zu legen, die man, um ihr mehr Laͤnge zu geben, ſchraubenfoͤrmig umwindet, mit einem Gefaͤße, das kaltes Waſſer enthaͤlt, umringet, und an ihr Ende die Vorlage anbringt, in welcher die deſtillirte Fluͤßigkeit geſammlet werden ſoll. So werden die entſtandnen Daͤmpfe mehr nach und nach abgegekuͤhlt, und vollkommner verdichtet, als durch die ſtarke Erkaͤltung des Helmes ſelbſt, welche einen bleibenden Druck der eingeſchloßnen elaſtiſchen Materie gegen die Oberflaͤche der Materie im Kolben verurſachet, und durch dieſen Druck der Verdampfunghinderlich iſt. Man nennt dieſe Deſtillation die aufwaͤrts gehende (Deſtillatio per adſcenſum), und bedient ſich derſelben, um die weſentlichen Oele, die ſogenannten Spiritus rectores, den Weingeiſt rc. abzuziehen. Bey Materien, welche die Metalle angreifen, muß man ſich glaͤſerner Brennzeuge bedienen.
Wenn die fluͤchtigen Theile zuſammengeſetzter Subſtanzen nur bey einem hohen die Siedhitze des Waſſers weit uͤbertreffenden Grade der Waͤrme uͤbergehen, ſo muß man ſich der Retorten bedienen. Dieſe ſind Gefaͤße in Geſtalt der Flaſchen mit einem langen und ſo herab gekruͤmmten Halſe, daß derſelbe mit der Axe des Bauchs ohngefaͤhr einen Winkel von 60° macht. Man bereitet ſie aus Glas, aus Thon oder Steinzeug, und aus Eiſen, nach Beſchaffenheit der zu deſtillirenden Materien und der Staͤrke des Feuers. Statt der eiſernen haben ſchon Hales,
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/587>, abgerufen am 22.11.2024.
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